Schild Amtsgericht

Nordrhein-Westfalen Amtsgericht Dortmund: Tägliches Schreien reicht nicht zum Wegsperren

Stand: 18.10.2024 08:00 Uhr

In Dortmund schreit regelmäßig ein Mann rum. Das sei aber kein Grund, ihn vorübergehend wegzusperren, entschied das Amtsgericht.

Von Philip Raillon

Quasi jeden Tag steht ein Mann auf dem Bürgersteig und schreit. Nicht einfach so, sondern mit Inhalt. Genauer: Mit Kritik und ablehnenden Parolen gegenüber dem Staat und seinen Institutionen. Das macht er nicht irgendwo, sondern vor den Fenstern und Türen des Amtsgerichts in Dortmund. Dort ist er als "Schreier" bekannt, auch in der Umgebung kennt man den Mann und seine Tiraden.

Ordnungsamt brachte Mann in Gewahrsam

Im Juni reichte es dem Ordnungsamt dann. Die Beamten schickten den Mann weg, erteilten ihm einen Platzverweis. Doch der Mann wollte nicht hören. Also wurde er in Gewahrsam genommen. Das war rechtswidrig, entschied noch am selben Tag ein Richter - ausgerechnet des betroffenen Amtsgerichts Dortmund. Seine Entscheidung wurde erst jetzt bekannt, war damals aber eindeutig sowie kurz und knapp. Das berichtete zuerst das juristische Fachportal Beck-Aktuell.

Wen das Schreien und Rufen störe, müsse halt das Fenster schließen, so das Argument des Richters. Das gelte auch bei laufenden Gerichtsverhandlungen. Stattdessen den Mann wegzusperren, sei hingegen nicht verhältnismäßig.

Zumal der Mann sich auf seine Meinungsfreiheit berufen könne, wenn er staatliche Organisationen kritisiert. Dabei sei es egal, ob die Kritik richtig oder falsch ist. "Insoweit ist es sein gutes Recht uneinsichtig zu sein und Anstoß und Kopfschütteln zu erwecken", heißt es in dem Beschluss.

Mann schreit weiterhin regelmäßig vor dem Amtsgericht rum

Der Mann kam nach der Gerichtsentscheidung am selben Tag wieder auf freien Fuß. Das Ordnungsamt der Stadt hat den Beschluss bislang nicht vorliegen, schreibt es auf Anfrage. Allerdings werde es auch künftig einschreiten, um "Belästigungen jedweder Art konsequent zu unterbinden", so ein Sprecher der Stadt Dortmund.

Bislang hat das aber offenbar wenig Erfolg: Der "Schreier" steht weiter regelmäßig vor dem Amtsgericht und äußert dort seinen Unmut.

Unsere Quellen:

  • Beschluss des AG Dortmund (AZ 900 XIV (L) 119/24)
  • Stellungnahme der Stadt Dortmund gegenüber dem WDR