Studierende sitzen auf der Treppe am Eingang zum Hauptgebäude der RWTH Aachen.

Nordrhein-Westfalen Weniger Studentinnen und Studenten an NRWs Hochschulen

Stand: 11.11.2024 16:15 Uhr

Im Wintersemester 2024/25 sind an den nordrhein-westfälischen Hochschulen rund 702.000 Studentinnen und Studenten eingeschrieben. Die Zahlen sinken schon seit einigen Jahren.

Von Daniela Junghans

Überfüllte Hörsäle und Seminarräume gehörten jahrzehntelang zum Alltag an NRWs Hochschulen, zumindest an den begehrteren Standorten wie Köln, Düsseldorf oder Münster. Doch das Bild könnte sich bald ändern: Nachdem die Zahl der Studenten über viele Jahre immer weiter angestiegen war, hat sich der Trend inzwischen umgekehrt.

Im laufenden Wintersemester 2024/25 sind laut Wissenschaftsministerium rund 702.000 Personen an den Hochschulen eingeschrieben, im Vergleich zum Vorjahr sind das rund 7.000 weniger. Noch deutlicher zeigt sich die Entwicklung, wenn man ein paar Jahre zurück blickt: Im Wintersemester 2018/19 gab es in NRW rund 774.000 Studentinnen und Studenten, der höchste Wert in der Landesgeschichte. Seitdem sinken die Zahlen wieder.

Weniger junge Menschen

NRW-Kulturministerin Ina Brandes bei einer Pressekonferenz.

Ina Brandes, Wissenschaftsministerin NRW

Für diese Trendumkehr sieht Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) verschiedene Gründe: Dazu gehöre die demografische Entwicklung, denn es gibt immer weniger junge Menschen in NRW. Hinzu kämen die Folgen der Corona-Pandemie, aber auch der Wegfall der so genannten „Ticket-Studierenden“. Denn wer nur eingeschrieben war, um das günstige Semesterticket zu bekommen, brauchte das nach der Einführung des Deutschlandtickets meist nicht mehr.

Doch nicht überall in NRW sinken die Studentenzahlen gleichermaßen. Während begehrte Standorte vor allem im Rheinland kaum einen Rückgang erleben, verzeichnen die Hochschulen in Siegen oder beispielsweise Wuppertal ein deutlich gesunkenes Interesse.

Der Rückgang der Zahlen werde sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen, ist die Ministerin überzeugt. Unter anderem, weil durch die aktuell laufende Umstellung des Abiturs auf eine 13-Jährige Schulzeit in zwei Jahren ein Abiturjahrgang fehle.

Vorteile für beide Seiten

Johannes Wessels

Prof. Johannes Wessels, Chef der Rektorenkonferenz der NRW-Unis

Für die Studentinnen und Studenten, aber auch für das Personal bedeutet der Trend eine deutliche Entlastung. Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz der Universitäten, Professor Johannes Wessels, spricht deshalb auch von einer guten Entwicklung. Die Betreuungsrelation, also das Verhältnis von Studenten pro Dozent, sei so hoch gewesen, „dass wir die Qualität, die wir gern in der Betreuung erreichen wollen, nicht gut erreichen konnten.“

Wenn jetzt weniger junge Menschen an die Hochschulen kommen, können diese zum Beispiel kleinere Lerngruppen einrichten, in denen ein Dozent oder eine Dozentin weniger Studenten betreuen muss. Idealerweise kann das wiederum zu mehr und besseren Abschlüssen führen. Das wünscht sich auch Wessels‘ Kollege Professor Bernd Kriegesmann, der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften.

Kritik an Schulabschlüssen

Studenten an der RWTH Aachen

Studierende an der RWTH Aachen

Die bessere Betreuungsrelation könnte auch helfen, ein Problem der vergangenen Jahre zu lösen. Seit einigen Jahren, vor allem seit der Corona-Pandemie, seien die Schulabschlüsse „qualitativ nicht mehr so hochwertig, dass Studierende leicht den Weg ins Studium finden“, kritisiert Wessels. Das betreffe vor allem die so genannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) und den Bereich der Ingenieurswissenschaften.

In diesen gerade in Zeiten des Fachkräftemangels so wichtigen Fächern gebe es „weit unterdurchschnittliche Bewerberzahlen“, unter anderem, weil sich die Abiturienten diese Fächer nicht zutrauen würden.

Hier könnte auch ein Ansatz aus der geplanten NRW-Hochschulreform helfen, das Orientierungssemester. Ab dem Schuljahr 2026/27 sollen Studentinnen und Studenten die Möglichkeit bekommen, zunächst eine Art „Studium generale“ zu beginnen. Ein halbes Jahr lang sollen sie einzelne Fächer ausprobieren können, außerdem sollen sie die Möglichkeit erhalten, sich fachlich auf das Studium vorzubereiten und unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen auszugleichen.

Quellen:

  • Pressekonferenz der Wissenschaftsministerin mit den Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenzen
  • eigene Recherchen