Mecklenburg-Vorpommern Tourismusverband MV verlässt "Twitter"-Nachfolger "X"
Der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern hat das Kurznachrichtenportal "X" des US-amerikanischen Milliardärs und Trump-Vertrauten Elon Musk verlassen - wegen fragwürdiger Inhalte. Auch eine SPD-Spitzenpolitikerin geht.
Nach fast 15 Jahren ist Schluss: Für den Tourismusverband gebe es andere Plattformen. Informationen oder Werbemaßnahmen ließen sich passender beispielsweise bei "Instagram" oder "LinkedIn" verbreiten, so Verbandsgeschäftsführer Tobias Woitendorf im Gespräch mit dem NDR. Das gelte auch für den Austausch mit Interessierten. "X" - vormals "Twitter" - sei wegen fragwürdiger Inhalte keine geeignete Kommunikationsplattform mehr. "Man möchte in einem faktenbasierten Umfeld arbeiten, das ist bei "X" immer weniger der Fall", sagte Woitendorf. Außerdem sei die Plattform bei der Verbreitung der Beiträge zu undurchsichtig geworden. Zuletzt hatte der Tourismusverband dort rund 5.000 Follower. Er weist sie in seinem letzten "X"-Post auf seine Internetseite und den "Youtube"-Kanal hin.
Auch Nordkirche zieht sich zurück
Aus ähnlichem Grund hatte vor gut einem Monat schon die evangelische Nordkirche "X" "schweren Herzens" verlassen. Ihr letzter Post lautete: "Seid behütet und von Gott getragen". Zeitgleich verabschiedete sich auch der Fußball-Drittligist FC Hansa Rostock. "Wir sind raus", hieß in einem letzten Post. Erst vor einer Woche kehrte auch die SPD-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Reem Alabali-Radovan, der Plattform des Tech-Milliardärs Musk den Rücken. "X" verbreite absichtlich hetzerische und extreme Inhalte. Das vergifte die politische Debatte, erklärte die 34-Jährige Staatsministerin für Integration im Bundeskanzleramt, die auch Vizechefin der SPD in Mecklenburg-Vorpommern ist.
SPD-Vize verlässt "X", Schwesig bleibt
Alabali-Radovans Landesverband ist dagegen weiter bei "X" aktiv. Auch die SPD-Landesvorsitzende, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, will das Portal weiter nutzen, "um die Bürgerinnen und Bürger über ihre Arbeit zu informieren". Das teilte die Staatskanzlei auf NDR Anfrage mit. Es sei richtig, sich mit der Vorgehensweise von "X" kritisch auseinanderzusetzen, erklärte Schwesig, es gehe auch darum, sachliche Informationen entgegenzusetzen. Am Ende müsse "jeder für sich selbst entscheiden". Die Regierungschefin hat knapp 165.000 Follower.
Arbeitgeber: "X" passt nicht zu unseren Werten
Die Entscheidung hatte als einer der ersten Institutionen in Mecklenburg-Vorpommern der Arbeitgeberverband schon im vergangenen August getroffen. Die Vereinigung der Unternehmensverbände (VU) begründete ihr Absage an das Musk-Portal eindeutig: Der Respekt vor abweichenden Meinungen und ein fairer Austausch miteinander seien für die VU "unabdingbar", genauso wie der wertschätzende Umgang mit Unternehmen und Gewerkschaften, Politik und Presse. Sven Müller, Vize-Hauptgeschäftsführer der VU sagte: " Die zunehmend radikale Einstellung und Kommunikation des Eigentümers von "X" passt nicht zu unseren Werten. Die Grenze des Duldbaren ist erreicht."
Appell aus der Bundespolitik
Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, hatte die Bundesregierung zuletzt aufgefordert, "X" zu verlassen. Die Regierenden würden die Plattform durch ihre Präsenz aufwerten, sagte sie im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Dabei sei "X" "eigentlich ein politisches Machtbeeinflussungsinstrument des reichsten Mannes der Welt geworden". Die Algorithmen befeuerten und unterstützten rechtsextreme Äußerungen.
Scholz hält "X" trotz Musk-Attacken die Treue
Zuletzt hatten Angriffe des "X"-Betreibers Musk auf deutsche Politiker die Debatte über den Umgang mit der Plattform befeuert. Musk nannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf "X" einen "antidemokratischen Tyrannen" und bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Bruch der Ampel-Koalition als "Narr". Gleichzeitig verbreitete er offene Wahlwerbung für die in Teilen rechtsextreme AfD. Anfang der Woche erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit, der Schaden bei einem Rückzug von der Plattform wäre größer als der Nutzen. Man nehme die Kritik wahr, "gleichzeitig sagen wir aber: Wir müssen dahin, wo Menschen nach Informationen suchen".
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NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 09.01.2025 | 07:00 Uhr