Hessen Winterdepression: Licht tanken gegen das Stimmungstief
Wenn es draußen früh dunkel wird, schlägt das vielen Menschen auf die Stimmung. Was hilft: Rausgehen und in die Höhe steigen oder eine spezielle Lampe anschaffen.
Gerade einmal vier Uhr nachmittags - und schon wird es allmählich dunkel vor dem Fenster. Die kurzen Tage drücken vielen Menschen auf die Stimmung.
Das habe neurobiologische Gründe, erklärt Martin Ohlmeier, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Kassel. Wenn demnach in den Wintermonaten weniger Licht auf die Netzhaut im Auge fällt, schüttet der Körper mehr vom Schlafhormon Melatonin aus, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert.
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Weniger Glückshormone im Körper
Das mache nicht nur müde: "Es kommt zu einem Abfall des Serotoninspiegels", so Ohlmeier. Serotonin ist der Botenstoff, der auch gerne als "Glückshormon" bezeichnet wird. Ist davon zu wenig da, kann der Lichtmangel bis zu einer Winterdepression führen.
Anders als andere Formen der Depression tritt sie in Abhängigkeit von der Jahreszeit auf. "Mit anderen Worten: Immer, wenn es Herbst wird - November, Dezember - werden die Betroffenen depressiv", erklärt Ohlmeier.
Antriebslosigkeit und Appetit auf Süßes
Die sogenannte saisonale Depression teilt sich viele Symptome mit einer "normalen" Depression: Betroffene können sich antriebslos fühlen, können sich nicht mehr über Dinge freuen oder haben Probleme beim Ein- und Durchschlafen.
Nicht jeder Mensch, der in den Wintermonaten etwas müder oder schlechter gelaunt ist, leidet allerdings automatisch an einer Depression. "Es gibt sehr viele Menschen, die ganz allgemein depressive Stimmungen kennen, wenn es Herbst und Winter wird", sagt Ohlmeier. Die Übergänge seien fließend.
Von einer Erkrankung könne man dann sprechen, wenn die depressiven Gefühle so einnehmend sind, dass die Funktionsfähigkeit reduziert sei und der oder die Betroffene darunter leide.
Die Sonne in der Höhe suchen
Zu wenig Tageslicht kann also zum Problem werden. Doch die Sonnenstunden sind im Winter rar - und selbst innerhalb Hessens nicht ganz fair aufgeteilt. "Je weiter man nach Süden kommt, desto mehr Sonnenschein gibt es im ganzjährigen klimatologischen Mittel", sagt Meteorologe Thomas Kesseler-Lauterkorn vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Ein Grund könnte demnach sein, dass in der Nordhälfte des Bundeslandes eher mal Tiefdruckgebiete unterwegs sind.
Wer sich auf die Jagd nach der Wintersonne machen will, hat die besten Chancen in der Höhe, sagt Kesseler-Lauterkorn. Denn im Winter halte sich bei ruhigem Hochdruckwetter gerne mal Nebel oder Hochnebel in den Flusstälern. Dort bleibt es grau – doch darüber kann blauer Himmel liegen.
Ein Grund also für Ausflüge zu den Kuppel-Lagen der hessischen Mittelgebirge, etwa in den Taunus oder den Vogelsberg. "Je höher, desto eher die Chance auf Sonne."
Mittagspause draußen verbringen oder spezielle Lichtstrahler nutzen
Doch es muss nicht immer gleich die lange Wanderung zum Gipfel sein. "Man kann auch damit ansetzen, dass man in der Mittagspause mal rausgeht, um das schwächere Licht des Winterhalbjahres trotzdem maximal zu nutzen", sagt Winfried Rief, Professor für klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität in Marburg. Gegen das Stimmungstief im Winter helfe es, sich draußen möglichst viel Tageslicht auszusetzen und dabei am besten zu bewegen.
"Das Licht, das auch ohne Sonnenschein da ist, mitnehmen plus den Körper in einen Aktivitätszustand versetzen", rät er. "Das sind die einfachsten Antidepressiva, die wir kennen."
Betroffenen einer Winterdepression helfe außerdem häufig eine Lichttherapie. "Da gibt es spezielle Lichtstrahler, die sehr helles Licht zum Beispiel auf das Gesicht strahlen", so Rief. Diese Tageslichtlampen gebe es auch für zu Hause. Ein solches Gerät sollte eine Lichtstärke von 10.000 Lux haben, ergänzt Martin Ohlmeier. Um der hormonellen Regelung der Tages- und Nachtabläufe unter die Arme zu greifen, sollte die Lichttherapie am besten morgens für 30 bis 60 Minuten gemacht werden.