Das Zentralgebäude der Leuphana Universität in Lüneburg.

Niedersachsen Wegen Protesten: Leuphana Universität sagt Festakt ab

Stand: 03.07.2024 06:52 Uhr

Der Festtag zum Abschluss des akademischen Jahres fällt an der Leuphana Universität in Lüneburg in diesem Jahr aus. Eingeladen waren auch AfD-Politiker. Das hatten Studierende scharf kritisiert.

Der sogenannte dies academicus sollte am Mittwoch an der Leuphana Universität in Lüneburg gefeiert werden. Eingeladen waren die AfD-Landtagsabgeordnete Jessica Schülke - die den Vorsitz des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur inne hat - und der niedersächsische AfD-Bundestagsabgeordnete Frank Rinck. Sie hatten ihr Kommen bestätigt. Daraufhin hatten Studierende protestiert und eine Kundgebung angemeldet.

Universität will in öffentlichen Diskurs gehen

Die Universität war nach Angaben von Präsident Sascha Spoun von den Sicherheitsbehörden über die angekündigten Proteste informiert worden. Die Absage der Veranstaltung begründete Spoun im Interview mit NDR Niedersachsen auch mit Sicherheitsaspekten. Die angekündigten Demonstrationen "hätten es nicht mehr erlaubt, einen Festakt, wie er geplant war in der dafür vorgesehen Form durchzuführen", so Spoun. Die Universität wolle daher demnächst zu einem offenen Meinungsaustausch einladen. "Das ist Aufgabe von Universitäten: Einen Diskursraum anzubieten, Fragen zu klären und das ist das, was wir jetzt machen werden", so Spoun. Es habe intern viele Diskussionen gegeben.

Bundestag debattiert über Meinungsfreiheit an Hochschulen

Ministerium: "Protest ist Teil der Demokratie"

Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) ist verantwortlich für die Hochschulen. Er sagte im Gespräch mit NDR Niedersachsen, die Hochschulen seien selbst dafür verantwortlich, wie sie ihre Veranstaltungen durchführen und wen sie einladen. Die Leuphana-Universität werde ihre Schlüsse daraus ziehen, wie in Zukunft die Einladungslisten gestaltet werden. Die konkrete Veranstaltung sei vor dem Hintergrund von Sicherheitsbedenken abgesagt worden. Das müsse immer im Einzelfall beurteilt werden. "Protest ist Teil einer Demokratie und man muss Protest umgehen - genauso muss man aber eben auch Diskurs aushalten können und Diskurs annehmen", sagte er dem NDR Niedersachsen am Dienstag.

AStA teilt Sicherheitsbedenken nicht

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Leuphana Universität kritisierte die Absage der Veranstaltung. "Wir hatten schon das Gefühl, dass die Uni sich es sehr leicht gemacht hat. Dass das Präsidium jetzt einfach den Weg des geringsten Widerstands gegangen ist", sagte AStA-Sprecherin Josephine Kiecol. Die Absage wirke ängstlich und der AStA hätte sich eine Ausladung der eingeladenen AfD-Pateimitglieder durch die Uni gewünscht. Mögliche Sicherheitsbedenken durch die Kundgebung teile der AStA nicht - die Redebeiträge wären friedlich abgelaufen, so Kiecol.

Polizei war auf Demonstration vorbereitet

Auch seitens der Studierenden, die die Kundgebung angemeldet hatten, kam Kritik: "Wir sind empört, wie die Universität eine fabrizierte Sicherheitslage heranführt, anstatt Verantwortung für ihr Handeln und die Einladung der AfD-Repräsentanten zu übernehmen", heißt es in einer Mitteilung vom Dienstag. Ein Sprecher der Polizei in Lüneburg sagte NDR Niedersachsen, die Entscheidung, die Veranstaltung abzusagen, sei von der Universität getroffen worden. Man habe von der angemeldeten Demonstration gewusst und wäre vor Ort gewesen.

AfD-Abgeordnete Schülke hat Vorsitz im Wissenschaftsausschuss

Der Präsident der Leuphana Universität Lüneburg hatte zunächst in einem Schreiben, das dem NDR Niedersachsen vorliegt, argumentiert, es sei guter Brauch, die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses des Landtags zu wichtigen Veranstaltungen der Uni einzuladen. Dies geschehe ohne Ansehen der jeweiligen Parteizugehörigkeit und sei allein durch deren Funktion begründet. Vor dem Hintergrund, dass die AfD vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft wird, wolle die Leuphana Universität aber überdenken, wen sie künftig zu ihren Festen einlädt, so Spoun.

Einladung von AfD-Politiker war laut Uni "nicht notwendig"

Nach Angaben der Universität war auch der niedersächsische AfD-Bundestagsabgeordnete Frank Rinck eingeladen worden. Rinck sitzt im Bundestag im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft. Seine Einladung sei nicht an eine Position in der Wissenschaft gebunden gewesen, räumte der Universitätspräsident in dem Schreiben ein. "Insofern bestand für die Einladung keine Notwendigkeit", sagte Spoun. Der dies academicus ist eigentlich ein Festtag zum Abschluss des wissenschaftlichen Jahres der Universität. Dabei werden Preise für besondere Forschungsleistungen verliehen und Studierende geehrt. Die Feier soll den Angaben zufolge nachgeholt werden.

Studierende verhindern Vortrag von CDU-Abgeordneter in Göttingen

Vor zwei Wochen hatte es an der Uni Göttingen einen Protest gegeben. Dort hatte die CDU-Bundestagsabgeordnete Mareike Wulf einen Vortrag zum Thema Selbstbestimmungsgesetz gehalten. Währenddessen wurde sie von rund 200 Protestierenden gestört und beleidigt, sodass sie den Vortrag abbrechen und von der Polizei aus dem Gebäude begleitet werden musste.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 02.07.2024 | 19:30 Uhr