Im Nationalpark Hunsrück-Hochwald pumpen Sprudelbetriebe Wasser ab. Die Genehmigungsbehörde SGD Nord schließt mittlerweile nicht mehr aus, dass die Entnahmen sich negativ auf die Umwelt auswirken könnten.

Rheinland-Pfalz Sprudelfirmen pumpen weiter ab: Behörde schließt Umweltschäden nicht mehr aus

Stand: 19.12.2024 06:10 Uhr

Im Nationalpark Hunsrück-Hochwald gibt es weiter Ärger ums Wasser. Jetzt will die zuständige Behörde genauer hinsehen. Die Sprudelfirmen dürfen trotzdem weiter abpumpen.

Thomas Brodbeck setzt sich seit Jahren gegen Wasserentnahmen von Sprudelbetrieben im Nationalpark Hunsrück-Hochwald ein. Der Sprecher der Bürgerinitiative "Wasser ist Leben" freut sich darüber, dass die obere Wasserbehörde (SGD Nord) im Nationalpark jetzt eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) angeordnet hat.

Für Brodbeck ist dies ein bedeutender Fortschritt. "Das ist sicherlich der Erfolg der vielen Umweltorganisationen, die sich dagegen positioniert haben." Zu den Organisationen, die sich gegen die Wasserentnahmen stellen, gehören unter anderem der BUND und der NABU.

Neue Erkenntnisse führen zum Umdenken

In der Bekanntmachung der Behörde heißt es, "dass erhebliche nachteilige Auswirkungen sowohl auf den pflanzenverfügbaren Bodenwasserhaushalt als auch auf das nächstgelegene Gewässer (Götzenbach) durch das Vorhaben hervorgerufen werden können."

Thomas Brodbeck ist Autor und Biologe.

Thomas Brodbeck ist Autor und Biologe. Seit 2022 setzt er sich auch gegen Wasserentnahmen von Sprudelbetrieben im Nationalpark Hunsrück-Hochwald ein.

Heißt: Die Wasserentnahmen der Sprudelfirmen könnten der Natur im Nationalpark Hunsrück-Hochwald erheblich schaden. Das hatte die Behörde zuvor immer wieder ausgeschlossen.

Aufgrund "neuer Erkenntnisse" seien jetzt umfangreiche Untersuchungen notwendig, um herauszufinden, wie sich die Wasserförderungen auswirken. Wie lange die UVP insgesamt dauern wird und wie umfangreich die Untersuchungen sein werden, ist nach Angaben der Behörde bisher unklar.

Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald wurde am 23. Mai 2015 offiziell eröffnet. Das Gelände erstreckt sich über eine Fläche von mehr als 10.000 Hektar - umgerechnet mehr als 14.000 Fußballfelder - in Rheinland-Pfalz sowie dem Saarland. Die Nationalparktore liegen in Otzenhausen (Saarland), in Kempfeld an der Wildenburg (Kreis Birkenfeld) sowie am Erbeskopf. Das Nationalparkamt hat seinen Sitz in der Kreisstadt Birkenfeld im Hunsrück. Der Park wird nach Angaben des Nationalparkamtes jährlich von rund 390.000 Gästen besucht. Naturzonen werden größer Derzeit sind 45 Prozent der Fläche im Park als Naturzone eingestuft. Ziel ist ein Anteil von 75 Prozent Fläche, die der Natur überlassen ist. Eine Erhebung zur Vogelfauna im September 2021 konnte nach Angaben des Umweltministeriums 63 Arten nachweisen, unter ihnen seltene und gefährdete Vögel wie Wasseramsel, Steinschmätzer, Schwarzstorch oder Fischadler. Die vorgenommenen Studien zur Pflanzenwelt ergaben bisher rund 400 Pilzarten.

Sprudelfirmen dürfen weiter abpumpen

Fest steht aber: So lange die negativen Auswirkungen nicht bewiesen sind, dürfen die Unternehmen Hochwald Sprudel und Schwollener Sprudel weiter Wasser aus dem Naturschutzgebiet abpumpen.

Die obere Wasserbehörde schreibt auf SWR-Anfrage, dass die Entnahmen "nur versagt werden, wenn zweifelsfrei feststehen würde, dass erhebliche Umweltauswirkungen gegeben sind. Diese Frage wird jedoch im aktuellen Verfahren eben erst geprüft. Daher wäre ein Versagen der weiteren Entnahme rechtsfehlerhaft."

Bürgerinitiative kritisiert Entscheidung der Wasserbehörde

Für Thomas Brodbeck ist das ein Unding. "In dieser Zeit könnten Biotope im Nationalpark schon trocken gefallen und zerstört worden sein. Deshalb sollte so lange kein Wasser gefördert werden, bis negative Umweltauswirkungen ausgeschlossen werden können."

Wie bewerten die Sprudelunternehmen die angekündigte Umweltverträglichkeitsprüfung? Schwollener Sprudel schreibt auf SWR-Anfrage: "Aktuell liegt uns kein offizieller Bescheid der SGD Nord vor. Dementsprechend können wir hierzu auch leider keinerlei Stellungnahme oder Einschätzung abgeben. Sobald der offizielle Bescheid der SGD Nord uns vorliegt, werden wir diesen sorgfältig prüfen." Hochwald Sprudel hat bisher nicht geantwortet.

Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald ist der einzige Nationalpark in Rheinland-Pfalz. Seit Jahren gibt es dort Streit um das Grundwasser, da laut Staatsvertrag Wasser aus einem Nationalpark nur für den Gemeingebrauch entnommen werden darf.

Das bedeutet: Das Wasser ist nur für die Gemeinden vor Ort und die Natur gedacht und nicht für Sprudelfirmen, die damit Geschäfte machen. Legal sind die Entnahmen trotzdem, weil die Bohrungen vor Gründung des Nationalparks im Jahr 2015 beantragt worden sind.

Seit Jahren pumpen die beiden Mineralbrunnen Hochwald Sprudel und Schwollener Sprudel dort Hunderte Millionen Liter Wasser ab, um es zu verkaufen. Gleichzeitig hat der Grundwasserspiegel im Hunsrück nach Angaben des Landes um rund 20 Prozent abgenommen.

Genehmigungen sollen um fünf Jahre verlängert werden

Die Genehmigungen für diese Entnahmen sind Ende März dieses Jahres ausgelaufen, sollen aber jetzt um fünf weitere Jahre verlängert werden. Viele Grundwasserexperten hatten die Entnahmen zuletzt heftig kritisiert.

Ob die Sprudelfirmen weiterhin Wasser abpumpen dürfen, hängt von der Umweltverträglichkeitsprüfung der SGD Nord ab. Ob die Entnahmen gestoppt werden, bleibt also offen. Thomas Brodbeck von der Bürgerinitiative "Wasser ist Leben" ist jedoch eher pessimistisch: "In vielen Bereichen steht wirtschaftliches Wachstum immer noch über den Interessen der Natur."

Sendung am Do., 19.12.2024 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz

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