Außenansicht Gebäude Landgericht Hanau (Archivbild)

Hessen Vater des Hanau-Attentäters zu Geldstrafe von über 20.000 Euro verurteilt

Stand: 31.10.2024 12:11 Uhr

Der Vater des Hanau-Attentäters ist unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Er muss eine hohe Geldstrafe zahlen. Nach Ansicht des Gerichts teilt der 77-Jährige die rassistischen Ansichten seines Sohnes.

Der Vater des Hanau-Attentäters ist am Donnerstag vom Amtsgericht Hanau zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt worden - das sind 21.600 Euro in Summe.

Verurteilt wurde Hans-Gerd R., der am Donnerstag nicht vor Gericht anwesend war, in dem Sammelverfahren wegen Beleidigung, übler Nachrede, Volksverhetzung und Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz.

Fall landet wohl vor nächster Instanz

Beendet ist der Fall damit aber aller Voraussicht nach nicht: Sowohl die Verteidigung als auch die Nebenklage, die eine Angehörige eines Anschlagsopfers vertritt, kündigten am Donnerstag an, Rechtsmittel einlegen zu wollen.

Die Nebenklage hatte am Montag bei den Pläydoyers eine Haftstrafe von eineinhalb Jahren ohne Bewährung gefordert, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Mit dem Strafmaß blieb das Amtsgericht etwas unterhalb des Antrags der Staatsanwaltschaft, die eine höhere Geldstrafe gefordert hatte.

Richterin: Vater führt "Vermächtnis" fort

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der 77-Jährige trotz Verbots mehrmals dem Haus einer Angehörigen eines Anschlagsopfers genähert haben soll, die in seiner Nähe wohnt.

Außerdem soll er weitere Hinterbliebene sowie Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) beleidigt haben. Die Vorsitzende Richterin sagte in der Urteilsbegründung, der Angeklagte Hans-Gerd R. teile die gleichen rassistischen Ansichten wie sein Sohn. Sie schloss sich der Einschätzung der psychiatrischen Gutachterin an, dass der Angeklagte das "Vermächtnis seines Sohnes" fortführe.

Wahnhafte Störungen, aber voll schuldfähig

Die Gutachterin hatte dem Angeklagten Züge von Querulantentum, aber volle Schuldfähigkeit bescheinigt. Der 77-Jährige habe zwei wahnhafte Störungen, seine Einsicht- und Steuerungsfähigkeit sei aber bei sämtlichen Taten vorhanden gewesen, erklärte die Richterin. Eine Schizophrenie liege, anders als bei seinem Sohn, nicht vor. 

Den Angeklagten "wegzusperren" wäre zwar bequem, aber nicht angebracht. Er sei nicht gewalttätig, sagte sie. Der 77-Jährige werde vermutlich mit seinen Taten nicht aufhören. Das sei aber "etwas, was die Gesellschaft ertragen muss".

Angeklagten ins Gericht getragen

Der Prozess war Mitte September mit Verzögerung gestartet: Zum ersten Verhandlungstermin erschien der Angeklagte gar nicht erst, zum zweiten Termin musste Hans-Gerd R. von Polizisten zum Gericht gefahren und in den Saal getragen werden.

Die Beamten hatten sich dann über die Terrasse Zugang zum Haus verschaffen müssen, weil der Angeklagte die Tür nicht geöffnet hatte. Er argumentierte mit Herzproblemen, ein Rettungswagen wurde gerufen - der Angeklagte lehnte eine Behandlung allerdings ab. Die Verhandlung verfolgte er dann später auf dem Boden liegend.

Taten zwischen 2021 und 2023

Der damals 43 Jahre alte Sohn des nun Verurteilten hatte am 19. Februar 2020 neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen und anschließend seine Mutter und sich selbst getötet.

Für den Prozess gegen Hans-Gerd R. waren drei Anklagen und sechs Strafbefehle zusammengefasst worden, darunter Hausfriedensbruch, Beleidigung, Bedrohung, Nötigung, Volksverhetzung, Störung des öffentlichen Friedens und Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz. Die mutmaßlichen Tatzeiträume erstrecken sich den Angaben zufolge vom 13. Januar 2021 bis zum 10. Juli 2023.

Mehrfach zu Geldstrafen verurteilt

Der Vater des Hanau-Attentäters wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach zu Geldstrafen verurteilt. Hans-Gerd R. hatte sich nicht an die Anordnung gehalten, sich den Häusern nicht zu nähern, in denen die Angehörigen der Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau wohnen. Mehrfach soll er diese provoziert und beleidigt haben.

Trotz eines Annäherungsverbots hatte er sich der Mutter eines Opfers des Anschlags genähert. Zudem fühlten sich Hinterbliebene der Anschlags-Opfer von ihm bedroht. Zwischenzeitlich kam er auch in Polizeigewahrsam.