Eine Frau hält einen qualmenden Joint.

Hessen Frankfurt will Cannabis-Verkauf in Geschäften testen

Stand: 30.10.2024 16:33 Uhr

Cannabisblüten und andere THC-haltige Produkte soll es in Frankfurt künftig in Fachgeschäften geben. Geplant ist ein Modellversuch mit tausenden Teilnehmern - und zahlreichen Auflagen. Fest steht bereits, wer wieviel Gras kaufen darf.

Von Frank Angermund

Rund 50.000 Frankfurter zünden sich gelegentlich oder auch regelmäßig einen Joint an. Diese Zahl hat die Stadt Frankfurt erhoben. Seit der Teillegalisierung vor sieben Monaten bauen einige Konsumenten ihr Cannabis selbst an. Doch die meisten kaufen die Droge weiterhin bei einem Dealer.

Studien zeigen: 80 Prozent des Cannabis auf dem Schwarzmarkt sind verunreinigt. In Frankfurt waren es sieben von zehn Proben. Dabei wurden auch Spuren von Kokain, Pestiziden oder sogar Fäkalien gefunden.

Um dem etwas entgegenzusetzen, plant die Stadt Frankfurt eine wissenschaftliche Studie in Kooperation mit der Frankfurt Universtity of Applied Sciences. In vier Fachgeschäfte sollen Konsumenten künftig saubere Cannabis-Produkte kaufen können. "Jedoch nur registrierte Teilnehmer", sagt Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Grüne) bei einem Vorstellungstermin am Mittwoch.

50 Gramm pro Monat und Kopf - wenn man sich an Auflagen hält

Wer sich an der Studie beteiligen möchte, muss über 18 Jahre alt, gesund und in Frankfurt gemeldet sein. Die Teilnehmer dürfen in den bisher noch nicht eröffneten Fachgeschäften maximal 50 Gramm pro Monat kaufen.

Es reicht aber nicht aus, sich registrieren zu lassen und dann zu kiffen. Die Probanden müssen sich regelmäßig befragen und untersuchen lassen. "Es wird auch verpflichtende Gesprächsgruppen geben", sagt der Leiter des Frankfurter Drogenreferats, Arthur Schroers. Nur so kämen die Stadt und die Hochschule an die notwendigen Daten, "um am Ende sagen zu können, wie sich das Projekt ausgewirkt hat".

Das Modellprojekt zur regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene ist auf fünf Jahre angelegt. Es ist ein Bestandteil des Frankfurter Koalitionsvertrags. Sozialdezernentin Voitl geht davon aus, dass so Verbraucher geschützt, die Justiz entlastet und der illegale Drogenhandel reduziert werden können.

"In der Hoffnung, den Konsum zu reduzieren"

Den Vorwurf, Frankfurt werde so zum Dealer, weist die Dezernentin vehement von sich. "Wir wollen hier Schadensminimierung", sagt sie. Die Stadt erhalte Daten, die so noch nie erhoben wurden. Außerdem wären die Probanden durch die Studie ans Hilfesystem angedockt. "Immer in der Hoffnung, den Konsum zu reduzieren oder aufzugeben."

Das Berliner Unternehmen Sanity Group soll die Fachgeschäfte eröffnen und betreiben. Das Unternehmen, das auch einen Standort in Hochheim (Main-Taunus) betreibt, entwickelt und vertreibt Arzneimittel auf Cannabisbasis.

Preise sollen sich am Schwarzmarkt orientieren

"Wir wollen das Thema in Deutschland voranbringen", sagte Unternehmenschef Finn Age Hänsel. Die Studie könne zeigen, dass eine regulierte Abgabe Vorzüge für die Gesellschaft, aber auch für die Gesundheit der Teilnehmer habe. Am Ende erhofft sich der Unternehmer allerdings auch, eine Rolle zu spielen, sollte sich der Markt in Deutschland in diesem Bereich öffnen. Das Cannabis will die Sanity Group aus Portugal und Kanada importieren.

Der Preis der Produkte orientiere sich an ihrem Wirkstoffgehalt sowie dem Preisniveau auf dem illegalen Markt, teilte die Stadt mit. Dieser lag nach Angaben der Stadt 2021 bei etwa zehn Euro pro Gramm Cannabisblüten. Die Gewinne aus dem Modellprojekt werden - im Gegensatz zum Schwarzmarkt - regulär versteuert. Zusätzlich sollen einige Einnahmen an Projekte der Suchtprävention in Frankfurt gehen.

Die Stadt rechnet damit, dass sich tausende Menschen für das Projekt registrieren werden.

Start im ersten Halbjahr 2025 angepeilt

Die geplante Untersuchung könne sofort beantragt werden, sobald der Bund die Zuständigkeiten geklärt habe, sagte Sozialdezernentin Voitl. Derzeit werde mit einem Start im ersten Halbjahr 2025 gerechnet.

Im Zuge der Cannabis-Legalisierung im März hatte die Bundesregierung auch eine Reihe von Modellversuchen für den Cannabis-Verkauf beschlossen. Die zeitliche Begrenzung auf fünf Jahre schreibt das Gesetz ebenso vor wie eine wissenschaftliche Begleitung.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Frankfurt sich als Modellregion für den Cannabis-Verkauf ins Spiel gebracht, ebenso wie die Städte Offenbach und Wiesbaden. Die Landeshauptstadt will den Cannabis-Verkauf in Apotheken testen. Nach Angaben der Stadt Wiesbaden haben bereits 15 Apotheken ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet.

Generell ist der Cannabis-Konsum für Volljährige seit 1. April mit Beschränkungen legal. Seitdem erlaubt ist der Anbau von bis zu drei Pflanzen gleichzeitig in Privatwohnungen, aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis.

Seit 1. Juli können nicht-kommerzielle "Anbauvereinigungen" mit bis zu 500 Mitgliedern an den Start gehen, aber müssen dafür zuerst einmal eine Erlaubnis beantragen. Derzeit ist noch keine Anbauvereinigung in Hessen aktiv. 23 Anträge wurden laut Innenministerium gestellt und würden größtenteils noch geprüft.

Da das bislang die einzigen legalen Wege seien, um an Cannabis zu kommen, erhofft sich die Stadt Frankfurt über die Fachgeschäfte einen regulierten Zugang zu sauberen Produkten. Damit soll auch der Schwarzmarkt eingedämmt werden, auf dem mitunter verunreinigtes Cannabis angeboten werde, hieß es.