Wie viel RLP ganz genau fuer Geflüchtete ausgibt, ist sehr komplex. (Symbolbild Mann mit Kind)

Rheinland-Pfalz So viel Geld gibt RLP für Geflüchtete aus

Stand: 27.10.2024 09:22 Uhr

Die Bundesländer fordern vom Bund, dass die Kommunen mehr Geld für die Aufnahme von Geflüchteten bekommen. Die Ausgaben für Sozialleistungen hätten sich seit 2005 verdoppelt. Wie viel Geld gibt RLP für Geflüchtete aus?

"Wenn man den sozialen Frieden nicht gefährden will, müssen Länder und Kommunen Flüchtlingskosten stemmen können, ohne die Handlungsfähigkeit an anderer Stelle einschränken zu müssen", hatte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) vor dem Treffen der Ministerpräsidenten in Leipzig gesagt. In ihrer Abschlusserklärung wiesen die Ministerpräsidenten auf die angespannten Haushalte der Bundesländer hin. Sie könnten die Finanzdefizite in den Kommunen nicht mehr auffangen. Der Bund müsse beim Erlass von Gesetzen die Auswirkungen auf die Kommunen mehr im Blick haben.

Zahlen und Fakten zu den Kosten für Flüchtlinge

Wir wollten wissen: Wie viel Geld gibt Rheinland-Pfalz aus für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten? Die Berechnung ist sehr komplex. Denn nicht nur im Integrationsministerium entstehen Ausgaben, sondern auch in anderen Ressorts, wie etwa der Bildung. Aber wie will man dort herausrechnen, welche Kosten Geflüchtete verursachen? Wir haben uns deshalb auf die greifbaren Ausgaben konzentriert.

Ausgaben des Integrationsministeriums für Asylsuchende

Menschen, die aus Syrien, der Türkei oder anderen Ländern zu uns kommen, fallen unter das Asylbewerberleistungsgesetz. Jedes Bundesland ist für eine bestimmte Anzahl von Asylsuchenden zuständig und bekommt dafür auch Geld vom Bund. 2023 hat Rheinland-Pfalz 163,2 Millionen Euro Sondermittel des Bundes bekommen. 121,6 Millionen Euro (75 Prozent) davon leitete das Land direkt an die Kommunen weiter (siehe Grafik oben). Wie viel von dem Rest des Geldes an die Kommunen geht, entscheidet sich wenn die Kosten für unbegleitete Minderjährige feststehen.

Rheinland-Pfalz hatte nach Angaben des rheinland-pfälzischen Integrationsministeriums 2023 insgesamt 275,7 Millionen Euro für Geflüchtete ausgegeben. Das sind 1,26 Prozent der Ausgaben des gesamten Landeshaushaltes (21,86 Milliarden Euro). Zum Vergleich: rund 25 Prozent (5,6 Milliarden Euro) des Etats floss in die Bildung.

Doch nicht nur im Integrationsministerium entstehen Kosten, sondern auch bei den Kommunen. Wie viel Geld die Kommunen für die Unterbringung und Integration der Geflüchteten ausgeben, ist in absoluten Zahlen kaum zu fassen.

Ausgaben der Kommunen für Geflüchtete

Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes Rheinland-Pfalz schlagen die Kosten an den unterschiedlichsten Stellen zu Buche. Grundsätzlich müssen die Kommunen demnach 23 Prozent der Kosten für Unterbringung übernehmen. Doch die Ausgaben können sich stark unterscheiden. Eine Kommune mit freiem Wohnraum kann die Menschen günstig unterbringen, andere müssen teure Wohncontainer anschaffen. Etliche Kommunen bauen sogar neu, um den Menschen Wohnraum zu bieten.

Dazu kommen Ausgaben, die den Zusammenhalt in der Gemeinde stärken, Infoveranstaltungen, Feste, Begegnungsstätten. Der Städtetag Rheinland-Pfalz befragt derzeit 12 kreisefreie Städte nach ihren Ausgaben für Geflüchtete im Jahr 2023.

Sobald der Asylantrag bewilligt ist und der oder die Geflüchtete keine Arbeit findet, besteht Anspruch auf Bürgergeld. Das wird allerdings nicht mehr vom Land, sondern aus Bundesmitteln von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt.

Viele Asylberechtigte können in der ersten Zeit keine Arbeit aufnehmen, zum Beispiel, weil sie Sprach- und Integrationskurse absolvieren müssen. Viele brauchen auch Fortbildungen, um sich auf eine Arbeit vorzubereiten oder der kleine Verdienst reicht nicht zum Leben. Auch in solchen Fällen haben die Betroffenen Anspruch auf Bürgergeld.

Ausgaben des Bund für Geflüchtete in RLP

2023 haben in Rheinland-Pfalz insgesamt 221.386 Menschen Bürgergeld zum Lebensunterhalt bekommen. 70.480 (31,8%) von ihnen waren Geflüchtete. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit)

Die Bundesagentur für Arbeit hat 2023 an Geflüchtete in Rheinland-Pfalz 200,1 Millionen Euro Bürgergeld zum Lebensunterhalt ausgezahlt. Das sind 0,77 Prozent der gesamten Ausgaben des Bürgergelds in Deutschland (25,8 Milliarden Euro) in 2023.

Allerdings waren nur 46.173 der Geflüchteten erwerbsfähig, das heißt, zwischen 15-67 Jahre alt und aus medizinischer Sicht in der Lage zu arbeiten. Bei insgesamt 156.618 erwerbsfähigen Bürgergeld-Empfängern in Rheinland-Pfalz ist das ein Anteil von 29,4 Prozent. Die größte Gruppe der Bürgergeld-Empfänger sind die Geflüchteten aus der Ukraine (20.072).

Dass Menschen aus der Ukraine sofort Bürgergeld bekommen, stößt zunehmend auf Kritik. CDU und FDP im Bund warnen, das Bürgergeld werde mittlerweile von vielen als bedingungsloses Grundeinkommen angesehen.

Wer bezieht 2023 Bürgergeld in Deutschland?

Von den knapp 5,5 Millionen Bürgergeld-Beziehern in Deutschland sind fast 2,9 Millionen deutsche Staatsbürger, umgerechnet also etwas mehr als die Hälfte, 52,7 Prozent. Die restlichen 47,3 Prozent sind keine deutschen Staatsbürger.

Woher kommen diese Menschen zum Großteil?

Die meisten stammen aus der Ukraine, 703.933 ukrainische Staatsbürger beziehen Bürgergeld. Kurz danach folgen Menschen aus Syrien, von ihnen beziehen 501.806 Menschen die Sozialhilfe. Danach folgen die Türkei, mit 198.666 Bürgergeld-Beziehern, Afghanistan mit 182.672 und Irak mit 114.964.

Was beinhaltet das Bürgergeld?

Das Bürgergeld enthält Zahlungen für Miete und Heizung sowie für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Hinzu kommen gegebenenfalls Mehrbedarfe, die für besondere Lebenslagen wie Alleinerziehung, Schwangerschaft oder Behinderung gewährt werden. Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Dem widersprechen allerdings Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Demnach haben beispielsweise im ersten Quartal 2023 62 Prozent der nicht-erwerbstätigen Ukrainerinnen und Ukrainer einen Sprach- oder Integrationskurs besucht. Weitere acht Prozent besuchten eine Schule oder berufliche Bildungseinrichtung. Nur 25 Prozent wurden als "inaktiv" klassifiziert, das heißt, sie haben weder Arbeit gesucht, noch waren sie in einem Bildungsprogramm eingeschrieben.

Investition in die Zukunft

Viele Kosten, die durch die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen entstehen, können nicht glasklar herausgerechnet werden. Viel zu vieles ist verwoben mit dem allgemeinen gesellschaftlichen Leben. Die Sachbearbeiterin im Jobcenter berät nicht nur Geflüchtete, sondern auch alle anderen Arbeitssuchenden. Wie viel mehr Personal an Schulen durch den Zustrom von Kindern gebraucht wird, ist kaum zu berechnen.

Zu jeder Kostenrechnung gehört aber auch, den Nutzen zu berechnen. Bundesweit haben 703.800 Menschen aus Asylherkunftsländern eine Arbeit, 599.300 von ihnen in sozialversicherungspflichtigen Stellen (Stand: Juli 2024). Und die Beschäftigungsquote von Geflüchteten steigt mit jedem Jahr. Die Ausgaben müssen also auch als eine Investition in die Zukunft und Entlastung in unsere alternde Gesellschaft betrachtet werden.

Sendung am Fr., 25.10.2024 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP

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