Das Graffito im Dortmunder Blücherpark

Nordrhein-Westfalen Wer schürt Judenhass in Dortmund?

Stand: 16.10.2024 14:39 Uhr

Es gibt einen Instagram-Account, auf dem werden seit Wochen Fotos von antisemitischen und Israelfeindlichen Graffiti gepostet.

Von Christof Voigt

Zwei Stunden lang sichern Beamte der Dortmunder Polizei Spuren, sammeln Farbeimer ein, fotografieren das fast 20 Meter lange und drei Meter hohe Graffito, befragen Zeugen.

Zwei Mitarbeiter der Stadt Dortmund entfernen das Graffito im Dortmunder Blücherpark

Zwei Mitarbeiter der Stadt Dortmund entfernen das Graffito im Dortmunder Blücherpark

Dann rufen sie bei der Stadt Dortmund an. Die schickt am Sonntagabend schließlich Mitarbeiter des Tiefbauamts in den Blücherpark in der Dortmunder Nordstadt. Und die schrubben das Bild mit viel Lösungsmittel und Bürsten weg.

Immer wieder antisemitische Graffiti

Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei hier eingreifen muss. Zwar ist das Sprühen an dieser Mauer legal, also von der Stadt Dortmund geduldet, aber hier tauchen auch immer wieder Graffiti auf, die mögliche strafbare Inhalte zeigen.

Auf dem erwähnten Instagram-Account gibt es ein Video, das einen Polizeieinsatz an dieser Mauer zeigt. Gefilmt hat es offenbar ein Mann. Der lässt sich das Filmen auch nicht von der Polizei verbieten. Die Gesichter der Beamten sind nachträglich unkenntlich gemacht worden.

Die Polizisten übersprühen in diesem Einsatz ein Graffito, das einen Schweinekopf auf einem Davidstern, dem Symbol des jüdischen Glaubens, zeigt, mit roter Farbe. Auch den Schriftzug neben dem Bild: "Israel is not kosher" (Israel ist nicht kosher).

Screenshot des Instagram-Accounts musa_la_rage, auf dem Bilder antisemitischer Grafittis veröffentlicht werden

Auf einem Instagram-Account werden Fotos von antisemitischen und Israel-feindlichen Graffiti gepostet

Der Mann, der diesen Instagram-Account betreibt, nennt sich Musa Larage. Er bezeichnet sich auf Instagram als Künstler, Moslem und Satiriker. Das Video erweckt den Eindruck, dass er auch derjenige ist, der das Bild gemalt hat.

Aber hat er auch das Bild gesprüht, das die Polizei als volksverhetzend bewertet? Einen Davidstern in den israelischen Farben, in dessen Mitte ein Hakenkreuz gesprüht wurde, daneben eine auf Israel umgeschrieben Version der ersten Strophe des Deutschlandlieds. Das Graffito setzt den Staat Israel mit Nazi-Deutschland gleich.

Auch Fotos von diesem Bild sind auf dem Instagram-Account von Musa Larage zu sehen. Die Ermittlungen der Polizei laufen. Noch am Sonntagabend konnte sie zwei Zeugen vernehmen, die beobachtet haben, wer das Graffito gesprüht hat.

Beratungsstelle: Graffiti schüren Hass

Für Micha Neumann von der Beratungsstelle ADIRA überschreitet das Graffito ganz klar die Grenze legitimer Kritik am Staat Israel und dem israelischen Militär. Das Bild drücke "Antisemitismus pur" aus und schüre Hass gegen jüdische Menschen.

Die Beratungsstelle gegen Antisemitismus hat ihr Büro in den Räumen der jüdischen Gemeinde in Dortmund und ist Anlaufstation für jüdische Menschen aus ganz Westfalen. Die Zahl antisemitischer Vorfälle sei seit dem 07.10.2023 geradezu explodiert, sagt Neumann. Viele Bürger jüdischen Glaubens würden sich nicht mehr trauen, Symbole wie Kippa oder Davidstern öffentlich zu tragen.

Er sagt auch, dass Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung und des Militärs absolut verständlich und angebracht seien. Den israelischen Staat mit Nazi-Deutschland gleichzusetzen oder jüdische Symbole pauschal in den Schmutz zu ziehen, bringe aber niemandem etwas.

Der Nahost-Konflikt wird nicht dadurch gelöst, dass hier antisemitische Parolen auf Wände gesprüht werden.

Micha Neumann, Beratungsstelle ADIRA

Diskutieren statt diffamieren und entmenschlichen

Vielmehr sei es jetzt wichtig wieder miteinander ins Gespräch zu kommen, zu versuchen die völlig verhärteten Fronten aufzuweichen. "Wir brauchen wieder mehr Diskussion, in geschützten Räumen, am besten moderiert. Da sollten alle Seiten ihre Meinung sagen dürfen."

Dort sollten alle Fragen erlaubt sein, wichtig sei es keine Seite zu entmenschlichen, nur so könne man wieder miteinander diskutieren. Das könne in Vereinen, an Unis oder an Schulen stattfinden. "Es gibt eine riesengroße Nachfrage, aber zu wenig Angebote", sagt Neumann. Auch ADIRA biete Workshops an Schulen an, sei aber schon jetzt bis Mitte Januar ausgebucht.

Unsere Quellen:

  • Polizei Dortmund
  • WDR-Reporter vor Ort
  • WDR-Interview mit Micha Neumann, ADIRA Beratungsstelle bei antisemitischen Vorfällen in Westfalen
  • Instagram-Account musa_la_rage