Hessen Rhein-Main-Link: Bundesnetzagentur weist Landtagsbeschluss zurück

Stand: 18.12.2024 18:35 Uhr

Die geplante Megastromtrasse Rhein-Main-Link sorgt für dicke Luft. Nachdem sich der Landtag mehrheitlich für einen Switch auf oberirdische Freileitungen ausgesprochen hat, widerspricht die zuständige Bundesnetzagentur: Das würde alles verzögern und erheblich teurer machen.

Im Streit um die geplante Windstromtrasse Rhein-Main-Link quer durch Hessen von Nord nach Süd wendet sich die Bundesnetzagentur gegen den Landtag in Wiesbaden. Das Parlament beschloss vorige Woche mit großer Mehrheit einen Antrag der Regierungsfraktionen CDU und SPD, in dem die Abgeordneten den Bund auffordern, die Pflicht zur Verlegung der Kabel unter der Erde schnellstmöglich auch für laufende Verfahren aufzuheben. Auch eine Trassenführung als Freileitung - also in Form herkömmlicher oberirdischer Hochspannungsleitungen - müsse rechtssicher ermöglicht werden. 

Das könne viel Geld sparen und damit niedrigere Netzentgelte ermöglichen. Außerdem werde der Ausbau beschleunigt, argumentierten die Landtagsabgeordneten. "Die vier Gleichstromvorhaben des Rhein-Main-Links sind als leistungsstarke Nord-Süd-Verbindungen von hoher energiewirtschaftlicher Bedeutung", räumten sie ein. Doch der Ausbau müsse landschaftsverträglich sein und von der Bevölkerung akzeptiert werden.

Mitten im Planungs- und Genehmigungsverfahren

Die Bundesnetzagentur in Bonn, die den Verlauf der Megastromtrasse plant, widerspricht den hessischen Parlamentariern in zentralen Punkten. Sie teilte der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch mit, die Erdverlegung sei im Bundesbedarfsplangesetz festgelegt. Eben um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, einigten sich die Bundesregierung und die Bundesländer vor Jahren darauf, die riesigen Leitungen unter der Erde zu verlegen, obwohl es teurer ist. Durch diese Leitungen soll Strom aus dem windreichen Norden Deutschlands ins bevölkerungs- und industriereiche Süddeutschland fließen.

Karte Trassenverlauf Rhein-Main-Link in Hessen

So sieht die Planung für den Rhein-Main-Link in Hessen aus.

Die Agentur wies außerdem darauf hin, dass der Rhein-Main-Link für den Stromtransport von den Nordsee-Windparks nach Südhessen bereits mitten im Planungs- und Genehmigungsverfahren sei. Bei einer komplett neuen Umplanung zu einer Freileitung wäre mit einer fünfjährigen Verzögerung und erheblichen Mehrkosten zu rechnen.

"Da der Rhein-Main-Link acht Gigawatt Leistung übertragen muss, müssten mehrere parallele Freileitungsmastreihen inklusive hoher Masten und der dann nötigen Schutzstreifen geplant und gebaut werden", erklärte die Bundesnetzagentur. Ob dann von einer Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung auszugehen wäre, bleibe eine politische Bewertung. Außerdem seien volkswirtschaftliche Schäden wegen der verzögerten Inbetriebnahme des Rhein-Main-Links zu erwarten.

Bedenken von Anwohnern, Bauern und Winzern

Der Streit um die Trassenführung tobt schon länger in Hessen. Grundsätzlich gilt, dass die in der Regel teureren Erdverlegungen besser als hohe, weithin sichtbare Freileitungen von Anwohnern akzeptiert werden. Allerdings müssen für Erdstromkabel Bagger erst breite Schneisen graben. Tief wurzelnde Weinreben oder Bäume können dann dort nicht mehr stehen. 

Zudem geht es dem Landtag um horizontal verschobene, landschaftsschonende Trassenführungen, etwa entlang der Autobahnen A3 und A67. Die Bedenken von Kommunen und Anwohnern, Bauern und Winzern im Stromtransit- und Stromimportland Hessen müssten angemessen berücksichtigt werden, finden die Parlamentarier.

In öffentlichen Anhörungen sagten Vertreter der Bundesnetzagentur, entlang von Autobahnen dürften solche Leitungen nicht gelegt werden. Den Platz neben Fernstraßen müsse man freihalten für mögliche Verbreiterungen.

Netzbetreiber füchtet zusätzliche Kosten

Der Netzbetreiber Amprion mit Sitz in Dortmund sieht die politische Entscheidung des hessischen Landtags "mit großer Sorge". Der Netzausbau hinke dem Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich hinterher. Das erhöhe die Netzentgelte. 

"Bis 2045 wird sich der Stromverbrauch in Hessen mehr als verdoppeln, von derzeit rund 40 Terawattstunden (TWh) auf über 90 TWh", teilte Amprion kürzlich mit. Gründe seien etwa die Elektrifizierung der Industrie sowie der steigende Bedarf von Rechenzentren der Digitalwirtschaft. 

Für das laufende Rhein-Main-Link-Projekt seien bereits Kosten von rund einer Milliarde Euro entstanden, teilte der Netzbetreiber weiter mit. Eine Umplanung zu Freileitungen würde zu zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe führen.