Ein Güterzug passiert eine Baustelle mit einem Schotterbett für neue Gleise.

Wichtige Güterverkehrsstrecke 80 Wochen gesperrt - Großbaustelle am Niederrhein

Stand: 01.11.2024 06:05 Uhr

Ab heute steht eine Langzeitbahnbaustelle am Niederrhein an. 80 Wochen lang wird die Strecke von Oberhausen über Emmerich bis in die Niederlande gar nicht oder nur eingeschränkt befahrbar sein.

Dass Baustellen den Bahnverkehr behindern, ist für Pendler und Reisende inzwischen fast Alltag. Was am Niederrhein ansteht, bezeichnet die Bahn als ein "noch nicht dagewesenes Bauvolumen". Ganze 80 Wochen lang wird die Strecke von Oberhausen im Ruhrgebiet über Emmerich bis in die Niederlande gar nicht oder nur eingeschränkt befahrbar sein. Die Langzeitbaustelle betrifft ab Freitag Pendler, Fernverkehr und die Industrie entlang der wichtigen Güterstrecke.

80 Wochen gesperrt: Heute startet Mega-Bahnbaustelle am Niederrhein

Die rund 73 Kilometer lange Strecke am Niederrhein ist ein Teilstück des europäischen Güterverkehrskorridors vom Nordseehafen Rotterdam bis nach Genua am Mittelmeer. In den 1990er Jahren beschlossen die beteiligten Länder Deutschland, Niederlande, Schweiz und Italien, die Strecke auszubauen und zu modernisieren - und so wichtige Wirtschaftsstandorte über die Schiene an die großen Seehäfen anzuschließen.

Die bislang nur zweigleisige Strecke mit zum Teil veralteter Technik hat jedoch ihre Leistungsgrenze längst erreicht. Die Niederlande haben ihren Abschnitt bereits 2007 fertiggestellt: Die 160 Kilometer lange Betuwe-Linie von Rotterdam zur deutschen Grenze gilt als eine der modernsten Güterverkehrsstrecken der Welt.

In Deutschland hängt der Ausbau im Vergleich zu den Nachbarländern massiv hinterher. Geplant ist, auf der Strecke durchgängig ein drittes Gleis zu bauen. Allein am Niederrhein sollen 47 Brücken erneuert werden. 38 neue Brücken sollen Bahnübergänge mit Schranken ersetzen. Außerdem wird die Technik auf den neuesten Stand gebracht und der Lärmschutz für die Anwohner verbessert.

Den ersten Spatenstich gab es schon im Januar 2017 - doch bis zuletzt fehlten immer noch einige Genehmigungen. Auch wenn 2026 der 80-wöchige Baumarathon abgeschlossen ist, werden die Arbeiten an der Strecke noch über viele Jahre weitergehen.

Eine besondere Herausforderung für Ingenieure und Bauarbeiter ist laut Deutscher Bahn die Überquerung des Wesel-Datteln-Kanals. Die bestehende Brücke soll nicht nur breiter, sondern auch 1,5 Meter höher werden, damit die immer größeren Schiffe auf der Bundeswasserstraße darunter durchpassen.

Weil schwere Güterzüge nicht mit starken Steigungen klarkommen, müssen die Gleise auf insgesamt drei Kilometern Länge zwischen Voerde und Wesel auf das neue Höhenniveau angepasst werden. Dafür müssen auch andere Brücken, Oberleitungen und der Bahnhof Voerde-Friedrichsfeld angehoben werden.

"Die Auswirkungen auf die Wirtschaft sowie auf tausende Pendlerinnen und Pendler in unserer Region werden massiv sein", sagt der Weseler Landrat Ingo Brohl (CDU). Jahrelang sei zu wenig in die Bahninfrastruktur investiert worden. "Jetzt sehen wir die Folgen dieser Versäumnisse." Die Bahn müsse sicherstellen, dass die Ersatzbusse während der Bauarbeiten verlässlich fahren, forderte er.

Seit vier Jahren gibt es immer wieder Streckensperrungen, teilweise mehrere Wochen lang. Doch die nun anstehende 80-wöchige Bauphase ist nochmal etwas völlig anderes. Etwa zwei Drittel der Zeit soll die Strecke immerhin eingleisig befahrbar sein, was aber trotzdem zu Einschränkungen führt.

In der übrigen Zeit wird der Abschnitt voll gesperrt - das erste Mal ab dem 1. November für gut drei Wochen.

Während der Vollsperrungen müssen Pendler im Nahverkehr auf den Linien RE5, RE8, RE13, RE19, RE44, RE49 auf Ersatzbusse umsteigen. Fernzüge zwischen Köln und den Niederlanden werden umgeleitet und brauchen dadurch länger.

Wie sind die Reaktionen im Netz?

Zum Teil sarkastisch. "Ich tippe auf ein Fertig in 25 Jahren", meint ein User. Ein anderer postet: "Doch wohl eher 800 statt 80 Wochen." Andere reagieren zynisch bis regelrecht genervt. So schreibt einer: "Und warum dauert das so lange? Achja ist ja die Deutsche Bahn die arbeiten nur 2 Stunden pro Tag!!!!" Und auch in Sachen Schienenersatzverkehr sind im Netz negative Äußerungen zu finden. Die Busse führen zu selten und oft kämen zudem "richtige Schrottbusse" zum Einsatz, schreibt einer.

Gerade für das produzierende Gewerbe und die Chemieindustrie am Niederrhein sind die häufigen langen Sperrungen ein Problem. Man könne nicht alle Waren auf Lastwagen umladen, sagt Matthias Simons, Leiter Verkehr und Logistik bei der Industrie- und Handelskammer Duisburg. "Das ist für die Unternehmen mit großen Herausforderungen verbunden." Langfristig sei eine leistungsstarke Schienenanbindung aber ein klarer Pluspunkt für die Wirtschaft der Region.

Quelle:

  • Nachrichtenagentur dpa

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