Mecklenburg-Vorpommern Mit dem Berufswahlparcours eigene Stärken und Interessen entdecken
Die eigenen Stärken entdecken, Orientierungs- und Entscheidungshilfen bei der Berufs- und Lebensplanung bieten, außerdem realisierbare Zukunftsperspektiven entwickeln - das alles soll der "Learn about skills"- Berufswahlparcours leisten. Das Projekt des Bildungsministeriums MV und der Arbeitsagentur ist im ganzen Land unterwegs. Zuletzt in Stralsund.
"Lesen?" - "Nein!" - "Einkaufszettel schreiben?" - "Nein." - "Im Restaurant etwas bestellen?" - "Richtig!" Die 8. Klasse aus Göhren ist heute nicht in der Schule, sondern in der Tennishalle vom Hansedom Stralsund. Dort nehmen Leon, Johanna und ihre Mitschüler am "Learn about skills"-Berufswahlparcours teil. Aufgabe an der ersten Station war, Alltagssituationen pantomimisch darzustellen. Mit dem Projekt von Bildungsministerium und Arbeitsagentur sollen Schüler spielerisch herausfinden, in welche berufliche Richtung es später einmal für sie gehen soll. Leon hat sich schon Gedanken gemacht: "Ein großer Wunschberuf wäre Automechatroniker, was ich hoffentlich mit einem guten Abschluss schaffen werde." Johanna ist da noch nicht so weit: "Ich hab mir schon sehr lange Gedanken gemacht, aber eigentlich hab ich noch nichts so richtig gefunden als Traumberuf."
Parcours soll bei Berufswahl und Lebensplanung helfen
Die nächste Station heißt "Sturmfreie Bude". Die Eltern waren nicht zu Hause, alles ist verwüstet. Die Schülerinnen und Schüler sollen jetzt klar Schiff machen. Leon und zwei andere Jungs reparieren die Spüle, Johanna und ihre Freundinnen haben sich für die Küche entschieden. Für unangekündigten Besuch sollen sie dekorieren, den Tisch decken und zwei Gerichte zaubern. Beim Parcours geht es nicht nur um die Berufswahl, sondern auch um Lebensplanung, sagt Projektmanagerin Jette Langner. Es soll Spaß machen und zum Nachdenken anregen. "Der Hintergrund ist, dass wir Jugendliche stärkenorientiert begleiten wollen. Mit Ansätzen der positiven Psychologie nehmen wir Jugendliche mit auf eine Reise und wir möchten, dass die Jugendlichen sich handlungsorientiert auseinandersetzen." Die jungen Leute sollen also in dem bestärkt werden, was sie schon gut können. Aber Stärken können sich verändern, sagt Jette Langner. "Und das ist auch eine Kompetenz für die Zukunft, sich an eine täglich ändernde Umwelt anzupassen."
Leon (rechts), Johanna (mitte) und eine Mitschülerin spielen eine Szene aus einem Restaurant nach.
Jeder vierte Azubi bricht die Ausbildung ab
Fast ein Viertel der Azubis bricht die angefangene Ausbildung ab oder wechselt, sagt Christian Glaser von der Arbeitsagentur Stralsund. Das könne am Stress mit dem Chef liegen, an der familiären Situation oder am langen Arbeitsweg. Dinge, die von außen selten zu beeinflussen sind. "Was man beeinflussen kann, ist tatsächlich der richtige Job, der zu den Fähigkeiten, zu den Interessen passt. Da kann man sich rechtzeitig informieren und da die rechtzeitige Entscheidung treffen. Und dafür ist als erster Schritt der heutige Berufswahlparcours da." Seit Jahren sei es immer wieder so, dass es mehr Ausbildungsplätze als Bewerber gibt. Im Arbeitsagenturbereich Stralsund kommen zum Beispiel auf 1.400 Ausbildungsstellen nur rund 840 Bewerber. Mit Aktionen wie dieser wollen die Arbeitsagenturen helfen, dass wenigstens möglichst passgenau vermittelt werden kann.
Zukunft mit Familie, Freunden und Fußball
Für Johanna und Leon geht es an der Station "Zukunftstunnel" weiter. Dabei geht es um die Zukunftsplanung ganz allgemein. Wo sehen sich die Jugendlichen in zehn Jahren? "Ich will auf jeden Fall eine Familie gründen", sagt Johanna. "Und hoffentlich werde ich später gut mit Geld umgehen können. Das ist wichtig." Auch Leon hat konkrete Vorstellungen: "Meine Zukunft soll auf jeden Fall gestaltet sein mit Freunden. Dann noch ein Haus und Fußball, das macht mir Spaß." Am liebsten würde er in der Nähe bleiben. Aber wenn er sich woanders wohlfühlt, könnte das Haus auch ruhig weiter weg sein.
Im "Zukunftstunnel" sprechen Leon (ganz links) und Johanna (ganz rechts) darüber, wo sie sich selbst in zehn Jahren sehen.
Stärkepunkte geben die Richtung vor
An jeder Station gab es bestimmte Stärkepunkte. Die können die Schüler dann auszählen und sehen, worin sie am besten sind. Für Leon hat sich alles bestätigt: "Ich bleibe tatsächlich bei meinem Traumberuf. Richtig geändert hat sich bei mir nichts." Johanna wusste vorher noch nicht so genau Bescheid. Und jetzt? "Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich in den Bereich Menschen helfen und Tiere gehe. Ich mag Tiere sehr gerne. Auch, sie zu verpflegen. Und Menschen zu helfen macht mir auch Spaß und erfüllt mich." Der Berufswahlparcours wird durch die Arbeitsagenturen überall in Deutschland angeboten. In Mecklenburg-Vorpommern nehmen 240 Schulen mit ihren siebten und achten Klassen teil. Zur Zeit ist er in Greifswald aufgebaut. Im kommenden Jahr folgen Neubrandenburg, Wismar und Rostock.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | 11.12.2024 | 16:10 Uhr