Einzelne FSV-Anhänger attackieren Offenbacher Spieler direkt nach dem Abpfiff.

Hessen Regionalliga: Kickers Offenbach lässt den Bornheimer Hang beben

Stand: 02.12.2024 09:33 Uhr

Die Offenbacher Kickers gewinnen ein Derby in Frankfurt, das auch der FSV hätte gewinnen können. Nach dem Schlusspfiff ereignen sich unschöne Szenen, die die Clubs in wohltuender Einigkeit verurteilen.

Von Daniel Schmitt

Es ist so eine Sache mit dem Nachdenken bei Fußballern. Oftmals, so besagt es die Erfahrung, wird es dadurch nicht besser, eher komplizierter. Von daher: Kompliment an Marc Wachs, den Spielführer von Viertligist Kickers Offenbach. Der nämlich hatte am Sonntag im Stadion des FSV Frankfurt einiges an Zeit zum Grübeln. Links? Rechts? Ab in die Mitte? Wohin denn nun mit dem Elfmeter, mit jenem, der die späte Entscheidung in diesem Spitzenspiel bringen würde?

Erstaunlicherweise hatte das Schiedsrichter-Trio einen Doppelwechsel des gastgebenden FSV genehmigt, als Wachs längst bereitstand zur Ausführung des Strafstoßes. Doch statt einzufrieren vollstreckte der 29-Jährige eiskalt in der 87. Minute, traf links unten ins Eck, "weil ich lange gewartet und der Torwart vorher gezuckt hat". Was folgte, war Ekstase - zumindest auf Gästeseite. Die rund 2.500 Kickers-Fans unter den 7.300 Zuschauern flippten aus, die Spieler sowieso, oder um das in Offenbach etwas abgegriffene Bild zu entfremden: Der Bornheimer Hang bebte.

Das entscheidende Tor für Kickers Offenbach

OFC will auf dem Boden bleiben

Mit 1:0 also haben die Kickers das enge Duell für sich entschieden und damit nicht nur die Frankfurter in der Tabelle überholt, sondern sich gleichzeitig auch zum ersten Verfolger der Führenden TSG Hoffenheim II aufgeschwungen. Fünf Zähler liegt der OFC hintendran.

"Das Wort Meisterschaft wird nicht in den Mund genommen", sagte Matchwinner Wachs und nahm es also doch in den Mund. Fernab von Wortklauberei aber war das Ansinnen des Offenbacher Anführers klar wie richtig: Schritt für Schritt, Spiel für Spiel! Die Saison ist noch 15 Partien lang, die Spiele umkämpft, oft Spitz auf Knopf, was nicht zuletzt das Derby unterstrich.

FSV-Coach Görner: "Großes Lob an meine Mannschaft"

"Wir waren in der zweiten Hälfte eigentlich näher dran, ein Tor zu erzielen", analysierte der Frankfurter Trainer Tim Görner, was zutreffend war. Der FSV hatte die besseren Chancen, auch mehr an der Zahl. Der Ausgang der Begegnung sei daher "extrem bitter", so Görner, "das tut extrem weh". Zumal kurz vor dem einzigen Treffer des Tages der Offenbacher Boubacar Barry nach einem Foul zwangsläufig mit Gelb-Rot hätte vom Feld geschickt werden müssen, was nicht geschah.

Stattdessen erlebten die Gastgeber in Gleichzahl die dritte Niederlage nacheinander, das vierte Sieglosspiel in Serie. Anfang November schnupperten die Frankfurter an der Herbstmeisterschaft, nun liegen sie als Dritter sechs Zähler hinter Hoffenheim. Görner wollte seiner Mannschaft dennoch keine Vorwürfe machen. Im Gegenteil. "Großes Lob an die Mannschaft. Man sieht, welche Entwicklung wir genommen haben." Eine gute, wohlgemerkt. Die Leistung war in Ordnung.

Wachs: Das war ein Kampfspiel

"Dreckiger Sieg" im Highlight-Spiel

Und so gab es am Sonntag gleich zwei zufriedene Trainer, denn, na klar, auch Offenbachs Christian Neidhart fand lobende Worte für sein Team. "Wir können das alles fußballerisch sicher besser lösen", sagte er. Einsatz, Wille, Leidenschaft hätten aber vollumfänglich gepasst, und daher nehme er, Neidhart, diesen "dreckigen Sieg" gerne mit.

Alles in allem: Topduell, Derby, Flutlichspiel, TV-Live-Übertragung, kernige Zweikämpfe, strittige Schiedsrichter-Entscheidungen, Großchancen, lautstarke Fans - das Viertliga-Herz hätte an diesem kalten Tag in Frankfurt-Bornheim kaum schneller schlagen können.

Barry: Wir wussten, dass wir kämpfen müssen

FSV-Fans attackieren OFC-Spieler: "Darf nicht passieren"

Einzig das, was nach dem Abpfiff passierte, hätte es nicht gebraucht. Als der Offenbacher Verteidiger Jayson Breitenbach vor den Frankfurter Fans den Sieg bejubelte, sprangen einzelne FSV-Anhänger über die Bande und attackierten die Kickers-Spieler unter anderem mit Schlägen und Tritten. "Das geht nicht, das darf nicht passieren", sagte Neidhart in Richtung des Frankfurter Anhangs, "asozial" und "unsportlich" kommentierte Wachs das Erlebte.

Die FSV-Verantwortlichen suchten erst gar nicht nach Rechtfertigungen, sondern verurteilten die Tumulte: "Es tut uns leid", sagte eine Sprecherin. Für den OFC ist die Angelegenheit laut Christian Hock daher auch erledigt. Für die Aufarbeitung seien ohnehin andere Stellen zuständig. Der OFC-Geschäftsführer wollte die Stimmung ganz offensichtlich nicht aufheizen. Eine sehr wohltuende Herangehensweise.