Der LKW einer deutschen Hilforganisation auf einer spanischen Autobahn. Links und rechts liegen Autowracks.

Hessen Nach Unwetter in Valencia: Hilfstransport aus Rhein-Main bringt dringend benötigte Güter

Stand: 12.11.2024 20:52 Uhr

Ein Hilfstransport aus dem Rhein-Main-Gebiet hat die von Unwettern verwüstete Region Valencia erreicht - und das trotz vieler Unsicherheiten. Vor Ort droht bereits das nächste Ungemach.

Die letzten Kilometer auf dem Weg in die Krisenregion Valencia gleichen der Fahrt durch das Set eines post-apokalyptischen Films. Die Straße ist inzwischen wieder frei, aber in den Leitplanken hängen noch die schlammverschmierten Überreste zerschrotteter Autos: vom Wasser mitgerissen und wie nicht mehr gewolltes Spielzeug liegen gelassen.

In den Gassen von Catarroja - einer Kleinstadt mit 29.000 Einwohnern südlich von Valencia - sind derweil am Montag die Aufräumarbeiten nach der Jahrhundertflut von vor zwei Wochen noch im vollen Gange. Am Straßenrand sammeln die Menschen nicht mehr brauchbaren Hausrat, mit Schippen und Besen versuchen sie den Schlamm zu beseitigen.

Am Rande der Stadt bahnt sich ein Laster den Weg zu einem Lagerhaus. Vorne an der Kühlerhaube steht die spanische Aufschrift: "Amigos en accion por amigos en necesidad". Freunde in Aktion für Freunde in Not.

Im Flutgebiet fehlt sauberes Wasser

Vier Tage zuvor rollt derselbe Laster durch die Betriebshalle des Getränkeherstellers Hassia in Bad Vilbel (Wetterau). Nicht weniger als 20 Paletten in Plastikflaschen abgefülltes Wasser werden auf den 25-Tonnen-Transporter geladen. Es ist das wichtigste Hilfsgut, das in den folgenden Tagen nach Spanien befördert werden muss.

"Das Zeichen jeder Katastrophe dieser Art ist schlechtes Wasser. Das Grundwasser wird verseucht", erklärt Frank Franke, Vorsitzender von "Luftfahrt ohne Grenzen". Sein Verein organisiert den Transport nach Valencia. Und Franke weiß aus Erfahrung, was am dringendsten gebraucht wird. Nicht einfach irgendwelches Trinkwasser. Natriumarm muss es sein, damit Eltern von Babys und Kleinkindern damit Kindernahrung anrühren können.

Eine Straße in den spanischen Katastrophengebieten. Am rechten Fahrbahnrand stapeln sich zerstörte Autos im Schlamm. Links fährt ein Militärlaster.

Die Straßen sind frei, die Folgen der Überschwemmungen aber überall sichtbar.

Wasser an sich ist in Deutschland keine Mangelware. Es in einer für die Menschen vor Ort praktisch abgefüllten Form zu bekommen, schon eher. "Selbst in unseren zivilisierten Ländern ist es gar nicht so einfach, Flaschen mit Wasser zu finden. Meistens hast du große Gebinde, aber das bringt die Leute nicht weiter", sagt Franke. Nur eines von vielen potenziellen Problemen, mit denen sich die Helfer von "Luftfahrt ohne Grenzen" konfrontiert sehen.

Situation vor Ort klären

Tatsächlich war der Hilfstransport aus Rhein-Main eine Art "Expedition ins Ungewisse". "Wir müssen bei solchen Katastrophen erstmal herausfinden, stimmt das System vor Ort", erläutert Franke. Ein Lager für die Hilfsgüter haben die Helfer zwar organisiert, aber viele weitere Fragen sind noch offen.

Ein Risiko, das bei Transporten in Krisengebiete immer besteht - dass die notwendigen Hilfsgüter und die Ausrüstung beschädigt werden. "Die große Sorge, dass Dinge, da es dort ja immer noch jeden Tag regnet, kaputt gehen oder nicht mehr benutzbar sind", so Franke. Bei einem ähnlichen Hilfseinsatz in Pakistan vor einigen Jahren sei es passiert, dass große Mengen Reis über Nacht unbrauchbar wurden, weil sie nicht trocken gelagert werden konnten.

"Deswegen wollen wir erstmal wissen, wie läuft das Ganze? Was brauchen die Leute? Und das kann man sich dann vor Ort am besten anschauen." Deshalb, erklärt Frank, hat sich zunächst auch nur ein Lkw auf den Weg gemacht.

Hilfsgüter können kurzfristig gestellt werden

"Luftfahrt ohne Grenzen" konnte sich bei seiner Hilfsaktion auf langjährige Partner verlassen, die den Verein schon seit Jahren unterstützen. "So können wir uns zumindest fast immer darauf verlassen, dass bestimmte Hilfsgüter wirklich kurzfristig zur Verfügung gestellt werden", betont Einsatzleiter Felix Groh.

Gleichzeitig halte "Luftfahrt ohne Grenzen" immer einen gewissen Vorrat an Akkus und Generatoren vor: "Wenn wir schnell reagieren müssen", so Groh.

Neue Unwetter angekündigt

Nach einem weiteren Zwischenstopp am Frankfurter Flughafen, um weitere Hilfsgüter aufzuladen, macht sich der Lkw auf den knapp 1.700 Kilometer langen Weg. Neben dem abgefüllten Wasser hat er auch Generatoren, Zwieback und Hygieneartikel geladen.

Als der Laster schließlich am Montag in der Region Valencia eintrifft, ist Frank Franke bereits vor Ort und begrüßt den Fahrer per Handschlag. "Ich bin erschrocken, von dem was ich hier gesehen habe", sagt Franke. In den kommenden Tagen geht es an das Verteilen der Güter.

Dabei setzt "Luftfahrt ohne Grenzen" auf die Kompetenz örtlicher Partner. Ein Feuerwehrbataillon und ein Fußballverein sollen dafür sorgen, dass die Hilfsgüter dort ankommen, wo sie am dringendsten benötigt werden.

Die Zeit eilt: Für die Nacht auf Mittwoch sind wieder Unwetter angekündigt.