Nordrhein-Westfalen Landtag billigt Nachtragshaushalt mit neuen Krediten
Ein Milliardenloch im laufenden NRW-Haushalt muss mit neuen Krediten gestopft werden. Der Landtag billigte nun den Nachtragshaushalt.
Viel weniger Steuereinnahmen als erwartet und eine kränkelnde Wirtschaft auf der einen Seite – Zusatzkosten für neue Sicherheitsmaßnahmen und schnellere Asylverfahren auf der anderen: Beides reißt ein großes Loch in den laufenden Landeshaushalt. Großteils soll es durch neue Kredite gestopft werden. Das Volumen des Haushalts 2024 steigt dadurch auf 102,8 Milliarden Euro.
Marcus Optendrenk (CDU), Finanzminister
Ursprünglich hatte der Landesetat 700 Millionen Euro weniger vorgesehen. Finanzminister Marcus Optendrenk sprach von einem "richtigen Signal für ein sicheres, gerechtes, wirtschaftlich starkes und zukunftsfestes NRW." Er räumte jedoch ein: Angesichts der Zins- und Tilgungslasten hätte er lieber weniger Schulden gemacht.
Neue Kredite trotz Schuldenbremse
Die neuen Kredite sollen, trotz der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, möglich werden - indem nämlich NRW die sogenannte "Konjunkturkomponente" der Schuldenbremse nutzt. Diese Regelung sieht vor, dass neue Schulden in begrenzter Höhe aufgenommen werden können, wenn die Wirtschaft schwächelt. Diese Schulden müssen aber in einem kürzeren Zeitraum zurückgezahlt werden als andere Kredite.
Alexander Baer (SPD)
Der Bund der Steuerzahler hatte die Landesregierung gewarnt, die Schuldenbremse aufzuweichen. Stattdessen müsse jede Einsparmöglichkeit genutzt werden. Auch die Opposition im Landtag protestiert. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Alexander Baer erklärte: "Das ist eine Katastrophe, so kann man das nicht machen, das ist finanzpolitischer Pfusch."
Der Nachtragshaushalt sei ein Offenbarungseid, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Ralf Witzel. Neuverschuldung sei kein gutes Mittel der Politik, sagte Witzel. Er forderte die schwarz-grüne Regierung auf: "Betreiben Sie echte Konsolidierung ohne Neuverschuldung, ohne Steuererhöhung, priorisieren Sie Aufgaben richtig, dann hat dieses Land auch finanzpolitisch wieder eine Zukunft!"
Volle Schatztruhen oder leere Spardosen
Wenn CDU und Grüne sich nicht in der Lage sähen, durch strukturelle Einsparungen und Haushaltskonsolidierung neue Schulden zu vermeiden, dann sollten sie wenigstens auf die "vorhandenen Schatztruhen" zurückgreifen, die die Vorgängerregierung ihnen "prall gefüllt" mit achteinhalb Milliarden Euro hinterlassen habe. Die Rede ist von so genannten "Selbstbewirtschaftungsmitteln", also Geld, das nicht an ein Haushaltsjahr gebunden ist und auch nicht ausgegeben wurde.
Eine solche "Spardose" gebe es nicht, versicherte der CDU-Finanzminister. Tatsächlich seien im aktuellen Stammhaushalt bereits 860 Millionen solcher Mittel zurückgeführt worden, um keine unnötigen Schulden zu machen. Eine Rückführung von weiteren 2,5 Milliarden Euro an Selbstbewirtschaftungsmitteln stünden schon im Haushaltsentwurf für 2025. Es müssten aber auch Ressourcen für die Co-Finanzierung von Bundes- oder EU-Programmen vorgehalten werden.
Neues Sicherheits- und Migrationspaket ist teuer
Die jüngste Steuerschätzung hatte ergeben, dass für das laufende Jahr voraussichtlich etwa 1,2 Milliarden Euro weniger Steuern eingenommen werden als prognostiziert. Die schwache Konjunktur hat größere Auswirkungen als bei der Aufstellung des Haushalts 2024 angenommen wurde. Bis 2028 fehlen nach den jüngsten Berechnungen insgesamt 4,9 Milliarden Euro.
Im Nachtragshaushalt schlagen unter anderem unvorhergesehene Kosten für das Sicherheits- und Migrationspaket zu Buche. Die Landesregierung hatte die Maßnahmen gegen terroristische und extremistische Straftaten infolge des tödlichen Messer-Angriffs in Solingen beschlossen. Außerdem soll der Prozess zur Abschiebung von Asylbewerbern beschleunigt werden.
Der im August beschlossene Maßnahmenkatalog sieht etwa drei zusätzliche Asylkammern bei den Verwaltungsgerichten vor und auch mehr Zuständigkeiten der fünf zentralen Ausländerbehörden. Der CDU-Abgeordnete Olaf Lehne wies in der Debatte darauf hin, dass neben dem Bund 13 von 16 Bundesländern von der Konjunkturkomponente Gebrauch machten. Nur so seien harte Einschnitte in zentralen Bereichen zu vermeiden.