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Hessen Prozess in Gießen: Angeklagter soll zwölfjährige Tochter geschwängert haben

Stand: 30.10.2024 18:33 Uhr

Ein Mann steht vor dem Landgericht Gießen, weil er seine eigene Tochter schwer sexuell missbraucht haben soll. Der mutmaßliche Missbrauch wurde entdeckt, als das Mädchen wegen Bauchschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert wurde - im fünften Monat ihrer Schwangerschaft.

Von Rebekka Dieckmann

Es beginnt mit einer Entschuldigung – allerdings mit einer ohne echtes Schuldeingeständnis. Er wolle sich aus tiefstem Herzen entschuldigen, auch bei der Justiz, erklärt der Angeklagte direkt beim Prozessauftakt. Allerdings: An das, was ihm vorgeworfen wird, könne er sich nicht erinnern.

Der 40 Jahre alte Mann steht seit Mittwoch vor dem Gießener Landgericht, weil er seine eigene Tochter im Juli vergangenen Jahres in Friedberg schwer sexuell missbraucht und dabei geschwängert haben soll. Die Tochter war damals erst 12 Jahre alt.

Möglich ist auch eine gemeinschaftliche Verurteilung wegen Beischlafs zwischen Verwandten und sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen.

Angeklagter behauptet, Filmriss gehabt zu haben

In seiner rund eineinhalbstündigen Einlassung sagt der Angeklagte: Er sei an dem Abend, an dem es mutmaßlich passiert sei, mit einem Bekannten in einer Bar gewesen. Dort sei er bis etwa Mitternacht geblieben und habe mindestens zehn Flaschen Bier getrunken.

An das spätere Geschehen in der Nacht könne er sich dann nicht erinnern. Er habe am nächsten Morgen starke Kopfschmerzen und einen Filmriss gehabt. Zu einem möglichen sexuellen Übergriff habe seine Tochter weder an diesem Tag noch zu einem späteren Zeitpunkt etwas gesagt, behauptet er.

Der Vorsitzende Richter weist bei der Befragung darauf hin, dass der Angeklagte im Ermittlungsverfahren bisher nie etwas über den angeblichen Alkoholexzess gesagt habe. Zudem merkt er an, dass alkoholbedingte Erinnerungslücken und Kontrollverlust bei dieser Art Straftat häufiger vorgeschoben würden.

Krankenhaus alarmiert die Polizei

Die Zeugen, darunter Ermittler, eine Krankenhaus-Psychologin und ein DNA-Experte, berichten: Die damals 12-Jährige sei im Dezember mit Bauchschmerzen ins Krankenhaus in Gießen gekommen. Dort habe sich herausgestellt, dass sie bereits im fünften Monat schwanger war. Die Kinderklinik habe daraufhin die Polizei eingeschaltet.

Nachdem auf Wunsch der Familie im Krankenhaus eine Abtreibung durchgeführt wurde, wurde laut Gutachter DNA aus der Nabelschnur und der Plazenta rechtsmedizinisch untersucht. Dabei habe man festgestellt, dass zwischen Mutter und Erzeuger ein nahes Verwandtschaftsverhältnis bestehen muss.

Der Angeklagte sei daraufhin aufgrund von weiteren DNA-Analysen eindeutig als Erzeuger identifiziert worden.

Mädchen wird als traumatisiert beschrieben

Die mittlerweile 13-Jährige wurde im Prozess als noch kindliches und eher zurückhaltendes Mädchen beschrieben, das nun schwer traumatisiert wirke. Sie zeige beispielsweise immer wieder dissoziatives Verhalten, also sekundenlange Aussetzer, an die sie sich nicht danach nicht erinnern könne.

Zur Tat selbst soll sie sich nie klar geäußert haben. Verschiedene Zeugen zweifelten an, dass sie voll darüber aufgeklärt war, wie Kinder entstehen. Lediglich gegenüber einer Zeugin habe sie gesagt: In dem Haus, wo sie damals wohnte, sei ihr ein unbekannter Mann zu nahe gekommen.

Vater und Tochter wohnten während der Tatzeit gemeinsam in einer Sammelunterkunft für Geflüchtete. Zur Mutter, die seit Jahren vom Vater getrennt ist, bestand wenig Kontakt. Im Laufe der Ermittlung waren zunächst DNA-Proben von mehr als 50 männlichen Bewohnern der Unterkunft genommen worden, erklärte ein Ermittler. Der Vater selbst habe eine freiwillige DNA-Probe zunächst verweigert.

Mädchen sagt im Prozess nicht aus

Das Mädchen wohnt mittlerweile in einer Wohngruppe für Jugendliche in Süddeutschland. Dort hat sie auch wieder mehr Kontakt zu ihrer Mutter, die in der Nähe wohnt.

Sie selbst wird laut Staatsanwaltschaft im Prozess nicht aussagen und von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. Dieses Recht hat sie, weil sie mit dem Angeklagten verwandt ist.

Der Prozess wird am 8. November fortgesetzt. Mit einem Urteil ist frühestens in zwei Wochen zu rechnen.