Entsetzen nach Messerangriff in Solingen

Nach Messerangriff Trauer und Verunsicherung in Solingen

Stand: 24.08.2024 17:06 Uhr

Nach dem Anschlag in Solingen sind viele Menschen voller Trauer. An mehreren Orten der Stadt wurden Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet. Aber es herrscht auch Verunsicherung, denn der Täter wurde noch nicht gefasst.

Die Sonne strahlt über Solingen an diesem Samstagvormittag, als wäre nichts gewesen. Normalerweise ist um diese Uhrzeit viel los in der Solinger Innenstadt. Heute merkt man, es ist deutlich ruhiger. Nur wenige machen ihre dringenden Erledigungen. Es wirkt, als gingen viele etwas geduckter und bedrückter durch die Welt als sonst.

Ilka Werner hat einen Kaffee in der Hand. Die oberste Evangelin von Solingen ist schon lange im Einsatz, in der letzten Nacht auch. Denn sie ist nicht nur die Superintendantin der evangelischen Kirche, sondern auch Notfallseelsorgerin. Das heißt, sie und ihre Kollegen waren in der letzten Nacht direkt zur Stelle. "Schickt so viele, wie ihr könnt", hatte die Einsatzleitung gesagt. Am Rande des Fronhofs und in der Stadtkirche habe man sich dann um die Menschen gekümmert.

15 Seelsorger für Betroffene

Manchmal reiche es einfach, eine Hand auf die Schulter zu legen. Manchmal brauchen die Betroffenen aber auch längere Gespräche und man hält sich länger in den Armen. Und betroffen heißt nicht unbedingt nur, dass man direkt vor Ort gewesen ist, als die Tat passierte. Die Notfallseelsorger sind für alle da, die Kummer und Sorge haben mit den vergangenen Stunden. Deswegen ist die evangelische Stadtkirche auch heute den ganzen Tag geöffnet.

Eine Anlaufstelle fürs Nachdenken und Trauern, das brauchen manche Menschen jetzt eben, sagt Ilka Werner. Andere kommen mit der Situation anders zurecht, verarbeiten sie mit sich selbst. Viele der 15 Notfallseelsorger, die heute dabei sind, haben jetzt gerade nichts zu tun. Sie sprechen miteinander. Aber wenn jemand kommt, der Hilfe braucht, dann sind sie da. Dafür sind sie lange ausgebildet worden. Die Notfallseelsorger sind ehrenamtlich für die evangelische Kirche tätig.

Blumen für die Opfer

Am Eingang zum Solinger Fronhof, den mehrere Polizisten immer noch absperren, liegen inzwischen an einem Laternenpfahl mehrere Blumensträuße und Kerzen. Ab und zu kommt jemand vorbei und legt Blumen oder Kerzen dazu. Die Menschen sitzen in Cafés, und es scheint nur ein Gesprächsthema zu geben.

Tiefe Trauer nach Anschlag

Gerade kommt eine junge Frau an den Eingang des Fronhof und fragt, wie viele Tote und Verletzte es denn gegeben habe. Sie sagt, sie habe einen davon gekannt. Es sei ein Freund von Bekannten, mit dem sie schon oft gefeiert habe, ein junger Mann. Die 21-Jährige sagt, sie habe viel geweint, sie könne es immer noch nicht fassen, dass der junge Mann angegriffen wurde.

"Nur knapp entkommen"

Blumen und Regenbogenfahne zum Gedenken an Opfer am Tatort in Solingen

Blumen, Fahnen und Kuscheltiere erinnern an Opfer des Anschlags

In einem Optikergeschäft, ganz nah am Fronhof in Solingen sitzt der Schock immer noch tief. Die Kollegen waren gestern zusammen auf der großen Party, einige Minuten vor dem Anschlag hätten sie sich entschlossen, zur anderen Bühne zu wechseln. Und dieses Gefühl, ganz knapp entkommen zu sein, lasse nicht nach. Eine Angestellte sagte, damit müsse sie erst mal klarkommen.

Viele Menschen haben Angst

Ein anderer Solinger kommt gerade mit dem Fahrrad angefahren, hat ein paar dringende Geschäfte in der Innenstadt zu erledigen. Er erzählt, es sei ein merkwürdiges Gefühl heute unterwegs zu sein. Wenn er an der Ampel nach links blickt, fragt er sich oft: ist das vielleicht der Täter? Diese Ungewissheit, die mache die Leute fertig.

Ständig sei er am Handy gewesen in der letzten Nacht. Wegen seiner kleinen Kinder sei er nicht zur Veranstaltung gegangen, später habe er seine Kinder im Teenager-Alter dann in der Innenstadt eingesammelt - alle seien etwas verstört gewesen. "Dabei hatte sich die Stadt Solingen in den letzten Wochen so wahnsinnig viel Mühe gegeben, dieses Fest auf die Beine zu stellen.“, sagt er betrübt.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporterin vor Ort

Wir berichten über dieses Thema auch im Fernsehen bei WDR aktuell und im Radio bei WDR2, WDR4.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 24. August 2024 um 18:00 Uhr.