Ralf Gesatzky guckt sich den ältesten Holzbalken MVs von 1026 an.

Mecklenburg-Vorpommern Sensationsfund bei Grevesmühlen: Holzbalken aus dem Jahr 1026

Stand: 18.10.2024 15:44 Uhr

In einer Kirche nahe Grevesmühlen sind die bisher ältesten nachgewiesenen Balken gefunden worden, die in einem Bauwerk in MV noch ihre Funktion erfüllen. Der Fund wurde bei Voruntersuchungen für Sanierungsarbeiten entdeckt.

Von Jolien Wagner

Die Kirche in Kirch Mummendorf (Landkreis Nordwestmecklenburg) stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Die drei Balkenstücke, die in dem Dach verbaut wurden, sind noch 200 Jahre älter - das Älteste stammt aus dem Jahr 1026, die anderen beiden aus 1059 und 1068. Experten zufolge ist das eine Sensation.

150 Jahre jüngere Balken in Gadebusch

Die bisher ältesten Balken, die in MV in einem Bauwerk nachgewiesen werden konnten, sind aus dem Jahr 1170 und damit rund 150 Jahre jünger. Sie befinden sich im Dachwerk der evangelischen Stadtkirche St. Jakobus und St. Dionysius in Gadebusch (Landkreis Nordwestmecklenburg). Die Balken unterscheiden sich aber noch in einem anderen Punkt: Die in Gadebusch sind noch immer an ihrer ursprünglichen Stelle. Der neue Fund in Kirch Mummendorf wurde hingegen bereits in mindestens einem, wahrscheinlich aber sogar in mehreren hölzernen Vorgängerbauten verwendet und wurde erst später in der frühgotischen Backsteinkirche verarbeitet.

Förderkreis sorgt für Erhalt mittelalterlicher Kirchen

Um den Erhalt der Kirche in Kirch Mummendorf kümmert sich der Kirchenkreis der Gemeinde. Er wurde 2022 gegründet und hat mittlerweile 53 Mitglieder. Die Kirchengemeinde Roggenstorf, zu der auch Kirch Mummendorf gehört, hat insgesamt sieben mittelalterliche Kirchen, die es zu erhalten gilt. Ziel ist es eigenen Angaben zufolge, die Kirchen zu sanieren und wieder zu einem Mittelpunkt der umliegenden Dörfer zu machen - auch mit kulturellen Angeboten.

Ralf Gesatzky (r.) übergibt seinen Untersuchungsbericht an Franziska Czygan und Chris Böhler vom Förderkreis der Kirche von Kirch Mummendorf.

Ralf Gesatzky (r.) übergibt seinen Untersuchungsbericht an Franziska Czygan und Chris Böhler vom Kirchen-Förderkreis.

Alter des Holzes mit spezieller Methode ermittelt

Der Untersuchungsbescheid hat Bauforscher Ralf Gesatzky übergeben. Er hatte im Zuge von Bauuntersuchungen Bohrproben aus der Kirche entnommen. Diese sind am Deutschen Archäologischen Institut von Experten untersucht worden. Das Alter des Holzes konnte dort mit einer speziellen Methode ermittelt werden: "Diese Methode vergleicht die Stärke von Jahresringen im Holz, die je nach Witterung unterschiedlich ausfällt, mit einer Stück für Stück in die Vergangenheit erweiterten Standardkurve der Jahresringe einer Region", erklärt der Bauhistoriker.

Forschungen reichen bis 3.000 Jahre vor Christus zurück

Gesatzky sagt, diese Vergleichsmöglichkeit reiche für Norddeutschland inzwischen bis etwa 3.000 Jahre vor Christus zurück. Auf diese Weise sei es möglich, exakt das Jahr zu bestimmen, in dem der Baum gefällt wurde, aus dem dann wiederum der Balken gemacht wurde. Darüber hinaus könne man Rückschlüsse auf geschichtliche Ereignisse ziehen. Als Beispiel nennt er einen Aufstand von 1066, bei dem kirchliche Infrastrukturen zerstört worden waren.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 18.10.2024 | 13:00 Uhr