Polizisten in Lüneburg beim Einsatz in der Silvesternacht

Niedersachsen Silvester-Bilanz: Weniger Einsätze, erneut Gewalt gegen Einsatzkräfte

Stand: 02.01.2025 21:13 Uhr

In Niedersachsen ist die Zahl der Polizeieinsätze in der Silvesternacht im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Dennoch gab es wieder etliche Angriffe auf Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten.

Der Jahreswechsel sei in Niedersachsen weitgehend friedlich verlaufen - dieses Fazit zieht das niedersächsische Innenministerium. Dafür hätten auch die Vorbereitungen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten gesorgt. Für die Einsatzkräfte sei es dennoch eine einsatzreiche Nacht gewesen: "Wir mussten auch zu diesem Jahreswechsel leider erneut erleben, dass Einsatzkräfte unter anderem mit Böllern beworfen und teilweise leicht verletzt wurden", sagte Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD). Viele der Verdächtigen seien identifiziert worden. "Wer Einsatzkräfte angreift, greift uns alle an und muss die Konsequenzen seines gesellschaftsfeindlichen Handelns deutlich zu spüren bekommen", so Behrens. Insgesamt musste die Polizei in der Silvesternacht landesweit zu rund 1.500 Einsätzen ausrücken, wie das Innenministerium mitteilte. Zum Jahreswechsel 2023/2024 waren es demnach rund 2.700.

Silvesternacht hielt Polizei und Feuerwehr in Atem

Ver.di sieht Handlungsbedarf

Bereits am Neujahrsmorgen hatte die Gewerkschaft ver.di die Gewalt gegen Feuerwehr, Rettungsdienste und Polizei verurteilt. "Es ist unerträglich, dass Menschen, die für das Gemeinwohl tätig sind, immer wieder zum Ziel von Angriffen werden", sagte Gewerkschaftssekretärin Imke Hennemann-Kreikenbohm in Hannover. Diese Art von Gewalt dürfe keinesfalls als Berufsrisiko in Kauf genommen werden. Mario Kraatz, der Vorsitzende der Landesfachgruppe Feuerwehr Niedersachsen--Bremen, sagte: "Es besteht dringender Handlungsbedarf. Die Arbeitgeber müssen präventiv handeln und die Beschäftigten auf eskalierende Einsatzsituationen vorbereiten."

GdP-Landeschef spricht sich für Eilverfahren aus

Akuten Handlungsbedarf sieht auch Kevin Komolka, Vorsitzender der Polizei-Gewerkschaft GdP in Niedersachsen. Er fordert eine schnellere und konsequentere Bestrafung der Täter. "Ich würde mich für Eilverfahren mit Bereitschaftsstaatsanwälten und -richtern aussprechen", sagte Komolka dem NDR Niedersachsen. Solche Verfahren kamen etwa beim G20-Gipfel in Hamburg zum Einsatz. Auch ein generelles Böllerverbot in besonders betroffenen Stadtteilen hält der GdP-Landeschef für sinnvoll.

Hauptbahnhof Hannover: Festnahme nach Böllerwurf

Von Angriffen betroffen waren Einsatzkräfte aus allen Ecken Niedersachsens. Wie die Polizei in einer vorläufigen Bilanz mitteilte, hätten in Hannover mehrere Täter Beamte und Feuerwehrleute in mindestens drei Fällen mit Feuerwerk attackiert. Wenige Minuten nach Mitternacht nahmen Ermittler der Bundespolizei am Hauptbahnhof einen Mann fest, der die Beamten mit Pyrotechnik beworfen hatte. Gegen 0.35 Uhr attackierten Unbekannte Feuerwehrleute im Stadtteil Kronsberg mit Böllern und Raketen. Die Täter flüchteten unerkannt. Gegen 1.40 Uhr bewarf ein Mann im Rahmen einer Personenkontrolle im Stadtteil Mühlenberg Polizisten mit einer Glasflasche. Eine Beamtin erlitt leichte Verletzungen. Polizisten nahmen einen minderjährigen Verdächtigen fest.

Unbekannte attackieren Feuerwehr auf Anfahrt zu Einsatz

Auch in Garbsen (Region Hannover) haben Unbekannte die Feuerwehr mit Raketen angegriffen. Die Täter hätten die Feuerwehrleute auf der Anfahrt zu einem Containerbrand gezielt beschossen, teilte die Polizei Garbsen mit. Kurz nach Mitternacht nahmen Polizisten einen Jugendlichen fest, der Raketen in eine Personengruppe geschossen hat. Der 16-Jährige habe erheblichen Widerstand geleistet, hieß es.

Von Böller getroffen: Feuerwehrmann erleidet Knalltrauma

In Tostedt (Landkreis Harburg) waren Feuerwehrleute, die zu einem Mülltonnenbrand ausgerückt waren, Ziele von Angriffen. Während der Löscharbeiten bewarf ein Täter die Kräfte mit Feuerwerkskörpern. Ein Knallkörper traf einen Feuerwehrmann am Oberkörper. Er erlitt laut Polizei durch die Explosion ein Knalltrauma. Die Polizei nahm einen verdächtigen Mann fest. In Osterholz-Scharmbeck (Landkreis Osterholz) wollten Beamte kurz nach Mitternacht eine Gruppe von etwa 15 Personen kontrollieren. Einzelne bewarfen die Polizisten daraufhin mit Feuerwerkskörpern. Eine Person soll mit einer Schreckschusspistole gefeuert haben.

Massive Flaschen- und Böllerwürfe auf Polizisten - drei Verletzte

In Wolfsburg kam es trotz erhöhter Polizeipräsenz auf dem Wochenmarkt in Westhagen zu Ausschreitungen. Mindestens drei Polizisten erlitten bei den Übergriffen Verletzungen. Einer Meldung zufolge attackierten mehrere Personen gegen 0.45 Uhr die Beamtinnen und Beamten aus dem Pulk heraus massiv mit Flaschenwürfen und Feuerwerkskörpern. Die Polizei musste zusätzliche Kräfte hinzuziehen, um die auf etwa 150 Personen angewachsene Gruppe unter Kontrolle zu halten. Gegen 1.45 Uhr forderte die Einsatzleitung weitere Polizeikräfte an. Derweil schoben etwa 25 Personen Container zu einer Barrikade zusammen und zündeten diese an. Die Polizei musste die Löscharbeiten der Feuerwehr gegen weitere Angriffe absichern.

Mann verliert Augenlicht

In Oldenburg wurden in der Silvesternacht zwei Männer von pyrotechnischen Gegenständen im Gesicht getroffen. Ein 28-Jähriger habe dadurch das Augenlicht auf einem Auge verloren, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Ein 21-Jähriger sei bei einem zweiten Vorfall ebenfalls im Gesicht verletzt worden - laut Polizei wahrscheinlich durch eine Silvesterrakete. Es sei nicht sicher, ob bei dem Mann das Augenlicht erhalten werden könne, heißt es in einer Polizeimeldung. In beiden Fällen seien Ermittlungen unter anderem wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung eingeleitet worden. Ob es Unfälle oder mutwillige Taten waren, war zunächst unklar.

Knallkörper gegen Passanten und Busse

In Osnabrück haben kleinere Personengruppen gegen 20 Uhr im Bereich Johannisstraße und Neumarkt Busse und Passanten mit Silvesterfeuerwerk beschossen. Die Gruppen bekamen laut Polizei in der Folge stetig Zulauf. Gegen 23 Uhr seien mehrfach Knallkörper gegen Unbeteiligte und einen Polizeiwagen geflogen. Die Polizei kontrollierte mehrere Verdächtige und erteilte Platzverweise. Die Beamten nahmen einen 15-Jähriger, der sich einmischte und aggressiv gegenüber den Polizisten auftrat, mit auf die Wache.

Jugendgruppen bewerfen sich gegenseitig mit Pyrotechnik

In Bremerhaven war die Polizei vor allem im Stadtteil Leherheide präsent. Im Bereich des Justus-Leber-Platzes versammelten sich den Angaben zufolge mehrere Jugendgruppen, die sich gegenseitig mit Feuerwerkskörpern bewarfen. Unter anderem nahmen sie einen Einsatzwagen mit Feuerwerksraketen unter Beschuss. Die Polizei stellte bei Personenkontrollen diverse Pyrotechnik sicher.

Junge erleidet schwere Handverletzung

In Hannover hat es kurz nach 0 Uhr einen 14 Jahre alten Jugendlichen schwer erwischt. Der Junge habe beim "unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerkskörpern" schwere Verletzungen erlitten, teilte die Polizei am Neujahrsmorgen mit. Der Polizei zufolge habe der 14-Jährige im Stadtteil Mühlenberg durch eine Böllerexplosion Teile der rechten Hand verloren. Er kam in eine Klinik.

15- und 19-Jähriger mit Messer schwer verletzt

In Lingen (Landkreis Emsland) verletzte ein unbekannter Mann einen 15-Jährigen und einen 19-Jährigen mit einem Messer. Laut Polizei war der 19-Jährige mit dem Mann gegen 0.15 Uhr auf dem Marktplatz in Streit geraten. Der Unbekannte zog im Verlauf der Auseinandersetzung ein Messer und stach auf den jungen Mann ein. Als der Jugendliche dem Opfer zu Hilfe kam, verletzte der Täter diesen ebenfalls schwer. Beide Opfer schleppten sich in ein nahegelegenes Krankenhaus. Der Messerstecher flüchtete unerkannt vom Tatort.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 02.01.2025 | 19:30 Uhr