Ein Schwein guckt aus einem Transportwagen, der zugesperrt ist.

Hessen Schweinepest-Ausbreitung in Hessen laut Loeffler-Institut ungewöhnlich für Europa

Stand: 02.08.2024 20:53 Uhr

Im Kreis Groß-Gerau sind binnen weniger Wochen in acht Mastbetrieben Schweinepest-Fälle nachgewiesen worden. Nach Einschätzung des Loeffler-Instituts breitete sich das Virus ungewöhnlich schnell aus. Als Überträger könnten auch Insekten eine Rolle spielen.

3.300 getötete Mastschweine, 115 Kilometer Elektrozaun und nahezu täglich neue Meldungen von infizierten Wildschweinen: Den Kreis Groß-Gerau beschäftigt aktuell vor allem ein Thema, die Afrikanische Schweinepest.

Wildschwein mit Schweinepest in Darmstadt-Dieburg

Dass in kurzer Zeit so viele Hausschweinbestände in einer Region infiziert wurden, sei für Europa ungewöhnlich, meint Christa Kühn. Sie muss es wissen. Kühn ist die Präsidentin des Friedrich-Loeffler-Instituts, das sich ähnlich wie das Robert-Koch-Institut beim Menschen mit Krankheitsausbrüchen in der Tierwelt beschäftigt und sie erforscht.

Suche nach der ursprünglichen Quelle

Ungewöhnlich sei auch, dass bislang keine offensichtliche Quelle gefunden wurde, wie das Virus in die Ställe gekommen ist, sagte Kühn am Donnerstagabend in der hessenschau. "Hausschweine stecken sich durch Kontakt mit anderen infizierten Tieren an, etwa Wildschweinen, oder indem sie infiziertes Material aufnehmen." Das könnten ein weggeworfenes Wurstbrötchen, frisches Futter, kontaminierter Einstreu oder auch nicht desinfizierte Gummistiefel sein.

Den Landwirten reicht das als Erklärung nicht. Sie hielten sich an die strengen Maßnahmen, sagt beispielsweise Peter Seeger aus Otzberg (Darmstadt-Dieburg). Der Schweinezüchter hat eine andere Theorie: Von Kollegen aus dem Baltikum habe er gehört, dass die Schweinepest womöglich über Insekten übertragen werde. Seeger hat deshalb vor den Fenstern seiner Ställe Moskitonetze angebracht. "Die Gefahr durch Insekten wird unterschätzt", ist er überzeugt.

Übertragung durch Fliegen?

Dieser Übertragungsweg sei bislang zwar als zu unwahrscheinlich eingeschätzt worden, sagt Christa Kühn. Wegen der vielen Infektionsfälle gingen die Experten vom Loeffler-Institut nun allerdings auch dieser Theorie nach. Man habe bereits begonnen, entsprechende Proben in den Ställen zu nehmen. "Wobei Mücken als Überträger wegen ihres Verhaltens nicht im Fokus sind, aber zum Beispiel Fliegen. Sie waren in der Vergangenheit schon in der Literatur erwähnt", so Kühn.

Parallel arbeitet ihr Institut an einem Impfstoff, mit dem die Schweine vor einer Ansteckung geschützt werden können. "Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass die Schweinepest in der Region endemisch wird. Dann haben wir die Seuche im Land und können sie nicht mehr eingrenzen", sagt Kühn. Nicht nur die Wildschweine würden dann "jämmerlich verenden", sondern auch die Schweinehaltung werde zunehmen problematisch und wirtschaftlich fast nicht mehr durchführbar, so die Befürchtung.

Batterien aus Elektrozaun geklaut

Um das zu verhindern, hat der Kreis bisher rund 115 Kilometer Elektrozaun aufgebaut. So könnten zumindest Wildschweine das Virus nicht mehr aus dem Infektionsgebiet in andere Regionen bringen.

Das funktioniere bisher gut, sagt Klaus Velbecker, Forstamtsleiter in Groß-Gerau. "Schweine sind noch nicht durchgebrochen, aber das Problem sind die Menschen, die Elektrozaungeräte oder Batterien klauen oder den Zaun durchschneiden. Das ist das Allerletzte." Die Kosten für die Schutzzäune werden aktuell durch das Land finanziert. 

Die Afrikanische Schweinepest war vor rund sechs Wochen erstmals bei einem Wildschwein im Kreis Groß-Gerau nachgewiesen worden. Für Wild- und Hausschweine ist die Viruserkrankung nicht heilbar und verläuft fast immer tödlich. Für Menschen und andere Tierarten ist sie laut Bundesagrarministerium ungefährlich. Bislang sind acht Landwirte mit Schweinehaltung von der Seuche betroffen, alle im Kreis Groß-Gerau.

Infizierte Wilschweine wurde allerdings auch an der Bergstraße und im Kreis Darmstadt-Dieburg gefunden. Die Sperrzone, in der beispielsweise eine Leinenpflicht gilt und die Wege in Waldstücken nicht verlassen werden dürfen, soll deswegen ausgeweitet werden.