Rheinland-Pfalz Bundestag stimmt für mehr Zurückweisungen an Grenzen - Reaktionen aus RLP
Der Bundestag hat sich - mit Stimmen der AfD - für mehr Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen ausgesprochen. Für den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten ist das unbegreiflich.
Die Unionsfraktion hat für ihre Forderungen nach einer drastischen Verschärfung der Asylpolitik eine Mehrheit im Bundestag erhalten. Das Parlament beschloss einen fünf Punkte umfassenden Antrag, der unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen von Schutzsuchenden und eine Inhaftnahme vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer verlangt.
Neben 187 Abgeordneten von CDU/CSU stimmten 75 AfD-Abgeordnete, 80 Angehörige der FDP-Fraktion sowie 6 fraktionslose Parlamentarier für den Antrag. Das ergab eine Mehrheit von 348 Stimmen. 345 Abgeordnete votierten dagegen. Ein zweiter Antrag der Union mit umfassenden Reformvorschlägen für eine restriktive Migrationspolitik und zusätzliche Befugnisse der Sicherheitsbehörden fand keine Mehrheit.
Unionsanträge zur Migration sorgen für hitzige Debatte
Schweitzer erhebt schwere Vorwürfe gegen Merz
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) wirft CDU-Chef Friedrich Merz vor, der politischen Kultur Deutschlands einen schweren Schaden zugefügt zu haben. Merz habe einer rechtsradikalen Partei zum größten politischen Erfolg im Bundestag in der Geschichte der Bundesrepublik verholfen, sagte Schweitzer laut Mitteilung.
Die Union habe konkret umsetzbare Vorschläge der SPD zur Verbesserung der Sicherheit ausgeschlagen und stattdessen lieber einen Pakt mit der AfD geschlossen. "Die Union unter Friedrich Merz hat die demokratische Mitte verlassen und die Unterstützung der AfD gesucht, um politische Ziele umzusetzen, für die sie keine Mehrheit aus der Mitte der demokratischen Parteien gefunden hat."
Ähnlich hatte sich Schweitzer bereits am Dienstag in einem SWR-Interview geäußert.
Schweitzer: CDU soll Gesetzesentwurf zurückziehen
Am Donnerstag forderte Schweitzer die CDU im Bund außerdem dazu auf, ihren am Freitag geplanten Gesetzesentwurf zur Eindämmung der Migration zurückzuziehen. Stattdessen solle die CDU "das bestehende Angebot der Diskussion und des Austauschs mit SPD und Grünen annehmen", so Schweitzer weiter. Eine Mehrheit für den geplanten Gesetzentwurf könne die CDU nur durch die erneute Zustimmung einer rechtsradikalen Partei bekommen.
Scharfe Kritik von den Grünen in RLP
Die rheinland-pfälzischen Grünen nannten das Abstimmungsergebnis einen "Sündenfall in der deutschen Nachkriegsgeschichte". "Wer aus Machtkalkül auf die Unterstützung von Rechtsextremisten setzt, verrät die Grundwerte unserer Gesellschaft", erklärte die pfälzische Grünen-Bundestagsabgeordnete Misbah Khan. "Diese Politik der Spaltung gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt - sie löst keine Probleme, sondern verschärft sie."
Klöckner: "Kein Taktieren mehr"
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner (Wahlkreis Bad Kreuznach) sagte nach der Abstimmung im SWR: "Wer jetzt taktiert und sagt, wir müssen noch mal prüfen, so wie Rot-Grün das tut, der macht sich mitschuldig beim nächsten Angriff, den es gibt. Es gibt nichts mehr zu prüfen."
Schnieder: Scholz erweist Demokratie einen "Bärendienst"
Der rheinland-pfälzische CDU-Chef Schnieder kritisierte SPD und Grüne, sie hätten der Demokratie einen "Bärendienst" erwiesen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe sich entschieden, "weiterhin nichts zu tun", so Schnieder. "Wer in einer solchen Situation tatenlos bleibt, der bereitet den Rechtsextremen das Feld." SPD und Grüne seien es, die die AfD in den letzten Jahren derart haben erstarken lassen.
Münzenmaier zeigt sich "amüsiert"
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier (Wahlkreis Mainz) sagte, die AfD verfolge die Entwicklung "amüsiert". In der CDU "brennt die Hütte, da streiten sich alle". Auf deren Seite der Brandmauer brenne es lichterloh, so Münzenmaier im SWR.
Ex-Kanzlerin Merkel kritisiert Merz
Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte am Donnerstag das Vorgehen der Union. Sie halte es für "falsch, sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen".
Unionsfraktionschef Friedrich Merz hatte am Mittwoch im Bundestag das Vorhaben verteidigt, für die Beschlüsse die Zustimmung der AfD in Kauf zu nehmen. "Eine richtige Entscheidung wird nicht dadurch falsch, dass die Falschen zustimmen", sagte er. Den für Freitag geplanten Gesetzentwurf sowie die zwei zur Abstimmung gestellten Anträge, in denen es jeweils um eine deutliche Verschärfung der Migrationspolitik geht, nannte er "unabweisbar notwendig". Die Politik sei es den Menschen in Deutschland schuldig, "jetzt wirklich jeden Versuch zu unternehmen, die illegale Migration zu begrenzen, die ausreisepflichtigen Asylbewerber in Gewahrsam zu nehmen und endlich abzuschieben".
Mit der Ampel-Koalition sei in diesen Fragen keine Lösung möglich gewesen - das bedaure er, sagte Merz. Es liege nun "bei Ihnen, den Sozialdemokraten und den Grünen, ob es für unsere Vorschläge in der Mitte des Deutschen Bundestags noch eine parlamentarische Mehrheit gibt oder nicht".
Scholz im Bundestag: Merz macht "unverzeihlichen Fehler"
Bundeskanzler Olaf Scholz warf Merz im Bundestag vor, einen "unverzeihlichen Fehler" zu begehen, indem er eine Mehrheit zusammen mit der AfD im Bundestag riskiere. "Es ist nicht gleichgültig, ob man mit den extremen Rechten zusammenarbeitet. Nicht in Deutschland", fügte er hinzu. Merz habe einen "Grundkonsens unserer Republik im Affekt" aufgekündigt. "Es gibt Grenzen, die darf man als Staatsmann nicht überschreiten."
Scholz verwies darauf, dass die Konservativen in Österreich nach der Wahl mit der extrem rechten FPÖ zusammenarbeiten wollen. Man müsse verhindern, dass es in Deutschland nach der Wahl zu einer Koalition zwischen Union und der AfD komme.
Sendung am Do., 30.1.2025 11:30 Uhr, Radionachrichten für SWR1 RP Übersicht