Eine Menschenmenge steht vor einer Bühne im Park.

Nordrhein-Westfalen Kritiker stören AfD-Bürgerdialog in Essen

Stand: 06.09.2024 08:21 Uhr

Der AfD-Bürgerdialog in Essen musste wegen Störern mehrmals unterbrochen werden. Zuvor hatte es bereits Proteste gegeben.

Von Cedrik Pelka

AfD-Politiker hatten am Abend zum "Bürgerdialog" in der Essener Philharmonie geladen. Die Veranstaltung musste jedoch mehrmals unterbrochen werden, weil Störer mit piependen Elektrogeräten den Dialog stark beeinträchtigten. Unter den etwa 200 Menschen im Publikum der Philharmonie gaben sich daraufhin einige Personen als Gegner der AfD zu erkennen, die Parolen wie "Faschisten raus" und "Nazis raus" riefen. Sie wurden von Sicherheitsleuten aus dem Raum gebracht.

Demos gegen AfD-Bürgerdialog in Essen

Dieter Küpper, der ehemalige Sprecher des Runden Umwelttischs Essen (RUTE), hat die Störaktion selbst beobachtet. "Es war eine ganz hasserfüllte Atmosphäre. Es kamen sofort Sicherheitskräfte, aber auch AfD-Anhänger haben zugepackt." Er sei politisch nicht auf der Seite der AfD. Über den Dialog selbst sagte er und: "Es wurde drüber gesprochen, dass alle Mittel gestrichen werden sollen von Kulturschaffenden, von NGOs. Das hat rasenden Beifall bekommen und das war erschreckend."

AfD-Veranstaltung muss mehrmals unterbrochen werden

Vor der Essener Philharmonie wurden die Störer jubelnd von mehreren Tausend Menschen empfangen, die schon den ganzen Tag gegen die Veranstaltung protestiert hatten. Die Gegenveranstaltung unter dem Motto "Demokratie stärken" hatte bereits zuvor Gäste der AfD-Veranstaltung mit Pfiffen und Buh-Rufen bedacht, als diese an ihnen vorbei in das Gebäude gingen. Die Polizei zählte 4.000 Demonstrierende, die Veranstalter sprachen von 5.000.

Sascha Krohn ist Mitarbeiter bei der Theater und Philharmonie GmbH (TuP) und überwältigt von der Zahl:  "Wir feiern hier die Kunst, die, wenn die AfD-Regierung an der Macht wäre, nicht mehr möglich wäre. Wir wehren uns gegen das Eindringen der Partei in Kulturräume", sagte Krohn dem WDR.

Mit Tanz und Musik gegen die AfD

Diesmal hatten die Mitarbeitenden der TuP zusammen mit den Bündnissen "Zusammen gegen Rechts", "Aufstehen gegen Rassismus" und "Essen stellt sich quer" zu der Demo aufgerufen.

Protestler begrüßen AfD Anhänger vor der Philharmonie

Protestler begrüßen AfD Anhänger vor der Philharmonie mit Buh-Rufen

Drinnen sprachen Abgeordnete der in Teilen rechtsextremen Partei mit Bürgern über alle Themen, die das politische Deutschland gerade beschäftigt. Nur wer sich lange im Voraus angemeldet hatte und auf einer Liste stand, kam an den Polizeiabsperrungen vorbei.

Nur wenige Meter und einige Polizeiabsperrungen entfernt wurde Musik gespielt: Auf Trommeln und aus großen Lautsprechern. Auf einer Bühne performten lokale Künstlerinnen und Künstler und von einem Balkon des Aalto-Theaters wurde Musik gespielt und es gab Vorträge. Unter anderem sprach der Publizist Michel Friedman über die Wahrung der demokratischen und humanistischen Grundsätze.

Schon vorher waren einige Demonstrierende unter dem Motto "Kulturräume verteidigen" vom Hirschlandplatz in der Innenstadt bis zum Stadtgarten vor der Philharmonie gezogen.

Eine Gruppe älterer Damen mit Schildern

Andrea (2. von links) und weitere "Omas gegen Rechts"

Eine der Teilnehmerinnen ist Mitglied bei "Omas gegen Rechts", die Ende August mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet wurden. "Ich gehöre zu der Generation, die nicht weggucken möchte. Ich will nicht später sagen, dass ich nichts gewusst habe", sagt die Oma gegen Rechts.

Feiern aus Protest

Bei dem Rave unter dem Motto "Bass gegen Hass", der zusammen mit den Machern der Instagram-Seite "Essen diese" organisiert wurde, feierten auch diesmal junge und ältere Menschen bis in den Abend zu Techno-Sounds. Die Bässe und der Jubel der Tanzenden waren bis in die Philharmonie zu hören. Am Abend teilte die Polizei mit, dass es zu keinen nennenswerte Vorfällen gekommen sei.

Wir wollten uns laut und bunt dagegen stellen. Und das haben wir auch geschafft

Mitglied von "Zusammen gegen Rechts"

Der Tag erinnerte insgesamt an den Bundesparteitag der AfD in Essen. Es ist erst gut zwei Monate her, dass mehr als 50.000 demonstrierten.

Die Mitarbeitenden der TuP hatten sich schon vor Monaten bei der Stadt wegen der Vermietung in einem Brandbrief beschwert. Sie könnten nicht verstehen, dass wieder ein städtisches Gebäude an die AfD vermietet wurde.

Stadt will Kulturstätten für Parteien sperren

Die ehemalige Kulturhauptstadt Europas hatte diesmal nicht versucht, die Vermietung zu untersagen. Das war schon im Juni schiefgegangen, als der Bundesparteitag in der städtischen Grugahalle verboten werden sollte. Die Stadt wollte die AfD dazu zwingen, schriftlich zu unterschreiben, dass keine Straftaten begangen werden.

Ein Gericht stoppte das Vorhaben und begründete es damit, dass alle politischen Parteien gleichbehandelt werden müssen. Der Essener Stadtrat hat Ende August die Verwaltung dazu aufgefordert, strengere Vermietungs-Regeln zu prüfen.

Nach dem Mehrheitswillen des Rates sollen einige Kulturstätten gar nicht mehr für parteipolitische Veranstaltungen vermietet werden. Außerdem soll eine Selbstverpflichtungserklärung kommen. Wann diese Ideen umgesetzt werden, ist aber unklar.

Unsere Quellen:

  • Pressemitteilung Gemeinsam gegen Rechts
  • Interview mit Gemeinsam gegen Rechts und TuP
  • Polizei Essen
  • Beschluss des Rates der Stadt Essen
  • Internetseite der AfD
  • Nachrichtenagentur dpa