Hamburg FC St. Pauli: Mit Sinnbild Nemeth gegen Meister Bayer Leverkusen
Nach dem Hochgefühl des ersten Heimsiegs steht für den FC St. Pauli am Sonnabend eine der schwierigsten Aufgaben in der Fußball-Bundesliga an: das Gastspiel bei Bayer Leverkusen. Um beim Meister zu punkten, werden die Hamburger vor allem Resilienz und Ausdauer benötigen - Qualitäten, für die Verteidiger David Nemeth sinnbildlich steht.
Nemeth hat in seiner Karriere, obwohl er erst 23 Jahre alt ist, diese Qualitäten immer wieder gebraucht - und bewiesen. Und für den Moment haben sie ihn in die Startelf des FC St. Pauli gebracht. Ein weiterer Einsatz von Beginn an am Sonnabend in Leverkusen (15.30 Uhr, im NDR Livecenter)? Wahrscheinlich!
Das liegt natürlich daran, dass in Karol Mets ein etatmäßiger Verteidiger weiter ausfallen könnte, nach seiner Verletzung aber sicher nicht bei hundert Prozent sein kann. Es liegt aber eben vor allem auch daran, dass sich Nemeth aller eigenen Rückschläge zum Trotz nicht hat hängenlassen. Dabei wäre das, rein menschnlich betrachtet, durchaus nachvollziehbar gewesen.
"Man versucht, seine Leistung immer zu bringen, im Kraftraum nachzuarbeiten und sich auch nicht hängen zu lassen."
— St. Paulis Verteidiger David Nemeth
Denn die Statistiken lesen sich für einen ambitionierten - und zweifelsfrei talentierten - Spieler fast schon dramatisch: Auf lediglich etwas mehr als 1.000 Minuten und 17 Partien hatte es der Österreicher seit seinem Wechsel nach Hamburg in den beiden Spielzeiten 2022/2023 und 2023/2024 gebracht. Drumherum: ein Wechselspiel aus Verletzungen, Nichtberücksichtigungen und Kadernominierungen ohne Einsatz.
"Es ist schwierig", über einen so langen Zeitraum hinweg weitgehend Ersatz zu sein und in keinen Rhythmus zu kommen, sagte Nemeth unter der Woche. "Man versucht, seine Leistung immer zu bringen, im Kraftraum nachzuarbeiten und sich auch nicht hängen zu lassen."
Bewusster Schritt zurück in St. Paulis U23
Die Gefahr, "dass man auch mal in ein Loch fällt, wo einem dann die Anspannung fehlt", sei durchaus gegeben, berichtete er. Umso wichtiger sei es, auf seine Grundlagen zu vertrauen. "Denn wenn man die Basics immer hat, kann man auch im richtigen Moment da sein."
Und nötigenfalls einen Schritt zurückzugehen, um dann zwei nach vorne machen zu können. Beides - das Vertrauen in die Basics, aber auch den bewussten Schritt zurück - hat Nemeth in dieser Hinrunde getan. Beim Testspiel gegen Hannover 96 Mitte Oktober habe er "gemerkt, dass diese Spiele und Abläufe schon fehlen. Dann habe ich gesagt, ich kann nicht so weitermachen. Ich muss auf meine Minuten kommen."
Immer wieder Anpassungen nötig
Er bat darum, in der U23 zu spielen zu dürfen und lief im November gegen den Bremer SV (1:1) und den SSV Jeddeloh II (2:2) auf. Das habe ihm "extrem geholfen und hat eine Menge Spaß gemacht". Und brachte ihn nun dorthin, wo er unbedingt hin wollte: auf den Rasen der Fußball-Bundesliga. "Es ist einfach richtig cool, Bundesliga spielen zu können", schwärmt er. War sein Auftritt bei der Niederlage in Mönchengladbach (0:2) noch etwas wacklig, zeigte er sich gegen Holstein Kiel (3:1) schon stark verbessert.
Mit dieser Entwicklung taugt er zum Sinnbild für den Club und die Mannschaft, die in Deutschlands höchster Spielklasse nach anderthalb Jahren fast durchgehenden Erfolgs und dem Aufstieg immer wieder Rückschläge verkraften muss. Die ihr Spiel anpassen muss. Und lernen muss. Der neue Trainer Alexander Blessin etwa hat das zu Beginn der Saison getan, als er erste Modifikationen an der von ihm avisierten Aufstellung und seiner Auswahl des Personals vornahm.
Ausdauer und Resilienz gegen Leverkusen gefragt
Es geht aber auch darum, sich wie Nemeth immer wieder auf die Grundlagen zu besinnen. Der Österreicher hat das getan nach der Partie gegen die Borussia: "Die Szenen gegen Gladbach haben mir geholfen, vor allem mit dem Rausstechen. Da hatte ich noch ein paar Probleme, aber das war gegen Kiel schon besser." Eine weitere Entwicklung wird vonnöten sein, um auch am Sonnabend zu bestehen. Von ihm. Von der Mannschaft.
Denn mit dem Meister wartet eine der schwierigsten Aufgaben auf St. Pauli: "Leverkusen ist ein super Gegner und hat richtig Qualität am Ball", sagt der 23-Jährige. In der Analyse "schaut man auf die Offensivspieler, wie und in welchen Räumen sie sich bewegen". Natürlich aber auch auf das exzellente Passspiel. Auch sein Trainer sieht nur wenige Schwachstellen: "Die ganze Mannschaft ist einfach top aufgestellt", sagte Blessin am Donnerstag.
Der Coach hofft daher auf ähnliche Leistungen gegen starke Gegner wie bei den knappen Niederlagen bei Borussia Dortmund (1:2) und gegen Bayern München (0:1). "Gerade gegen diese Top-Teams sahen wir auch ganz gut aus." Schon jetzt aber ist klar: St. Pauli wird nur wenig Ballbesitz haben und eine Menge Ausdauer und Resilienz brauchen - körperlich und mental. Qualitäten wie die von Nemeth.
Mögliche Aufstellungen:
Bayer Leverkusen: Kovar - Tapsoba, Tah, Hincapie - Xhaka - Frimpong, Palacios, Aleix Garcia, Grimaldo - Terrier, Wirtz
FC St. Pauli: Vasilj - Wahl, Smith, Nemeth - Saliakas, Irvine, Boukhalfa, Treu - Afolayan, Eggestein, Guilavogui
Dieses Thema im Programm:
Hamburg Journal | 06.12.2024 | 19:30 Uhr