Eine Frau hält einen Wiedehopf in der Hand, um ihm einen Logger anzuziehen.

Mecklenburg-Vorpommern Mini-Rucksack für die Wissenschaft: Wiedehopfe bekommen Logger

Stand: 29.06.2024 18:22 Uhr

Im Süden Mecklenburgs brüten Wiedehopfe wieder verlässlich. Vogelschützer haben ihnen dort spezielle Brutkästen gebaut. Für ein Forschungsprojekt statten sie nun einige Vögel mit Loggern aus.  

Von Birgit Schröter

Sabine Menke hält ein kleines Leinen-Säckchen sorgsam in ihren Händen. Das Wiedehopf-Weibchen darin hat sie gerade aus dem Nistkasten am Waldrand entnommen. Kerstin Bull packt inzwischen auf der Heide aus, was sie nun brauchen. Menke hält den Wiedehopf sanft in beiden Händen. Zu zweit bringen die ehrenamtlichen Naturschützerinnen den winzigen Sensor auf dem Rücken des Vogels an. Schmale Bänder halten ihn wie ein Zaumzeug. "Der wird dann wie ein Rucksack getragen", erklärt Bull. Der Sensor wiegt knapp eineinhalb Gramm, das sind gut zwei Prozent des Körpergewichtes eines Wiedehopfes.

Daten sammeln auf der Flugroute

Auch Dörthe Kemper gehört zur Naturschutzgruppe Plau am See und kümmert sich um die Wiedehopfe in der Retzower Heide. "Die Logger sind Miniatur-Multisensor-Logger," ergänzt sie. "Sie können nur messen und speichern. Die senden nicht, die empfangen nicht. Man muss deshalb den Vogel wiederfinden. Dann kann man die Daten auswerten." 

Eine Frau hält einen Wiedehopf in der Hand, um ihm einen Logger anzuziehen.

Die Sensoren, die die Wiedehopfe wie Rucksäcke tragen, wiegen rund eineinhalb Gramm - zwei Prozent ihres Körpergewichtes.

Der Logger speichert Daten über die Lichtintensität, den Luftdruck und wie aktiv der Vogel in regelmäßigen Intervallen war. Daraus lassen sich Informationen zu seinem Flug ins Winterquartier gewinnen. "Beispielsweise in welchen Phasen und in welcher Höhe er nach Afrika fliegt. Aus den Luftdruck-Daten lässt sich auch die Flugroute bestimmen. Manche Tiere fliegen über den Balkan, manche über Mallorca und andere über Korsika in ihr Winterquartier." 

Forschungsprojekt zum Zugverhalten der Wiedehopfe

Drei Jahre lang gehören die Wiedehopfe der Retzower Heide zu einem Forschungsprojekt der Schweizer Vogelwarte Sempach und der Universität Greifswald. Die Wissenschaftler möchten mehr über das Zugverhalten der Vögel wissen. Zehn Weibchen bekamen im vergangenen Jahr einen Logger. Auch für diese Saison sind nun alle zehn Sensoren verteilt. Die Vogelschützer nutzen dafür die frühe Brutzeit der Wiedehopfe. Dann sind die weiblichen Altvögel noch oft auf ihrem Gelege. Später fliegen sie öfter aus und füttern mit den Männchen die Jungtiere. 

Nisthilfen haben sich bewährt

Nach wenigen Minuten trägt Menke das Weibchen in den Brutkasten zurück. Das Flugloch hat sie zuvor mit einem Handtuch verschlossen. Durch die Schwingtür an der Seite setzt sie den Vogel wieder ein. "Sie muss sich ja nun wieder kümmern. Wir hoffen natürlich, dass der Brut nichts passiert. Den Kasten verschließe ich jetzt wieder. Die Verdunkelung lasse ich noch einen Moment dran, damit das Weibchen nicht vor Angst gleich den Kasten verlässt." 

ein großer Nistkasten an einem Baum, der in der Retzower Heide von Wiedehopfen genutzt wird

Wiedehopfe bauen ihre Nester nicht selbst. Nistkästen nehmen sie gerne an, wenn sie in der Umgebung genügend Nahrung finden.

Acht Jungvögel hat dieses Gelege. 26 Bruten haben die Vogelschützer in diesem Jahr bereits gefunden. Gut doppelt so viele wie zu Beginn ihrer Arbeit, erzählt Dörthe Kemper. "Der Trend ist positiv. Durch die Nistkästen können wir den Wiedehopfen helfen. Denn tatsächlich haben sie Wohnungsnot. Sie bauen kein Nest. Sie suchen sich einfach eine Höhle und wenn man ihnen Nisthilfen anbietet, nehmen sie die gut an. Das aber nur in Gebieten, wo sie auch Nahrung finden."

Heide-Landschaft bietet guten Lebensraum

Beides haben sie hier. Der frühere Truppenübungsplatz ist heute als Naturschutzgebiet "Marienfließ" streng geschützt. Die offene Heide-Landschaft mit Magerrasen wird erhalten. Dafür werden Bäume und Sträucher regelmäßig beräumt. Deshalb findet der Wiedehopf hier seltene Großinsekten wie Heuschrecken, Feldgrillen und Raupen. 

Heidelandschaft im Naturschutzgebiet "Marienfließ"

Von der Retzower Heide aus fliegen manche Wiedehopfe über den Balkan, manche über Mallorca und andere über Korsika in ihr Winterquartier. Die Flugdaten will das Forschungsteam auswerten.

Seine "Wohnung" kann sich der Wiedehopf mittlerweile aussuchen. 68 Nisthilfen hat die Naturschutzgruppe in der Retzower Heide verteilt und kontrolliert sie im Sommer alle zwei Wochen. Bull fährt ihren Geländewagen noch einige Kilometer über die Heide. Sie will weitere Jungtiere beringen. Im Kasten Nummer 37 sind fünf Wiedehopfe nun groß genug dafür. Mit geübtem Griff bekommen alle Jungvögel einen Ring um den Fuß. Die Zahlen-Buchstaben-Kombination darauf ist nun eine Art Personalausweis für jeden Vogel. Bull ist zufrieden, als sie den Kasten verschließt. "Sie sind alle mobil und gut genährt. Die werden wohl alle ausfliegen."

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Landfunk | 30.06.2024 | 12:00 Uhr