Eine Pflegekraft geht in einem Pflegeheim mit einer älteren Dame über einen Korridor.

Hamburg Was die Parteien in Sachen Pflegeversicherung vorhaben

Stand: 01.01.2025 05:00 Uhr

Die Pflegeversicherung zur Bürgerversicherung ausbauen oder eine kapitalgedeckte Komponente einführen? Die Vorstellungen der Parteien liegen weit auseinander.

Im Bundestagswahlkampf spielt das Thema Pflege bislang eine untergeordnete Rolle. Die SPD brachte bei der Vorstellung ihres Wahlprogramms Mitte Dezember einen "Pflege-Deckel" für den Eigenanteil ins Spiel. Die Union setzt auf einen Finanzierungsmix, auch die FDP will eine kapitalgedeckte Säule der Pflegeversicherung einführen. Die Grünen möchten Abflüsse aus dem Gesundheitssystem zu Finanzinvestoren begrenzen. Die AfD will die häusliche Pflege stärker fördern, während die Linke auf die Solidarische Bürgerversicherung setzt und alle Zuzahlungen abschaffen will. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wichtigsten Forderungen der Parteien - entnommen aus ihren Wahlprogrammen.

SPD: "Pflegedeckel" und "Familienpflegegeld"

"Wir kämpfen für menschenwürdige Pflege und deckeln die Pflegekosten": So sind die rund zwei Seiten, die die SPD dem Thema Pflege im 68-seitigen Wahlprogramm widmet, überschrieben. "Wir verhindern finanzielle Überforderung, begrenzen hohe Eigenanteile, sichern eine umfassende, qualitativ hochwertige Versorgung - zu Hause wie im Pflegeheim - und verbessern die Arbeitsbedingungen durch innovative Lösungen und mehr Zeitausgleich." Konkret schlägt die SPD einen "Pflege-Deckel" von 1.000 Euro für den Eigenanteil vor. Sie will ein "solidarisch finanziertes Pflegesystem" einführen und somit das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung beenden. Es soll eine "vereinfachte Antragstellung auf Hilfe zur Pflege" geben, der "klare Vorrang" soll auf der häuslichen Pflege liegen, "damit die Betroffenen möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können". Pflegende Angehörigen sollen mehr Zeitsouveränität erhalten "durch die Familienpflegezeit und das Familienpflegegeld - analog zum Elterngeld".

CDU/CSU: "Finanzierungsmix" und weniger Bürokratie

Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen brauche die Pflegeversicherung 30 Jahre nach ihrer Einführung durch die Union ein Update, heißt es im 81-seitigen Wahlprogramm von CDU und CSU. "Wir setzen bei der Vorsorge für den Pflegefall auf einen Finanzierungsmix bestehend aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, der betrieblichen Mitfinanzierung, Steuermitteln sowie einer eigenverantwortlichen Vorsorge. Bezahlbare Pflegezusatzversicherungen können die Finanzierungslücke in der Pflege schließen." Neben einer schnellen finanziellen Stabilisierung solle ein "umfassendes Konzept für eine stabile pflegerische Versorgung in einer alternden Gesellschaft" erarbeitet und schnellstmöglich umgesetzt werden. Die Union stellt die häusliche Pflegesituation in den Mittelpunkt und will die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf stärken. Weitere Ziele sind weniger Bürokratie auch dank fortschreitender Digitalisierung nach dem Motto "Mehr Zeit für den Menschen und weniger Zeit für Verwaltung."

Grüne: "Kapitaleinnahmen zur Finanzierung heranziehen"

"Für uns ist es wichtig, dass die Pflege wieder bezahlbar wird. Es ist eines Sozialstaates unwürdig, wenn Menschen am Ende eines langen Arbeitslebens aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit auf Sozialhilfe angewiesen sind", heißt es im Wahlprogramm der Grünen. Sie wollen "auf dem Weg hin zu einer Pflegebürgerversicherung mit einem Ausgleich zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung dafür sorgen, dass sich alle gerecht an der Finanzierung des Pflegerisikos beteiligen". Die Beitragsbemessung soll reformiert und auch Kapitaleinnahmen zur Finanzierung herangezogen werden. "Damit schützen wir auch Löhne und Gehälter vor höheren Beitragsabgaben." Das Geld solle im Gesundheitssystem bleiben und für die Menschen arbeiten. "Wir wollen den Einfluss von Finanzinvestoren auf unsere Gesundheits- und Pflegeversorgung begrenzen. Deshalb wollen wir öffentliche und gemeinnützige Träger stärken."

AfD: Häusliche Pflege höher finanziell fördern

In ihrem 85-seitigen Wahlprogramm wendet die AfD zwei Absätze zu Vorschlägen für die Pflegeversicherung auf. Zur Beitragsstabilisierung soll die "beitragsfreie Mitversicherung der Bürgergeldempfänger, die heute zu Zweidritteln vom Beitragszahler finanziert wird, zukünftig vollständig aus dem Bundeshaushalt aufgebracht" werden. Die Verwaltungskosten sollen durch eine Zusammenführung von Kranken- und Pflegeversicherung gesenkt werden. "Die Situation der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen wollen wir erleichtern, indem wir die häusliche Pflege deutlich höher finanziell honorieren."

FDP: Finanzierung diversifizieren und Personal entlasten

Die FDP setzt in ihrem Wahlprogramm auf eine Diversifizierung der Pflegefinanzierung. "Das umlagefinanzierte System der sozialen Pflegeversicherung als Teilleistung wollen wir dabei beibehalten. Zur Stabilisierung der Beitragssätze wollen wir sie um eine kapitalgedeckte Komponente ergänzen." Im Inland und Ausland sollen mehr Pflegefachkräfte gewonnen werden. "Dafür wollen wir Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegekräfte drastisch vereinfachen. Durch digitale Anwendungen, Automatisierung und Robotik wollen wir maßgeblich zur Entlastung des Pflegepersonals beitragen." Für eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und der Pflege von Angehörigen will sich die FDP dafür einsetzen, dass die Kurz- und Tagespflege für pflegebedürftige Menschen ausgebaut werden.

BSW: Privatisierung stoppen

Das Bündnis Sahra Wagenknecht will sein Wahlprogramm voraussichtlich erst am 12. Januar auf dem Parteitag in Bonn beschließen. Im vierseitigen Grundsatzprogramm der Partei von 2024 heißt es zum Thema Pflege: "Die Privatisierung und Kommerzialisierung existentieller Dienstleistungen, etwa im Bereich Gesundheit, Pflege oder Wohnen, muss gestoppt werden, gemeinnützige Anbieter sollten in diesen Branchen Vorrang haben."

Linke: Solidarische Bürgerversicherung

Die Linke setzt sich laut ihrem Wahlprogramm für eine solidarische Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege ein, "in die alle Menschen nach Maßgabe ihrer Einkommen einzahlen und die im Bedarfsfall alle medizinischen und pflegerischen Leistungen übernimmt." Die medizinische Versorgung dürfe keine Frage der persönlichen Brieftasche sein: "Ungleichbehandlung von Patienten lehnen wir ab." Die Solidarische Bürgerversicherung soll die Trennung von Gesetzlicher und Privater Kranken- und Pflegeversicherung aufheben. Sie basiere auf Wiederherstellung der Parität und der Abschaffung der Zuzahlungen.

Dieses Thema im Programm:
NDR Info | Aktuell | 02.01.2025 | 06:42 Uhr