
Hessen Nach Entlassung durch SPD-Minister: Messari-Becker wechselt an Uni Karlsruhe
Ihr Ausflug als Staatssekretärin in die hessische Landespolitik endete in einer Entlassung, die ein Untersuchungsausschuss aufarbeitet. Nun setzt die Bau-Professorin Messari-Becker ihre wissenschaftliche Karriere an einer Exzellenz-Uni fort.
Die Darmstädter Bau-Professorin Lamia Messari-Becker kehrt nach ihrer umstrittenen Entlassung als parteilose Wirtschaftsstaatssekretärin der schwarz-roten Landesregierung in die Wissenschaft zurück.
Die 52 Jahre alte Expertin für nachhaltiges Bauen übernimmt zum 1. April die Professur für energieeffiziente Gebäudetechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft ist eine von zehn Exzellenz-Universitäten in Deutschland und mit 10.000 Beschäftigten nach eigenen Angaben eine der größten Forschungseinrichtungen Europas.
Uni: "Ideale Besetzung"
Sie freue sich, am KIT "an Lösungen für nachhaltiges Bauen zu arbeiten und meine Tätigkeit als praxisnahe Wissenschaftlerin und in der wissensbasierten Politikberatung wieder aufzunehmen" - so kommentierte Messari-Becker gegenüber dem hr ihre Berufung.
"Frau Messari-Becker ist für das KIT die ideale Besetzung“, sagte ein Uni-Sprecher. Man habe nach einer "anerkannten Persönlichkeit“ für diese W3-Professur gesucht.
Gefragte Expertin
Die 1973 in Marokko geborene Darmstädterin war zum Bau-Ingenieurstudium nach Deutschland gekommen. Sie wurde zu einer in Politik und Medien anerkannten Expertin für umwelt- und klimagerechtes Bauen und Heizen, das gleichzeitig bezahlbar und sozialverträglich ist. Vom Thinktank Club of Rome wurde sie als Mitglied aufgenommen und mit dem Preis der "Vordenkerin 2024" ausgezeichnet.
Als Professorin trat sie bereits 2014 eine Stelle für Gebäudetechnologie und Bauphysik an der Uni Siegen an. Dorthin hätte sie zurückkehren können, als ihr Wechsel in die hessische Landespolitik vergangenen Sommer nach lediglich sechs Monaten Amtszeit dramatisch endete.
Minister unter Druck
SPD-Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori ist wegen der Entlassung nach nur sechsmonatiger gemeinsamer Amtszeit unter Druck geraten. Mit der Affäre befasst sich derzeit ein von den Oppositionsfraktionen Grüne und FDP initiierter Untersuchungsausschuss des Landtags.
Der SPD-Politiker hatte die Entlassung in einer Pressemitteilung mit dem Vorwurf eines "nicht hinnehmbaren Fehlverhaltens" verbunden. Später räumte der Politiker ein, er hätte die Mitteilung besser knapper gehalten. Die Staatskanzlei von CDU-Ministerpräsident Boris Rhein betonte, sie habe sich den Vorwurf nie zu eigen gemacht.
Es ging darum, dass Messari-Becker ihren Regierungsposten drohend in einem Elterngespräch an der Schule eines ihrer Kinder eingebracht habe. Der Schulleiter, der dies ins Spiel brachte, hatte in der Sache mehrmals direkt mit dem Büro Mansooris telefoniert.
Als Zeugin vor dem Ausschuss wies Messari-Becker das empört zurück. Absurd seien auch erst nach ihrer Entlassung in einem Gerichtsstreit erhobene Vorhaltungen aus dem Ministerbüro, sie habe noch bei drei anderen Gelegenheiten auf Vorzugsbehandlungen gedrängt.
Der Minister habe ihren in 30 Jahren aufgebauten Ruf "in einer medialen Sekunde zerstört", sagte sie. Auch die Opposition wirft dem Minister vor, den Ruf der Professorin geschädigt und ihr im privaten Umfeld hinterhergeschnüffelt zu haben. Der als Experte geladener Beamtenrechtler Thorsten Masuch bescheinigte Minister Mansoori eine Verletzung seiner Fürsorgepflicht gegenüber der Beamtin.