Hamburg Charly Hübner als wandelbarer Antiheld in "Late Night Hamlet"
Munteres Geplauder einer typischen Late Night Show trifft auf Shakespeares Drama "Hamlet" - das ist das Setting für den Solo-Abend im Hamburger Schauspielhaus. Vor Kurzem hatte das Stück bei den Ruhrfestspielen Uraufführung.
Ganz allein steht Charly Hübner in "Late Night Hamlet" im rosafarbenen Hemd und mit Anzughose auf der großen Bühne im Deutschen Schauspielhaus Hamburg und setzt sich mit der Figur des Hamlet auseinander. In seiner Rolle ist Hübner aufgebracht, spricht aufgeregt und etwas kurzatmig.
Meine Geschichte beginnt in einer Lücke, kein davor, kein danach. Ich gehe durch einen Tunnel und komme auf die Beerdigung von meinem Vater. da stehe ich und weiß nicht vor oder zurück in der Lücke und habe eine neue Rolle: Halbwaise! Schon wieder eine Rolle, die ich mir gar nicht ausgesucht habe."
— Bühnenzitat aus "Late Night Hamlet
Hübner hinterfragt vorgegebene Rolle
Hamlet, die berühmteste Figur Shakespeares trifft auf eine Late Night Show. Das Stück ist ein Gastspiel der Ruhrfestspiele in Recklinghausen in Kooperation mit dem Deutschen Schauspielhaus. Dieser Hamlet - oder dieser Charly Hübner - weicht seiner vorgegebenen Rolle aus, will nicht dem geschriebenen Text folgen, ohne ihn zu hinterfragen. "Es war für uns schon klar, dass wir das Stück als solches nicht spielen werden", erzählt Hübner.
Charlie Hübner spielt Hamlet zwischendurch mit einer Totenschädelmaske auf dem Kopf.
Den Regisseur Kieran Joel und Hübner habe vor allem eine Frage umgetrieben: "Diese moderne Form des Welttheaters, also Stand-Up, die moderne Form des Welttheaters HipHop und auch die moderne Form des Welttheaters Late-Night, ob man die mit dem reelen Theater verbinden kann?", erzählt der Schauspieler.
Spiel mit den Erwartungen des Publikums
75 Minuten lang windet, hetzt und wirbelt Hübner, mal im typischen Shakespeare-Outfit, mal als Kommissar Bukow über die Bühne. Er springt in und wieder aus der Rolle des Hamlet heraus und spielt mal witzig, mal traurig, mal verrückt. Das ist Konzept, erklärt der Regisseur Kieran Joel: "Unsere große Frage als wir uns begegnet sind, war: Was wird eigentlich von uns erwartet? Was wird von diesem Text erwartet? Was wird von Charly Hübner erwartet? Es war schon sehr früh klar, dass wir damit natürlich spielen wollen."
Hübner schlüpft in verschiedene Kostüme - vom klassischen Hamlet bis hin zum Kommissar Bukow.
Hamlet bricht mit Konventionen
Charly Hübners Hamlet ist uneitel, authentisch, nachdenklich, ein Anti-Held, der anders sein will, der andere Möglichkeiten aufzeigt, auch wenn sein Text eigentlich schon geschrieben steht: "Das Geniale an diesem Stück ist, dass jede Epoche ihren Hamlet aus diesem Stück rausziehen kann. Das ist auch das Meisterhafte an Shakespeare. Du merkst aber, letztlich im Kern - es gibt tatsächlich einen Kern bei ihm und dieser Kern ist wirklich die Verweigerung, das was immer war, einfach immer weiter zu machen", betont Hübner.
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Hamburg Journal | 21.12.2024 | 19:30 Uhr