Nordrhein-Westfalen Superschlanke Models: Umstrittene Vorbilder wieder voll im Trend
Die britische "Vogue"-Chefin erkennt eine Rückkehr zum Mager-Trend bei Models. Deren Einfluss auf junge Frauen ist groß – und gefährlich.
Die Modebranche "sollte besorgt sein" über den Trend, dass sie wieder mehr dünne Models auf den Laufsteg hole, sagte die Redaktionsleiterin der britischen "Vogue", Chioma Nnadi, am Mittwoch der BBC. Dünn sei wieder angesagt.
Auf dem Laufsteg viele superdünne Models
Von links: Gigi Hadid, Bella Hadid, Vittoria Ceretti und Carla Bruni auf dem Laufsteg der Victoria's Secret Fashion Show im Oktober
Beim Label Victoria's Secret ist das eigentlich nichts Neues. Auch bei der Modenschau im Oktober in New York reihte sich auf dem Laufsteg ein dünnes Model an das andere, allen voran Supermodel Bella Hadid.
Dabei war in den vergangenen Jahren in der Modebranche ein Trend zu beobachten. Auf den Laufstegen und Zeitschriften-Covern waren vermehrt Models mit anderen Körperformen zu finden. Von Diversity war die Rede – und von Body Positivity, einer Bewegung gegen unrealistische, diskriminierende und teils ungesunde Schönheitsideale.
Ashley Graham bei der Victoria's Secret Fashion Show
Eines der Modelabels, die wegen ihrer dünnen Models immer wieder in der Kritik stehen: Victoria's Secret. Bei der Show im Oktober reagierten die Macher der US-Marke darauf, indem auch sie ein sogenanntes Plus-Size-Model auf den Laufsteg holten: Supermodel Ashley Graham. Allerdings blieb sie zwischen all den dünnen und superdünnen Kolleginnen eine einsame Ausnahme.
Modejournalistin: Kein grundlegender Wandel
Grundlegend gewandelt habe sich das Schönheitsideal in der Modebranche in den vergangenen Jahren nicht, sagt Modejournalistin und Trendanalystin Karolina Landowski aus Düsseldorf am Donnerstag dem WDR. Diversität erlebe man eher im kleineren Rahmen, zum Beispiel bei der Copenhagen Fashion Week, aber nicht in Paris.
Die Gleichung 'Models gleich dünn' galt eigentlich immer. So richtig weg war das nie.
Karolina Landowski, Modejournalistin
Karolina Landowski, Modejournalistin und Trendanalystin
Trotzdem könne man derzeit verstärkt den Eindruck haben, dass Dünnsein wieder angesagt ist, so Landowski. Das liege auch an den Modetrends. Derzeit erlebe man einen Rückgriff auf die Ästhetik der 90er-Jahre – und damit auch auf das Dünnsein und magere Models.
Model-Ideal auch bei Influencerinnen
Zwar sei die Branche eine Welt für sich, aber ihre Strahlkraft sei enorm, gerade auch auf Influencerinnen bei Instagram oder anderen sozialen Medien, sagt Landowski. Fashion-Influencerinnen wie Stefanie Giesinger, Leonie Hanne und Paolamarie haben Millionen an Followern – und sie verkörpern alle das Schönheitsideal des Schlanken.
Für manche mag das Schönheitsideal der superdünnen Frau durchaus Ansporn sein, sich fit zu halten. Für andere aber ist es eine Last, weil sie stets das Gefühl haben, diesem Ideal nicht zu entsprechen. Manche werden sogar magersüchtig und brauchen ärztliche Hilfe.
Magersüchtige Minderjährige meistens Mädchen
Professor Jochen Seitz, Magersucht-Experte
Professor Jochen Seitz ist Spezialist für magersüchtige Minderjährige. Die allermeisten Patienten bei ihm seien Mädchen, sagt der Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der LVR-Universitätsklinik Essen am Donnerstag dem WDR. Auf superdünne Models und Influencerinnen schaut er mit Skepsis:
Das Schönheitsideal der superschlanken Frau ist für unsere Patientinnen natürlich gefährlich.
Professor Jochen Seitz, Mediziner
Wissenschaftlich beweisen lasse sich zwar kaum, dass solche Vorbilder bei ihren Verehrerinnen zu Magersucht führen können. "Aber es gibt ganz klare Hinweise darauf, dass dem so ist."
Studie zu "Germany's Next Topmodel"
Ein solcher Hinweis sei eine Studie zur TV-Show "Germany's Next Topmodel". Untersucht wurden untergewichtige junge Frauen, die die Show verfolgt haben, und solche, die es nicht taten. Ergebnis: Die Zahl derjenigen, die sich trotz ihres Untergewichts übergewichtig fühlten, war bei den "GNTM"-Zuschauerinnen sechsmal höher.
Als weiteren Hinweis nennt Seitz, was Forscher bei jungen Frauen von der Karibikinsel Aruba beobachten. Das Land gehört zum Königreich der Niederlande. Dort gebe es das Schönheitsideal der runden, voluminösen Frau. Wenn junge Frauen von dort aber in die Niederlande ausreisen, wo das übliche Schönheitsideal herrscht, steige bei ihnen das Risiko für Magersucht.
"Vogue"-Chefin Nnadi vermutet, dass der Mager-Trend in der Modebranche auch an den sogenannten Abnehmspritzen liegen könnte. Diese sind insbesondere bei einigen Promis aus dem Showbusiness beliebt. Gedacht sind die aber eigentlich als Medikament für Adipositas-Erkrankte und Diabetiker. "Ich glaube", sagt Nnadi, "dass es eine Veränderung in der Kultur gibt, wie wir über unseren Körper denken und wie wir mit unserem Körper umgehen."
Unsere Quellen:
- BBC-Bericht mit Aussagen von Chioma Nnadi, Redaktionsleiterin der britischen "Vogue"
- WDR-Gespräch mit Karolina Landowski, Modejournalistin und Trendanalystin
- WDR-Gespräch mit Professor Jochen Seitz, Mediziner und Magersucht-Experte
Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Fernsehen: am 14.11.2024 um 18.45 Uhr in der Aktuellen Stunde.