![Gedenktag in der Neuen Synagoge Mainz | SWR Gedenktag in der Neuen Synagoge Mainz](https://images.tagesschau.de/image/f7732559-f636-4630-b492-b2f1498839ec/AAABlKic9ig/AAABkZLrr6A/original/swr-31598.jpg?overlay=32ddf443-a54b-45ba-8424-e2a8000d64c0&overlayModificationDate=AAABjb01cZs)
Rheinland-Pfalz Holocaust-Gedenken: Redner warnen vor Hass und Hetze
Zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz wurde in der Neuen Synagoge in Mainz die Notwendigkeit des Erinnerns an den Holocaust in der Gesellschaft betont. Außerdem erzählte der 104-jährige Zeitzeuge Nicolaus Blättermann von seiner jüdischen Gemeinde im "Land der Täter" - Deutschland.
In seiner Eröffnungsrede zitierte Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) den ukrainisch-jüdischen Soldaten Anatoly Shapiro. Der beschrieb die Befreiung des Konzentrationslagers als Bilder, die er nie vergessen würde: "Skelette von Menschen, der Schnee schwarz, die Krematorien noch warm."
Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz: Gedenken in Neuer Synagoge Mainz
Hering: Nur durch Schweigen möglich
Hering betonte, dass der Holocaust, bei dem sechs Millionen Juden, darunter eine Million Kinder, sowie Sinti, Roma, und andere verfolgte Gruppen ermordet wurden, durch das Mitwirken oder Schweigen vieler Deutscher möglich wurde. Er zog Parallelen zu aktuellen politischen Tendenzen und der Verbreitung von Hass und Antisemitismus in der Gesellschaft.
Wer zulässt, dass anderen die Freiheit geraubt wird, der verliert am Ende die eigene Freiheit. Hendrik Hering, Präsident des rheinland-pfälzischen Landtags
![Hendrik Hering (SPD) bat um ein stilles Gedenken. | SWR Gedenktag in der Neuen Synagoge Mainz](https://images.tagesschau.de/image/998d1680-7ee5-4867-bf18-a0162465e809/AAABlKgIqpw/AAABkZLlUbs/16x9-960/swr-hendrik-hering-spd-bat-um-ein-stilles-gedenken-100.jpg)
Hendrik Hering (SPD) bat um ein stilles Gedenken.
Schon vor 1933 seien Demokratien in Europa unter Beschuss durch Extremisten und Nationalisten gewesen. Nirgends sei es so radikal und brutal wie in Deutschland geworden. Bereits in der Weimarer Republik habe die NS-Propaganda aus wenigen, sich ständig wiederholenden Schlagworten und einfachen Lösungen bestanden.
Aufbau einer jüdischen Gemeinde im "Land der Täter"
Der 104-jährige Zeitzeuge und Holocaust-Überlebende Nicolaus Blättermann, der seine ganze Familie verloren hatte, teilte seine Erfahrungen in der jüdischen Gemeinde Bad Kreuznach. Dort in Deutschland, im "Land der Täter" baute er eine Synagoge für Jüdinnen und Juden in einem alten Kirchengebäude der amerikanischen Armee auf.
![Nicolaus Blättermann arbeitete als leitender Ingenieur für die amerikanischen Streitkräfte. Später wurde die baptistische Kirche in Bad Kreuznach auf seine Initiative zur Synagoge. | SWR Gedenktag in der Neuen Synagoge Mainz](https://images.tagesschau.de/image/6748b045-f34e-4f15-9ff3-cdf6e33c60ea/AAABlKga8ac/AAABkZLlUbs/16x9-960/swr-nicolaus-blaettermann-arbeitete-als-leitender-ingenieur-fuer-die-amerikanischen-streitkraefte-spaeter-wurde-die-baptistische-kirche-auf-seine-initiative-zur-synagoge-100.jpg)
Nicolaus Blättermann arbeitete als leitender Ingenieur für die amerikanischen Streitkräfte. Später wurde die baptistische Kirche in Bad Kreuznach auf seine Initiative zur Synagoge.
Fehlender Widerstand
Dr. Ronen Steinke, Journalist und Jurist, sprach über den Mut zum Widerstand und damit auch über die fehlende Zivilcourage während des Nationalsozialismus. Er verwies auf Forschungsergebnisse, die zeigen, dass Widerstand gegen NS-Gräueltaten durch Soldaten nie mit dem Tod oder langer Haft bestraft wurde und kritisierte die damalige fehlende Bereitschaft, sich zu widersetzen.
![Dr. Ronen Steinke: "Wer nur die Hacken zusammenschlägt und tut, was man sagt, der ist nicht stark!" | SWR Gedenktag in der Neuen Synagoge Mainz](https://images.tagesschau.de/image/8608347a-276e-40e3-ad4d-a31a49815489/AAABlKgIr2c/AAABkZLlUbs/16x9-960/swr-dr-ronen-steinke-wer-nur-die-hacken-zusammenschlaegt-und-tut-was-man-sagt-der-ist-nicht-stark-100.jpg)
Dr. Ronen Steinke: "Wer nur die Hacken zusammenschlägt und tut, was man sagt, der ist nicht stark!"
Er warnte davor, dass auch heute Minderheiten als Sündenböcke für komplexe Probleme benutzt werden und appellierte an die Zivilcourage der Menschen.
Schweitzer: Antisemitismus zeigt sich wieder offen
Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) betonte, dass es kein Ende des Gedenkens geben dürfe und dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zu unserer Verantwortung gehöre. Er verurteilte zudem die Aufforderungen eines "amerikanischen Oligarchen" auf dessen Social Media Plattform, das Gedenken einzustellen, als einen Angriff auf den demokratischen Konsens.
![Ohne ihn persönlich zu nennen, kritisierte Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) "X"-Inhaber Elon Musk. | SWR Gedenktag in der Neuen Synagoge Mainz](https://images.tagesschau.de/image/30c3358a-aa68-4615-a4f4-e7bcb1dde99a/AAABlKgejhI/AAABkZLlUbs/16x9-960/swr-ohne-ihn-persoenlich-zu-nennen-kritisiert-alexander-schweitzer-spd-x-inhaber-elon-musk-100.jpg)
Ohne ihn persönlich zu nennen, kritisierte Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) "X"-Inhaber Elon Musk.
Er sprach seinen Dank an die Verantwortlichen der Neuen Synagoge Mainz aus, die Veranstaltung an diesem besonderen Ort abhalten zu können - einem Teil des ersten jüdischen Welterbes "SCHUM-Städte".
Schweitzer thematisierte auch die Präsenz von antisemitischen Einstellungen in allen Bereichen der Gesellschaft und die Tatsache, dass Antisemitismus sich heutzutage nicht mehr versteckt, sondern offen unsere Gesellschaft bedroht, auch durch Social Media.
Er sprach an, dass Juden in Angst leben und Menschen überlegen müssten, ob sie jüdische Symbole offen tragen können. Er forderte, dass es selbstverständlich sein müsse, in Deutschland eine Kippa tragen zu können.
Sendung am Mo., 27.1.2025 11:00 Uhr, SWR Extra, SWR RP