Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz will im sozialen Wohnungsbau kürzen
Das Finanzministerium in Rheinland-Pfalz will die Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau kürzen. Für Bauträger und künftige Mieter könnte es teuer werden.
Sozialer Wohnraum in Rheinland-Pfalz könnte in Zukunft teurer werden. Und die Baukosten für die Träger können steigen. Das sehen interne Papiere des Finanzministeriums vor, die dem SWR vorliegen.
Nach dem aktuellem Entwurf soll die Förderung gesenkt werden. Um bis zu 15 Prozent - bei vielen Bauprojekten können das mehrere Millionen Euro sein. Die werden in Form von Tilgungszuschüssen ausgezahlt - also ein Teil des Kredits bei der landeseigenen Bank ISB muss nicht zurück gezahlt werden.
Unter dem Begriff sozialer Wohnungsbau versteht man den Bau bezahlbarer Wohnungen, den der Staat fördert. Baufirmen können Fördergeld beantragen, wenn sie sich an bestimmte Voraussetzungen halten. Dadurch senken sich ihre Baukosten. Die Wohnungen können dann unter den üblichen Marktpreisen vermietet werden. Die niedrigeren Mieten müssen die Firmen für einen bestimmten Zeitraum einhalten, (in der Regel um die 20 Jahre) danach können die Wohnungen zu ortsüblichen Preisen am freien Markt vermietet werden. So will der Staat Haushalte unterstützen, die sich am freien Mietmarkt keine angemessene Wohnung leisten können. Der Mieter muss bei seiner Kommune dafür einen Wohnberechtigungsschein beantragen. Voraussetzung ist, dass das bereinigte Einkommen (Nettoeinkommen minus bestimmter Aufwendungen wie z.B. Altersvorsorge) unter vorgegebenen Einkommensgrenzen liegt. Sie sind von Bundesland zu Bundesland und auch von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Wer die Voraussetzungen erfüllt, erhält den Wohnberechtigungsschein (WBS). Jeder Fall wird individuell geprüft. So gelten für Familien andere Einkommensgrenzen als für Ein-Personen-Haushalte. In Rheinland-Pfalz liegt die Grenze für eine Familie mit zwei Kindern im Schnitt bei etwa 35.000 Euro. Den WBS gibt es auch für Haushalte mit mittlerem Einkommen. Die Einkommensgrenzen und die Miete sind dann höher.
Und auf das bisher für zehn Jahre zinsfreie Darlehen sollen jetzt Zinsen fällig werden. Ein Teil der fehlenden Zuschüsse soll durch höhere Mieten gedeckt werden. Bis zu 8,90 Euro kann dann der Quadratmeter kosten - 80 Cent mehr als bisher. Die neuen Regelungen sollen Anfang des kommenden Jahres in Kraft treten.
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Trierer Experte fordert langfristige Lösungen
Michael Miessner ist Juniorprofessor für Wirtschaftsgeografie an der Uni Trier: "Zunächst bedeuten Verringerungen der Tilgungszuschüsse im sozialen Wohnungsbau für die Investoren höhere Kosten, so dass es für sie insgesamt schwieriger wird, diese günstigeren Wohnungen zu bauen oder überhaupt herzustellen."
Michael Miessner, Juniorprofessor an der Uni Trier
Das sieht er als kurzfristige Konsequenz der Pläne der Landesregierung. Doch langfristig müsste ein Umdenken stattfinden: "Wir müssen Wege finden, kommunale, öffentliche, landesbetriebliche oder vom Land bereitgestellte Wohnungen zu fördern, genossenschaftliche Modelle vorantreiben. Es muss darum gehen, die Profitlogik rauszubekommen."
Finanzministerin Doris Ahnen verteidigt Kürzungen
Für Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) ist klar: "Wir brauchen beides, um eben ein gutes Stück voranzukommen." Sie begrüßt es, dass private Investoren jetzt in den sozialen Wohnungsbau einsteigen. So habe das Land in diesem Jahr 2.100 neue Wohneinheiten gefördert.
Doris Ahnen (SPD), Finanzministerin in Rheinland-Pfalz
"Immer mehr Wohnungen unterliegen den langen Bindungsfristen", sagt die Ministerin im Bezug auf die privaten Investoren.
Wir haben eine sehr hohe Nachfrage und wir wollen auch in der Zukunft die öffentlichen Mittel so einsetzen, dass möglichst viel Wohnraum entsteht." Doris Ahnen (SPD), Finanzministerin Rheinland-Pfalz
Doris Ahnen verteidigt die Kürzungen für die einzelnen Projekte: "Wir haben eine sehr hohe Nachfrage und wir wollen auch in der Zukunft die öffentlichen Mittel so einsetzen, dass möglichst viel Wohnraum entsteht." Die neuen Förderbedingungen seien zu einer besseren Verteilung der Fördermittel notwendig. Derzeit werde der konkrete Entwurf noch nachjustiert.
Für das Jahr 2025 will die Landesregierung die Mittel für den sozialen Wohnungsbau insgesamt verdoppeln. 350 Millionen Euro sollen zur Verfügung stehen.
Ludwigshafen: Projekt wird derzeit nicht genehmigt
In Ludwigshafen ist jetzt schon das erste Projekt ins Stocken geraten. Das teilweise kommunale Immobilienunternehmen GAG will ein Gebäude in Nachbarschaft zur BG-Klinik in Ludwigshafen bauen, mit knapp 70 geförderten Wohneinheiten.
Wolfgan van Vliet, Vorstand der GAG in Ludwigshafen
Doch die Zusage für den Bau kommt einfach nicht. "Es geht derzeit nur geförderter Wohnraum", sagt Wolfgang van Vliet. Das habe zur Folge, dass viel mehr Unternehmen die Förderung in Anspruch nehmen, so der Vorstand der GAG.
Wir haben keine Grundlage für die Kalkulation, da wir noch nicht wissen, wie die Förderbedingungen in Zukunft aussehen werden." Wolfgang van Vliet, Vorstand der GAG Ludwigshafen
Die Unwägbarkeit ist für van Vliet ein weiteres Problem: "Wir haben keine Grundlage für die Kalkulation, da wir noch nicht wissen, wie die Förderbedingungen in Zukunft aussehen werden." Von Kürzungen sei auszugehen, er betont aber auch, dass die Bedingungen in Rheinland-Pfalz bisher sehr gut gewesen seien, verglichen mit anderen Bundesländern.
Wenn er Wünsche ans Land hätte, würde er sie so formulieren: "Mehr Geld für sozialen Wohnungsbau und weniger Bürokratie."
Kaiserslautern: Fehlende Tilgungszuschüsse sind das Problem
Die Bau AG in Kaiserslautern hat Sorgen. Vor allem die geplante zweistellige Senkung der Förderung sei problematisch. Thomas Bauer, Vorstand der Bau AG: "Speziell die Tilgungszuschüsse, das ist etwas, das uns richtig weh tun würde. Weil das ist etwas, das die Wirtschaftlichkeit nach vorne bringt."
Thomas Bauer, Vorstand der Bau AG in Kaiserslautern
Er hofft jetzt auf ein Einlenken der Politik. "Wir erhoffen uns, dass die Tilgungszuschüsse zumindest beibehalten werden." Mit höheren Zinsen könne er kalkulieren.
Trier: Verträge sind schon unterzeichnet, Finanzierung jetzt unklar
In Trier-West soll auf dem ehemaligen Busdepot der Stadtwerke ein neues Wohnquartier entstehen: WohnRaumWest. 130 Wohnungen im Grünen, die für wenig Geld gemietet werden können. Ein soziales Wohnbauprojekt, das bei immer stärker steigenden Mieten dringend benötigt wird, sagt Sybille Jeschonek, Vorständin der Trierer Wohnungsbau und Treuhand AG (gbt).
Sybille Jeschonek, Vorständin der gbt Trier
Drei Jahre Planung seien bereits in das Projekt gesteckt worden, die Verträge mit der Stadt Trier unterzeichnet. Doch neue Förderrichtlinien des Landes Rheinland-Pfalz gefährden das Projekt. "Für die Wohnungswirtschaft ist das eine Katastrophe", sagt Jaschonek.
Für die Wohnungswirtschaft ist das eine Katastrophe." Sybille Jeschonek, Vorständin der Trierer Wohnungsbau und Treuhand AG
Jan Eitel sieht das ähnlich. Der Trierer Projektentwickler baut nach eigenen Angaben seit 2016 Sozialwohnungen, vor allem in Rheinland-Pfalz. Dass sich Förderbedingungen so abrupt ändern, sei für die Branche ein großes Problem und würde Investoren abschrecken, in den Sozialen Wohnungsbau zu investieren. Als Beispiel nennt Eitel ein Projekt, das er gerade in Trier entwickelt. Der Förderantrag sollte noch in diesem Jahr gestellt werden.
Jan Eitel, Gesellschafter von Immprinzip in Trier
"Wir haben einen Förderantrag im Moment laufen, und die Gerüchteküche sagt, dass der dann schon, obwohl er schon eingereicht ist, dass der dann schon nach den neuen Kriterien beurteilt werden kann. Das geht natürlich überhaupt nicht, weil wir ja auf einer ganz anderen Basis kalkuliert, verkauft, versprochen haben. Wir brauchen ja eine gewisse Verlässlichkeit."
Westerwald: Eine Familie bangt um ihr Bauprojekt
Für Fabian Hering aus dem Westerwaldkreis geht es um die Planungssicherheit. Er hat zusammen mit Familienmitgliedern ein kleines Projekt auf dem Land im Westerwald geplant. Vier Sozialwohnungen sollten entstehen. Das Projekt hätte noch in diesem Jahr fertig sein können, sagt er, wenn die landeseigene Bank (ISB) den Antrag bearbeitet und bewilligt hätte. Doch stattdessen wird er nach eigenen Angaben hingehalten. Es gebe keine Informationen dazu, wie weit der Antrag sei.
Und jetzt kam unter der Hand die Hiobsbotschaft: Die Änderung der Bedingungen gelte auch für bereits gestellte Anträge. Damit könnte sein Projekt auf der Kippe stehen. "Wir sind enttäuscht und fühlen uns im Stich gelassen", sagt Hering. Dass mitten im Prozess die Bedingungen geändert werden, hätte er nie in Betracht gezogen. So gebe es keine Planungssicherheit mehr.
Seine Bauherrengemeinschaft habe einen fünfstelligen Betrag bereits investiert und jetzt stehe alles auf der Kippe. Daran hingen nicht nur er, sondern auch Baufirmen und Planer. Und: Eine ältere Frau, die nur eine geringe Rente bekommt, hätte sich bereits gefreut in die neue Sozialwohnung zu ziehen. Auch die müsse jetzt schauen, wie es für sie weitergeht.
Mainz: Wenn es keine Förderung gibt, werden die Mieten teuer
Die Wohnbau Mainz geht einen eigenen Weg. Sie baut ohne den Förderbescheid. Franz Ringhoffer ist Geschäftsführer: "Wir haben das Projekt vorfinanziert, wenn die Förderbedingungen schlecht sind, werden die Mieten für dieses Bauvorhaben deutlich höher sein."
Heißt: Das Gebäude wird auf jeden Fall gebaut, ob bezahlbarer Wohnraum dabei entsteht hänge jetzt vom Land ab. Mit Blick auf die gesamte Lage sagt Ringhoffer ganz klar: "Wir machen uns Sorgen!" Das betreffe auch ein geplantes Projekt auf dem Lerchenberg mit 500 Wohnungen, die Hälfte davon geförderter Wohnraum.
Sendung am Fr., 25.10.2024 16:00 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP