Foto von einer Kurve, die hinter einer Brücke liegt (Autobahnabfahrt/-auffahrt). Im Bildvordergrund recht groß ein Straßenschild mit einem Kurvenpiktogramm.

Hessen A44 auf A49: Warum es am Kreuz Kassel-West immer wieder Lkw-Unfälle gibt

Stand: 08.01.2025 20:14 Uhr

Am Kasseler Westkreuz bei Baunatal kommt es immer wieder zu Verkehrsunfällen - trotz Tempo 60 und Kurvenwarnschildern. In nur vier Monaten gab es hier sechs Lkw-Unfälle. Die Polizei und ein Spediteur haben eine Erklärung.

Ein Kran muss her, um den umgekippten Lastwagen auf der Verbindung zwischen A44 und A49 am Mittwoch wieder aufzurichten. Der mit Fleisch beladene Lkw ist in der engen Kurve auf die Seite gefallen.

Die Fahrbahn muss gereinigt werden, weil Dieselkraftstoff ausgelaufen ist. Für alle, die an diesem Tag in Nordhessen unterwegs sind, bedeutet das vor allem eines: Stau bis in den Nachmittag.

Foto eines Lkws, der von einem Aufschleppwaren aufgerichtet wird - in einer Kurve (Autobahnabfahrt/-auffahrt)

Die Bergungsarbeiten sind häufig aufwendig und kosten Zeit.

Dieser Unfall ist nicht der erste und auch nicht der einzige am Kasseler Westkreuz. In den letzten vier Monaten habe es hier sechs schwerere Unfälle geben, wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Nordhessen mitteilte.

Seit Einrichtung der Baustelle im Juni waren es insgesamt 15 Unfälle. Allesamt waren es Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, die von der A44 kommend auf die A49 fahren wollten. Diese seien "in der Verbindungsspange auf die linke Seite gekippt".

Aufwendige Bergung

So war es im Dezember ein Lkw mit Solarpanelen und wenige Wochen voher, Ende November, ein Klebstoff-Lastwagen. Im September ereignete sich hier ein spektakulärer Unfall: Ein mit leeeren Einmachgläsern beladener Lkw hatte sich überschlagen und war auf dem Dach gelandet.

Wenige Tage zuvor war ein Lkw mit Kühlwaren umgekippt - der Schaden lag allein bei diesem Unfall bei 160.000 Euro. Eine Herausforderung sind vor allem die Bergungsarbeiten.

Weil die Lastwagen erst aufwendig entladen werden müssen, bevor sie abgeschleppt werden können, kommt es immer wieder zu langen Staus. In einem Fall dauerte die Bergung 18 Stunden.

Grund: "nicht angepasste Geschwindigkeit"

Bei allen Unfällen sei die nicht angepasste Geschwindigkeit die Ursache, so die Polizeisprecherin. Dazu seien sie alle bei Nässe und nachts passiert.

Doch wie schwierig ist die Kurve aus Sicht der Polizei? Hier gelte eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h, erklärte die Sprecherin. Diese könne man so nicht fahren, wenn man als Lkw mit 40 Tonnen voll beladen sei. Die Fahrer der Sattelzüge müssten die Geschwindigkeit an die Sicht- und Wetterverhältnisse und die Gegebenheites des Fahrzeugs anpassen.

Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h geplant

Auf der Verbindungsrampe von der A44 auf die A49 in Richtung Kassel gibt es seit Juni eine spezielle Baustellenverkehrsführung, damit der Verkehr besser fließen kann. In einer scharfen Rechtskurve geht es zweispurig auf die A49, in der Kurve steht eine Betonleitwand.

Vorher war es hier einstreifig ausgebaut - und kein Unfallschwerpunkt wie Bernhard Klöpfel, Leiter der Kasseler Außenstelle der Autobahn GmbH des Bundes, erklärt.

Die Unfallkommission seiner Behörde hat sich mit der Situation beschäftigt und überlegt, welche Maßnahmen zusätzlich ergriffen werden können. Seit Mittwochabend gilt hier Tempo 40 für Lkw ab 7,5 Tonnen.

Dazu sei man mit der Autobahnpolizei im Austausch. Diese werde die Geschwindigkeitsmessungen verstärken. Bis Ende März gilt die zweistreifige Verkehrsführung, danach ist es wieder so wie vorher.

Spediteur sieht Fahrer in Verantwortung

Christoph Frank, Geschäftsführer der Jung Spedition in Kassel, teilt die Einschätzung der Polizei. Auch er hält die nicht angepasste Geschwindigkeit für einen der Hauptgründe für die Unfälle in dieser Kurve.

Dazu seien weitere Faktoren ausschlaggebend. So könne ein technisch schlechter Zustand der Reifen, eine ungünstige Risikoeinschätzung des Fahrers und die falsche Beladung des Aufliegers Unfälle begünstigen.

Die Maßnahmen an der Kurve hält Frank für ausreichend. Er sieht die Fahrerinnen und Fahrer in der Pflicht. Jeder Fahrer müsse selbst einschätzen, wie schnell er sicher durch die Kurve kommt - "abhängig von Wetter, Ladung und seinem Zustand" erklärt Frank.

Fahrerinnen und Fahrer, die überlastet seien, ihre Lenkzeiten überschritten hätten oder unter hohem Stress stünden, könnten die Situation nicht richtig einschätzen. Es sei möglich, sicher um diese Kurve zu fahren - mit gut geschultem Personal, ohne Zeitdruck und einem technisch gut ausgestattetem Fahrzeug.

Fahre ein Lkw bei niedrigen Temperaturen, Feuchtigkeit und schwerer Ladung mit unangepasster Geschwindigkeit, sei das ein Risiko, so der Spediteur. Er fordert, die Stelle strenger zu überwachen. Dabei seien Geschwindigkeitskontrollen wichtiger als neue Schilder. "Es ist niemandem geholfen, wenn man einfach noch mehr Schilder aufstellt."