
Hessen Polizeieinsatz und Anzeige: FC Gießen lässt Bürgermeister rauswerfen
Der FC Gießen und die Stadt Pohlheim zoffen sich seit Jahren um eine Sportanlage. Nun erreicht der Streit neue Dimensionen - inklusive eines Polizeieinsatzes, einer Anzeige und eines des Feldes verwiesenen Bürgermeisters.
Im Fußball geht’s gerne mal leidenschaftlich zur Sache, auch nicht immer ganz fair, Emotionen kochen hoch und mitunter über. Die Zutaten des folgenden Vorfalls aber sind dann doch ungewöhnliche: ein Regionalligist, ein Bürgermeister und die Polizei.
Aber von vorn: In Watzenborn-Steinberg, einem Ortsteil von Pohlheim im Landkreis Gießen, gibt es schon seit rund drei Jahren Streitigkeiten um eine Sportanlage, jene wohlklingende wie antiquierte an der Neumühle. Der Regionalligist FC Gießen, dort unter anderem mit 18 Jugendteams beheimatet, pocht auf einen aus seiner Sicht gültigen Pachtvertrag für das gesamte Gelände. Die Senioren aus Liga vier spielen derweil im Gießener Waldstadion, doch das nur am Rande.
Die Stadt Pohlheim jedenfalls widerspricht, legt den Fall anders dar. Demnach habe der FC Gießen nur Anspruch auf sein Sportheim und eine kleine Freifläche, über den Rest könne die Stadt verfügen. Unter anderem soll künftig der Verbandsligist FC Turabdin Babylon ebenfalls eine sportliche Heimat an der Neumühle finden, zudem ein neues, eigenes Sportheim bekommen. Der Regionalligist mit Vereinssitz in Pohlheim sieht dagegen seinen Besitz durch die Pläne der Stadt beeinträchtigt, widerspricht den Einschätzungen der Stadt.
Polizei wird gerufen
Am vergangenen Freitag eskalierte die Lage schließlich. Der Grund: Die Stadt ließ Vermessungsarbeiten auf dem Gelände durchführen, nach eigenen Angaben infolge mehrfacher Ankündigungen. Zwar soll es nicht um das geplante Sportheim, sondern lediglich um Frühjahrsarbeiten am Rasenplatz gegangen sein, so die Stadt. Der FC Gießen wiederum genehmigte diese Arbeiten nicht, gewährte den Experten den Zutritt nicht. Auf dem Gelände waren sie dennoch.
Pohlheims Bürgermeister Andreas Ruck (SPD) kam dazu, wollte die Sache eigenen Angaben nach klären, das Fass aber war für den FC Gießen bereits übergelaufen. Ein Mitglied rief die Polizei, wies auf das Hausrecht hin, der Bürgermeister und seine Begleiter wurden des Feldes verwiesen. Es folgte eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch, die von den Beamten derzeit geprüft wird. Ergebnis noch offen. Die Positionen aber sind zweifelsfrei verhärtet.
Gespräche finden nicht statt
Auf hr-sport-Anfrage äußern sich die beiden Parteien konträr, pochen auf ihre jeweiligen Standpunkt. "Wir sind sehr entspannt, das Gelände gehört uns und alles andere wird sich ergeben", sagte Bürgermeister Ruck und sieht der Anzeige gelassen entgegen. Der Vorwurf, der FC Gießen giere nach Aufmerksamkeit, steht vonseiten der Stadt im Raum. "Wir waren immer gesprächsbereit, haben über zehn Termine angefragt und nichts passiert", so Ruck.
Für den Gießener Fußballclub äußerte sich der Sportstätten-Koordinator, der namentlich nicht genannt werden will - und widerspricht. Gesprächstermine seien nicht abgelehnt worden, derlei Angebote habe es seit Dezember auch nicht mehr gegeben. Auch die Gültigkeit des Pachtvertrages könne belegt werden, hieß es im Gespräch mit dem hr-sport. Und sollte der Spielraum des Clubs künftig eingschränkt werden, wie von der Stadt geplant, "ist die Existenz unserer Jugendabteilung in Gefahr". Es gebe schlicht nicht ausreichend Kapazitäten für weitere Mannschaften. Der Streit um die Sportanlage dürfte wohl noch etwas länger andauern.