Das Klärwerk im Wandlitzer Ortsteil Schönerlinde (Barnim) (Quelle: dpa/Berliner Wasserbetriebe)

Brandenburg Wie aus stinkendem Abwasser grüne Energie gewonnen werden könnte

Stand: 18.07.2024 16:44 Uhr

Brandenburg sucht nach nachhaltigen Energiequellen. Im Barnim wird nun deswegen mit dem Abwasser eines Klärwerks experimentiert. Aus ihm können zwei Gase gewonnen und als Energiequelle benutzt werden, die aber geruchslos sind.

Die Berliner Wasserbetriebe experimentieren in ihrem Klärwerk in Schönerlinde (Barnim) mit Abwasser als Energiequelle: In einem Pilotprojekt soll untersucht werden, wie aus vorgereinigtem Abwasser mittels Elektrolyse grüner Wasserstoff hergestellt werden kann. Hierzu soll überschüssige Windenergie genutzt werden, die in eigenen Windkraftanlagen produziert wird.

Bund gibt 3,2 Millionen Euro für Pilotprojekt aus

Das Klärwerk liegt unmittelbar am A10-Autobahndreieck Pankow. Dort stehen drei große Windkraftanlagen, in der Luft liegt ein fauler Geruch. Im Normalbetrieb wird dort das Abwasser von Hunderttausenden Menschen aus Berlin, dem Barnim und Teilen Oberhavels aufgearbeitet.
 
"Die Windräder, die in Schönerlinde stehen, erzeugen erneuerbare Energie, die nicht gespeichert werden kann“, sagte Regina Gnirss, Leiterin der Abteilung Forschung und Entwicklung bei den Berliner Wasserbetrieben. "Die Elektrolyse erzeugt Wasserstoff, der hingegen gespeichert werden könnte." Im Pilotprojekt soll gereinigtes Abwasser – statt wie sonst Trinkwasser – verwendet werden, so Gnirss. Der Bund habe sich für das Projekt interessiert und es mit 3,2 Millionen Euro bezuschusst.

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Wasserstoff wird mit Faulgas kombiniert

Im Rahmen des Pilotprojekts soll das gesamte Verfahren getestet werden, erklärte Heinrich Gürtler, der bei den Wasserbetrieben das Projekt wissenschaftlich begleitet. Der grüne Strom aus den Windrädern wird bei der Elektrolyse verwendet, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff abzuspalten. Anschließend soll der erzeugte Wasserstoff in einer Anlage zusammen mit CO2-haltigem Faulgas zu Methangas (CH4) kombiniert werden. Das Gas soll "bestenfalls Einspeisequalität" haben, um bestehende Erdgasspeicher verwenden zu können.
 
Das Ganze nennt man "Power-to-Gas"-Verfahren. Davon sind die Wasserbetriebe noch weit entfernt, doch erste Schritte wurden schon gemacht: In Schönerlinde wird bereits das Abwasser gereinigt und aus dem anfallenden Klärschlamm wird Methangas hergestellt. Wenn das gereinigte Abwasser im "Power-to-Gas"-Verfahren für die grüne Wasserstoffproduktion genutzt werden könnte, wäre das ein Durchbruch, so Gürtler. "Für Erdgas haben wir bereits einen Anschluss auf dem Gelände. Dort müsste man nur eine Einspeisestation bauen."
 
Ein weiterer Vorteil von Wasserstoff und Methan: Beide Gase sind für den Menschen – anders als das Faulgas der Kläranlage – geruchslos.

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"Es kann schiefgehen oder funktionieren"

Bis Ende 2027 soll sich im Pilotprojekt herausstellen, ob sich Abwasser in großem Stil wirtschaftlich in Wasserstoff umwandeln lässt. Wenn das gelingt, dann könnte das Klärwerk Ressourcen sparen, so Gürtler weiter. Er hält dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil für möglich. "Da wir diese drei Windkraftanlagen haben und perspektivisch auch sicherlich andere erneuerbare Energieträger dazu kommen werden, haben wir die Möglichkeit, Überschussstrom zu verwenden und damit grünen Wasserstoff zu erzeugen", sagte Gürtler.

 
"Es kann schiefgehen oder funktionieren", fasst Abteilungsleiterin Gnirss zusammen. Die Technik, die in Schönerlinde getestet wird, würde die Energiebranche und die Abwasserreinigung enger zusammenbringen und die Kosten für die Bürger und den künftigen Energiemarkt vergünstigen, so Gnirss.

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.07.2024, 15:40 Uhr
 
Mit Material von Georg-Stefan Rüssew