Zwei Hände halten eine andere Hand.

Niedersachsen "Letzte-Hilfe"-Kurs soll Umgang mit Sterbenden erleichtern

Stand: 11.12.2024 11:13 Uhr

Das "Kleine Einmaleins der Sterbebegleitung": Ein kompakter Kurs in Wunstorf vermittelt, was jeder wissen sollte, weil es jeden irgendwann betrifft. Es geht um Basiswissen, Handgriffe und darum, Ängste zu nehmen.

Von Christina Harland

In den Kursen von Heike Hendel und Margot Grewohl wird viel gelacht. Womöglich liegt es daran, dass das Sterben bei ihnen seinen Schrecken verliert, auch wenn der Abschied selbst häufig schwerfällt. Die beiden arbeiten ehrenamtlich beim Hospizdienst Dasein in Wunstorf (Region Hannover). "Letzte-Hilfe"- Kurse, wie sie sie anbieten, gibt es inzwischen überall in Deutschland. Und das Interesse wächst. Aus dem Konzept eines Palliativmediziners aus Schleswig-Holstein ist mittlerweile eine weltweite Bewegung geworden, der Hendel und Grewohl sich aus Überzeugung angeschlossen haben.

Letzte-Hilfe-Kurs: Das Sterben gehört zum Leben

Zehn Frauen sitzen an diesem Donnerstagabend in einem Wunstorfer Gemeindehaus. Einige arbeiten in der Pflege, andere berichten von kranken Angehörigen, die sie begleiten. In den folgenden vier Stunden erfahren sie von Hendel und Grewohl, wie man erkennt, dass der Prozess beginnt. Sie lernen über Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen, wie Leiden gelindert werden kann und wie Abschied gelingt. Nach diesem Muster werden die Inhalte des Kurses überall in Deutschland gelehrt.

Eine Gruppe nimmt an einem Letzte Hilfe Kurs teil.

Auch wenn es um ein ernstes Thema geht: in den Kursen wird auch viel gelacht, sagen die Kursleiterinnen Margot Grewohl und Heike Hendel.

"Wer zu uns kommt, soll mitnehmen, dass Sterben und auch der Tod ein Teil des Lebens ist. So wie der Erste-Hilfe-Kurs, den wir ja alle absolviert haben, um Leben zu retten, so wünschen wir uns, dass Menschen durch diesen Kurs mit dem Lebensende besser zurechtkommen, Unsicherheiten abbauen und erkennen, dass das ein Teil ist, den man durchaus bewältigen kann", sagt Hendel.

Begleitung beim Sterben: Haben wir verlernt, einander beizustehen?

Die beiden Frauen begleiten seit Jahren Sterbende und ihre Angehörige. Sie betonen: Häufig gehe es vor allem darum, da zu sein, das Sterben miteinander auszuhalten. Zugleich erlebten sie viel Unsicherheit und eine große Sprachlosigkeit. "Es ist viel Generationenwissen über das Sterben verloren gegangen", bedauert Margot Grewohl. "Wir möchten zeigen, dass man nicht unbedingt im Krankenhaus versterben muss, sondern auch im gewohnten Umfeld gehen kann, wo man in der Regel mehr Ruhe hat."

Heike Hende gibt letzte Hilfe Kurse in Wunstorf.

Das Sterben zuhause fällt oft leichter, sagt Heike Hende. In ihren Kursen wollen sie Angehörigen auch Unsicherheiten nehmen.

So vermitteln die Frauen Wissen, was körperlich geschieht, so etwa beim typischen Rasselatem, der - so beruhigt Hendel - kein Ringen um Luft sei.

Umfrage: Viele möchten am liebsten zu Hause sterben

Jeder zweite Deutsche gibt an, zu Hause sterben zu wollen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands aus dem Jahr 2022. Tatsächlich sterben der Erhebung zufolge 44 Prozent im Krankenhaus, 34 Prozent zu Hause, 13 Prozent in Alten- und Pflegeheimen und fünf Prozent in einem Hospiz.

Sterbebegleitung zu Hause - Leiden lindern

In ihrem Kurs erklären die Frauen, wie man mit Ängsten und Halluzinationen der Sterbenden umgeht und Halt gibt. Und sie zeigen, was Menschen praktisch tun können, wenn sie Nahestehende begleiten wollen. Dazu gehört die sanfte Mundpflege mit Getränken, die die Sterbenden lieben, eine Handmassage gegen Übelkeit oder Aromadüfte, die die Angst nehmen und das Loslassen erleichtern. Als sie von Schlagsahne und Salami zum Einfetten der Mundhöhle reden, müssen ihre Kursteilnehmenden schmunzeln. Das hatten sie nicht erwartet.

Margot Grewohl gibt Letzte-Hilfe-Kurse in Wunstorf.

Margot Grewohl gibt die Letzte-Hilfe-Kurse ehrenamtlich.

Rituale helfen beim Abschiednehmen

Und wenn der Moment des Todes gekommen ist, erzählen Heike Hendel und Margot Grewohl, sei es gut, Rituale zu kennen. Ein Gebet oder ein Gedicht zu sprechen oder die Aussegnung durch einen Seelsorger zu veranlassen und dazu Familie, Nachbarn und Freunde einzuladen: "Sie können den Leichnam 36 Stunden zu Hause behalten, bevor er von einem Bestatter abgeholt wird. Und Aufbahren und Abschied nehmen zu Hause ist ein sehr schönes Ritual," erklärt Hendel. Grewohl zeigt den Koffer ihres Vaters. In ihm bewahrt sie Andenken an ihn auf. Das half ihr beim Loslassen.