Auf dem Koblenzer Weihnachtsmarkt singen in diesem Jahr keine Chöre wegen zu hoher Gema-Gebühren.

Rheinland-Pfalz Chorverband singt jetzt doch auf dem Weihnachtsmarkt in Koblenz

Stand: 20.12.2024 13:28 Uhr

Der Kreis-Chor-Verband Koblenz protestiert am Freitagabend erneut auf dem Koblenzer Weihnachtsmarkt gegen hohe GEMA-Gebühren. Diesmal aber mit Gesang!

Anders als bei ihrem ersten Protest Anfang Dezember, wollen die Sängerinnen und Sänger des Kreischorverbandes Koblenz e.V. am Freitagabend ab 19 Uhr auf dem Koblenzer Görres-Platz singen. Aber ausschließlich traditionelle Weihnachtslieder, sagte der Vorsitzende Dietmar Weidenfeller dem SWR.

Weniger Musik auf Weihnachtsmärkten

Mit traditionellen Weihnachtsliedern der Gebühr entgehen

Das seien vor allem alte Versionen traditioneller Weihnachtslieder, wie zum Beispiel "Stille Nacht, heilige Nacht", "Oh Tannenbaum", oder "Oh du fröhliche". Bei diesen sei das Urheberrecht schon lange abgelaufen, so Weidenfeller. Deshalb falle bei ihnen auch keine Aufführungsgebühr an. Man singe ausschließlich Lieder, die die Verwertungsgesellschaft GEMA in einer Zusammenstellung als "GEMA-frei" aufgelistet habe.

Warum erhebt die GEMA überhaupt Gebühren?
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) mit Sitz in Berlin ist ein Verein, der nach eigenen Angaben die Interessen seiner mehr als 95.000 Mitglieder, Komponisten, Textdichter und Verleger vertritt. Sie setzt damit das geltende Urheberrecht um. Die Künstler beauftragen die GEMA dann damit, dass diese deren Urheberrechte in Vertretung rechtskonform wahrt, vertritt und durchsetzt. Wichtigstes Anliegen ist es den Angaben zufolge, dass Musik- und Kunstschaffende aus ihren Werken als Kunstschaffende leben können, indem sie - wie jedes andere Unternehmen, das Waren herstellt und verkauft, auch - ein Einkommen und eine Vergütung aus ihren Produkten erzielen können und diese nicht kostenlos zur Verfügung stehen oder genutzt werden.

Mit "stummem Konzert" gegen Gebühren protestiert

Bei anderen weihnachtlichen Liedern hätte der Verband nach eigenen Angaben pro Auftritt rund 1.200 Euro Gebühren an die GEMA zahlen müssen. Weil er das nicht konnte, hatte er Anfang Dezember dagegen mit einem "stummen Konzert" protestiert.

Die Sängerinnen und Sänger standen damals mit einem Pflaster auf dem Mund stumm auf der Bühne. So wollten sie auf die aus ihrer Sicht zu hohen Gebühren aufmerksam machen.

Auch der "klingende Adventskalender" wurde abgesagt

Wegen der Kosten war der sogenannte "klingende Adventskalender" in Koblenz abgesagt worden. Geplant war ursprünglich, dass in der Adventszeit von Montag bis Freitag jeweils verschiedene Chöre abends als "singender Adventskalender" auftreten sollten.

Mit den traditionellen Liedern solle es nun doch noch weihnachtliche Chormusik auf dem Koblenzer Weihnachtsmarkt geben, freut sich Weidenfeller. Unterstützt würden die rund 20 Sängerinnen und Sänger von drei befreundeten Musikern und befreundeten Chören. Außerdem sei in dem etwa eine halbe Stunde dauernden Konzert jeder auf dem Platz zum Mitsingen eingeladen.

Kritik an Berechnung der Gebühren für Weihnachtsmärkte

Grundsätzlich sei auch der Kreischorverband der Ansicht, dass Urheber von Musikstücken entsprechend für deren Leistung honoriert werden sollten, so Weidenfeller. Anders als in der Vergangenheit lege die GEMA nun aber einen pauschalen Weihnachtsmarkt-Tarif für Veranstaltungen im Freien zugrunde, teilte der Verband mit.

Dabei werde jedoch die gesamte Fläche des Weihnachtsmarkts wie bei einem Stadtfest zur Berechnung zugrunde gelegt, was die Gebühr nun so teuer mache, teilte die Koblenz Touristik dem SWR mit.

Urheberrecht regelt Nutzung und Aufführung von Liedern und anderen Werken
Nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz sind Kompositionen und Texte von Musikstücken noch 70 Jahre nach dem Tod der Urheber geschützt (§64 UrhG). Während dieser Schutzfrist dürfen nur die Urheber selbst ihre Werke nutzen und verwerten. Möchte jemand anders dies während der Schutzfrist tun oder die Stücke zum Beispiel öffentlich aufführen oder bearbeiten, muss er zunächst den oder die Urheber oder deren Vertretungsgesellschaft, wie z.B. die GEMA, um Genehmigung fragen (§23 UrhG) und dafür in der Regel die vereinbarten oder geltenden Gebühren zahlen. Damit wird sichergestellt, dass die Komponisten und Texter für ihre Arbeit eine Vergütung erhalten und als Künstler und Kunstschaffende auch von ihrer Arbeit finanziell leben können. Nach Ablauf der gesetzlichen Frist ist das geschützte Werk dann hingegen gemeinfrei und darf auch ohne Gebühr genutzt, bearbeitet oder aufgeführt werden. Möchte man das geschützte Werk öffentlich aufführen, greift § 19 des Gesetzes. Dies beinhaltet, ein Musikwerk durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen oder öffentlich bühnenmäßig darzustellen.

GEMA verweist auf stabile Gebühren und Lizenz-Vereinbarungen

Die GEMA betont, es habe keine Gebührenerhöhung für Weihnachtsmärkte gegeben. Der Tarif sei 2018 mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter verhandelt worden und in den vergangenen Jahren, abgesehen von inflationsbedingten Anpassungen, nicht erhöht worden.

Streit um Urheberrechte findet vielleicht auf Bundesebene ein Ende

Mit dem Chorverband habe es von 2018 bis 2023 eine Lizenzierungsvereinbarung gegeben. "Für 2024 hat der Chorverband für die Laufzeit von einem Jahr eine neue Lizenzierungsvereinbarung unterschrieben", teilte eine Sprecherin mit. Auch für 2025 habe er ein Angebot erhalten. "Inhaltlich hat sich an den Verträgen nichts geändert", so die Sprecherin. Weihnachtsmärkte würden aber über den Tarif für Stadtfeste abgerechnet - dieser sei kein Bestandteil der Lizenzierungsvereinbarung.

Sendung am Fr., 20.12.2024 14:00 Uhr, SWR4 am Nachmittag, SWR4

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