Ein sogenannter "Mikroplastikdetektiv" füllt eine Sandprobe aus einem Sammelrahmen in einen Metallbehälter um.

Niedersachsen "Mikroplastikdetektive": Bürger sammeln Sand für die Wissenschaft

Stand: 25.09.2024 20:13 Uhr

Wie viel Mikroplastik befindet sich an der Nord- und Ostseeküste? Das haben Forscher des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven in einer großangelegten Studie untersucht - unterstützt von zahlreichen Bürgern.

"Mikroplastikdetektive" heißt das sogenannte Citizen Science Projekt des Alfred-Wegener-Instituts (AWI). An 71 Sandstränden der deutschen Küsten hätten Bürgerinnen und Bürger 1.139 Proben genommen, teilte das AWI am Mittwoch mit. 2,2 Tonnen Sand seien so zusammengekommen, die von den Forschern im Labor in Bremerhaven dann getrocknet, gesiebt und auf Mikroplastik untersucht wurden.

Belastung durch Mikroplastik geringer als in anderen Studien

In der Studie fokussierten sich die Wissenschaftler auf größeres Mikroplastik mit einem Umfang von einem bis fünf Millimetern. Damit habe man eine Verunreinigung etwa mit kleineren Plastikteilchen aus der Luft ausschließen wollen, heißt es vom AWI. Das Ergebnis der Untersuchung veröffentlichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Frontiers in Environmental Science". 177 Proben enthielten demnach 260 Plastikpartikel - das entspricht im Durchschnitt etwa vier Plastikteilchen pro Quadratmeter. "Obwohl wir an 52 von 71 Stränden Plastik gefunden haben, war die Belastung durch großes Mikroplastik an der Nord- und Ostsee mengenmäßig geringer im Vergleich zu anderen Studien", teilte der Erstautor Bruno Walther mit.

Konzentration an kleinen Mikroplastikteilchen besonders hoch

Laut den Studienleitern spielte dabei offenbar die Größe der Mikroplastikteilchen eine Rolle: "Hätten wir kleinere Mikroplastikteilchen mit untersucht, wären wir sicherlich auf deutlich höhere Konzentrationen gekommen", so Co-Autorin Melanie Bergmann. In früheren AWI-Untersuchungen in der Nordsee und in der Arktis machten Teilchen, die kleiner als einen Millimeter sind, demnach mehr als 90 Prozent des gefundenen Mikroplastiks aus. Auch dass die Orte für die Probenentnahme zufällig ausgewählt wurden, ist laut AWI ein Grund für das Studienergebnis. Für andere Studien seien speziell Orte ausgewählt worden, wo sich gewöhnlich vermehrt Mikroplastik ansammelt - etwa dort, wo Wellen auf den Sand treffen und wo oft Muscheln, Algen und andere Meeresreste zu finden sind.

AWI: Erstmals vergleichbare Daten zur Plastikbelastung

Nach Angaben des AWI liefert die Studie erstmals vergleichbare Daten zur Plastikbelastung an der Nord- und Ostsee. Bislang wurden demnach nur einzelne Gegenden untersucht. Eine großräumige Untersuchung mit einheitlichen Methoden sei notwendig, um den Status quo zu kennen und den Erfolg politischer Maßnahmen zur Begrenzung der Plastikverschmutzung beurteilen zu können, so Bergmann. Forschungsergebnisse deuten demnach darauf hin, dass möglicherweise Gesetzesänderungen dazu geführt haben, dass in den vergangenen 25 Jahren weniger Plastiktüten auf dem Meeresboden in Nordwesteuropa gefunden wurden. "Wir brauchen strengere Vorgaben, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und verbindlich regeln, wie wir Plastik vermeiden, verringern und verwerten", fordert Bergmann.

Bürgerforschende "mit vollem Enthusiasmus" dabei

Das Projekt "Mikroplastikdetektive" werten die Forscher als Erfolg. "Wir waren überrascht, wie viele Bürgerforschende mit vollem Enthusiasmus mehrere Stunden am Strand verbrachten, um die Proben gewissenhaft zu sammeln, sie zu verpacken und zu versenden", sagte AWI-Forscher Walther. Das Projekt zeige den Wert von Monitoringprogrammen, die Laien für eine breite und zeitnahe Datenerhebung einbeziehen. 

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Niedersachsen 18.00 | 25.09.2024 | 18:00 Uhr