Eine Gruppe von Männern vor einer Wand schaut grimmig.

Hessen Kinofilm "Haps": Dieser gewaltvolle Film soll Jugendliche vor dem Knast bewahren

Stand: 27.03.2025 16:53 Uhr

Gewalttätige Männer, die im Gefängnis ihre kriminellen Machenschaften fortführen: Der Spielfilm "Haps" zeigt ihren Aufstieg und Fall, gespielt von Schauspielern und Statisten, die selbst kriminell waren. Sie wollen eine ernste Botschaft vermitteln.

Von Lara Joëlle Karbalaie

Verschwitze Männer mit tätowierten Oberkörpern, Händen und Gesichtern. Und Männer, die nicht unschuldiger aussehen könnten: klein, zierlich, mit einem friedfertigen Gesicht – alle zusammen auf engstem Raum in einem Untersuchungsgefängnis.

Player: audioKinostart "HAPS - Crime doesn't pay"

Wo im neuen Kinofilm "Haps – Crime Doesn’t Pay" scheinbar zwei Welten aufeinanderstoßen, tut es das auch in der Wirklichkeit. Denn im Film spielen Schauspieler und Statisten mit, die selbst eine kriminelle Vergangenheit haben.

Ihre Tattoos, die Zahlen und Codes aus dem Milieu zeigen, sind echt. Genauso wie ihre Sprache, Gestik und Bewegungen, die eine bedrohliche Atmosphäre auch bei der Zuschauerin und beim Zuschauer erzeugen.  

"Haps" arabisch für Gefängnis

Für den Frankfurter Schauspieler Micky Juković, der im Film die Figur des Marco spielt, war das nach 20 Jahren am Set eine neue Erfahrung. "Solche Schauspieler findest du nicht einfach so auf dem Markt", erzählt der 46-Jährige. "Das kannst du nicht auf einer Schauspielschule lernen oder irgendwo abgucken."

"Haps" ist arabisch und bedeutet Gefängnis. Genau hier spielt der gesamte Film. Die Kulisse ist ein ehemaliges Stasi-Gefängnis aus DDR-Zeiten. 

Drei halbnackte, tätowierte Männer gehen bedrohlich durch einen Gang

Viktor Iwanov (Amir Aschenberg) ist einer der Knast-Anführer.

Viele Szenen im Film sind gewaltvoll. Nicht nur werden kiloweise Drogen verkauft und Mitinsassen brutal angegriffen, es gibt auch Mord und Totschlag. Der Hauptdarsteller Alexander, gespielt von Constantin von Jascheroff, kämpft sich im Gefängnis mit Brutalität an die Spitze der Nahrungskette.

"Am Set wurde ich einer von denen"

Es sind Szenen, die für die ein oder anderen Darsteller am Set in der Vergangenheit Realität waren. Für die Vorbereitung seiner Rolle habe sich Micky Juković deshalb mit ihnen ausgetauscht.

"Man will es auch gut und authentisch machen und ich will auch wirklich Angst machen, nicht nur irgendwie böse gucken. Auch mein Herz hat gerast, ich hatte feuchte Hände und bin am Set dann tatsächlich einer von denen."   

Film soll vor Gewalt und Drogen abschrecken

Doch Gewalt verherrlichen will Regisseur Ekrem Engizek mit "Haps" nicht. Im Gegenteil, der Film soll abschrecken, die Realität im Gefängnis zeigen und vermitteln: "Kriminalität zahlt sich nicht aus." Das stellt er anhand der Hauptfigur dar, die wegen ihrer Drogengeschäfte am Ende alles verliert.  

Die Botschaft des Films soll vor allem Jugendliche erreichen, die von Gewalt und Drogen nicht abgeneigt sind. Dafür müsse man sich auf Augenhöhe begeben, findet Engizek.

Mann sitzt im Gefängnishof, den Kopf in die Hände gestützt.

Der Kleinkriminelle Alexander Rothstein (Constantin von Jascheroff) landet im Gefängnis.

Neben den brutalen Darstellungen gehöre dazu auch die Wortwahl. "Das geht nicht als Moralapostel, sondern man muss diese dreckige oder witzige oder die schadenfrohe Sprache sprechen können. So erreichst du sie, dass sie überhaupt zuhören."

Rapper Azad vermittelt Botschaft

Vor allem in den letzten Minuten des Films werden moralische Grundsätze vermittelt. Verpackt sind die in pathetischen Sätzen wie: "In deiner Welt bist immer nur du das Opfer, aber in Wirklichkeit bist nur du es nicht."

Zu hören sind sie von einer Erzählerstimme und in den Texten der Filmmusik des Frankfurter Rappers Azad. Einem, der es von der Straße weggeschafft und statt ein Drogengeschäft ein Musikbusiness macht. Engizek wollte ihn deshalb unbedingt für die Filmmusik gewinnen.  

Regissseur hat kriminelle Vergangenheit

Mit der Sprache, die Engizek im Film verwendet, will er auch zeigen, dass er "einer von ihnen ist" und die Jugendlichen versteht. Der Regisseur war in seiner Vergangenheit selbst kriminell und saß ein Mal in Untersuchungshaft. Sein Vater war gleich mehrmals im Gefängnis. 

In "Haps" sind einige Szenen aus seiner Vergangenheit verarbeitet. "Viele Sachen sind wirklich echt. Ich konnte sie in verschiedenen Charakteren erzählen", sagt Engizek. Er kenne die schwierigen Milieus. 

Gruppenzwang in Schulen

Gerade in der Schule gäbe es einen gewissen Anpassungsdruck. Theoretisch könnten alle abrutschen. "Du passt dich den Bad Boys an und dann mobben sie dich nicht mehr", sagt Engizek. 

Der Gruppenzwang könne zu Alkohol- und Drogenkonsum führen. Schnell sei man dann beim Dealen und mit einem Bein im Gefängnis. 

Mehrere Männer in einem düsteren Raum, einer schlägt auf einen Boxsack.

Boxtraining im Männergefängnis.

Bewusste Klischeedarstellungen

Bei der filmischen Umsetzung bedient sich Engizek zahlreicher Klischees. Die Darstellungen unter anderem von einem jüdischem Börsentrader, einem wortkargen Russen und einem arabischen Clan-Chef sind überspitzt, provokant und teils nicht unproblematisch. 

"Es war eine bewusste Entscheidung, weil das für mich die Wiedererkennungsmerkmale sind. Auch wenn es klischeehaft klingt oder bei Menschen so rüberkommt: Es ist meistens kein Klischee, sondern es ist einfach die Realität", erklärt sich der Regisseur.  

Viele klischeebehaftete Szenen seien durch Gespräche oder Erlebnisse mit seinen Freunden entstanden, die unterschiedliche religiöse und kulturelle Hintergründe hätten. Sie hätten für den Film über eigene Klischees nachgedacht, die ihnen in ihrem Umfeld im Alltag auffallen würden. 

Mehrere Männer posieren

Prince Kuhlmann, Constantin von Jascheroff, Mario von Jascheroff, Regisseur Ekrem Engizek (vorn), Asche und Kais Setti bei der Premiere des Films.

Verschiedene religiöse und kulturelle Hintergründe

Die Vielfalt an religiösen und kulturellen Identitäten im Film fällt auf. Die Darsteller spielen einen jüdischen, orthodoxen oder muslimischen Insassen aus Deutschland, Russland, Serbien oder dem Libanon.

Könne sich ein Jugendlicher mit einer Figur identifizieren, sei er für die Botschaft des Films empfänglicher, ist der Regisseur überzeugt. Er beobachte bei den Filmvorführungen deshalb gerne das Publikum.

Äußere sich ein Schauspieler im Film beispielsweise auf Serbisch, Kroatisch oder Bosnisch höre er danach Jugendliche sagen "Er war der Beste", berichtet Engizek. "Die Reaktion vom Balkan-Publikum, die waren alle nur Micky-Fans. Weil die dann sagen können, er steht für uns da."

Mann mit Vollbart

Micky Juković spielt in "Haps" den kriminellen Marco.

Gefahr abzurutschen ist in Großstädten hoch

Der in Serbien geborene Micky Juković ist vom Konzept des Regisseurs überzeugt. Er selbst habe sich nie für Gewalt und Drogen interessiert, sagt er. Als Ältester von drei Brüdern habe er sich verantwortlich dafür gefühlt, ein gutes Vorbild zu sein. Auch das bürgerliche Umfeld im Frankfurter Stadtteil Bornheim habe einen guten Einfluss auf ihn gehabt.  

Doch er weiß, wie gefährlich es vor allem in der Großstadt sein kann. "Es wimmelt an allen Ecken von Verführung, von Kriminalität, von Gewalt", findet der Schauspieler. Umso wichtiger sei es Jugendliche zu erreichen, die in einer von Gewalt geprägten Umgebung aufwachsen.

"Wenn der Film es schafft, nur einen einzigen Jugendlichen davon abzuschrecken, nicht Drogen zu nehmen oder Dealer zu werden, dann hat er seine Mission erfüllt“, sagt Juković. 

Haps – Crime doesn’t pay
Am Donnerstag (27. März) läuft der Film in den Kinos an. Im Offenbacher Kino CinemaxX werden einige der Schauspieler für Gespräche da sein. Der Film ist ab 16 Jahren freigegeben.

Neben dem Film gibt es außerdem einen Podcast "Welcome to Haps" mit dem ehemaligen Straftäter Maximilian Pollux, in dem mit verschiedenen Künstlern aus der Musikszene über das Gefängnisleben und die Folgen krimineller Handlungen aufklärt.