Der radikal-islamistische Tik-Tok Prediger Abu Alia ist nach SWR-Informatonen kürzlich in einer Wittlicher Moschee aufgetreten

Rheinland-Pfalz TikTok-Prediger trat in Wittlicher Moschee auf

Stand: 16.07.2024 06:22 Uhr

Die Social Media Plattform TikTok ist laut Verfassungsschutz bei radikal-islamistischen Predigern sehr beliebt. Einer von ihnen trat nach SWR-Information jetzt in Wittlich auf.

Er nennt sich "Abu Alia" und ist auf mehreren Social-Media-Kanälen präsent. In Videos, die bis zu 100.000 Aufrufe haben, predigt er eine strenge Auslegung des Islam, der nach seinen Aussagen nicht "Frieden", sondern "Ergebung" bedeute.

Allah hat es ausgesucht, er möchte es so. Abu Alia, islamistischer Prediger

Er kritisiert etwa Musliminnen, die moderne Kopfbedeckungen tragen wollten: Der "Hijab" sei gottgewollt. "Allah hat es ausgesucht, er möchte es so," heißt es etwa in einem TikTok-Video vom November 2023.

Prediger zweimal in Wittlich aufgetreten

Viele dieser Videos entstehen bei Vorträgen, die der Mann bei Veranstaltungen hält. Nun ist "Abu Alia", der mit bürgerlichem Namen Efstathios T. heißt und griechische Wurzeln hat, mutmaßlich zweimal beim "Islamischen Kulturverein Wittlich" aufgetreten – Mitte Mai und Ende Juni. Das legen Einladungsflyer nahe, die "Abu Alia" selbst auf Social Media postete und die dem SWR und der Zeitung "Neue Westfälische" vorliegen. Die Zeitung hatte bereits vor einigen Monaten kritisch über Auftritte des Predigers in Nordrhein-Westfalen berichtet. 

Mutmaßlicher Auftritt eines Predigers in Wittlich

Das Bild zeigt den Prediger Abu Alia während eines Auftritts in Wittlich. Seine Predigt war als Livestream im Internet zu sehen.

Mindestens einen der Auftritte in Wittlich hat "Abu Alia" mutmaßlich genutzt, um damit Inhalte für Social Media zu generieren. Ein Video, das er auf seinem Youtube-Kanal veröffentlichte, zeigt ihn offenbar bei einer Predigt im Mai im Gebetsraum des Wittlicher Vereins.

Wir müssen am Seil Allahs festhalten, egal was kommt. Abu Alia, islamistischer Prediger

Mit zum Teil lauter Stimme spricht er darin unter anderem von der Vorstellung, Muslime sollten sich auf das Jenseits konzentrieren. Die Welt hingegen sei ein Gefängnis, "keine Oase, in der man machen könne, was man wolle." Und: "Wir müssen am Seil Allahs festhalten, egal was kommt."

Verfassungsschutz hält Prediger für extremistisch

Experten sehen in solchen Aussagen Elemente salafistischer Propaganda. Die Überhöhung der Frömmigkeit und des Jenseits könne zur "Verachtung für alles Weltliche" führen, heißt es in einer Broschüre des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen.

Was ist Salafismus?

Als Salafismus wird eine Strömung im Islamismus (also einer Form von politischem Extremismus) bezeichnet. Laut Bundeszentrale für politische Bildung legen Salafistinnen und Salafisten den Koran wörtlich aus und lehnen von Menschen erlassene Gesetze ab. Ihr Ziel sei die Errichtung eines Gottesstaates auf Basis der Scharia, des islamischen Normen- und Wertesystems, heißt es vom Verfassungsschutz Baden-Württemberg. Bundesweit machten sie auch durch die kostenlose Verteilung des Korans in Innenstädten auf sich aufmerksam. Teile der Szene werden in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet.

Auf konkrete Nachfrage zur Rolle von "Abu Alia" teilt die Behörde dem SWR mit, man stufe ihn als "einflussreichen Akteur im extremistischen salafistischen Spektrum" ein.

Er pflege Kontakte zu anderen reichweitenstarken Predigern. Bereits früher habe er eine wichtige Rolle in der Szene gespielt und sei später bei dem 2021 verbotenen Verein "Ansaar International" in Erscheinung getreten, so die Behörde auf SWR-Anfrage. Das Bundesinnenministerium hatte den Verein als "islamistisches Netzwerk" eingestuft, das sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte. "Ansaar International" wurde zudem Unterstützung terroristischer Organisationen wie der Hamas vorgeworfen.

Der Prediger selbst weist die Einordnung des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen indirekt zurück. Wenn die Behörde eine entsprechende Einstufung vornehme, bedeute das nicht, "dass man dann auch so ist." Bei "Ansaar International" sei er kein Mitarbeiter "oder Ähnliches" gewesen. Nach SWR-Recherchen trat er allerdings in einem 2017 veröffentlichten Youtube-Video auf, in dem für eine organisierte Pilgerfahrt geworben wird, deren "Gewinne" der Organisation "Ansaar International" zugutekommen sollten.

Einreiseverbot in der Schweiz

Auch Behörden in der Schweiz befassten sich jüngst mit "Abu Alia". Als er im März einen Vortrag in einer Moschee im Kanton Bern halten wollte, erhielt er ein Einreiseverbot. Die Kantonspolizei Bern bestätigte dem SWR, dass sie beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) einen entsprechenden Antrag dazu gestellt hatte.

Die "Föderation islamischer Dachorganisationen Schweiz" distanzierte sich später laut einem Medienbericht von "Abu Alia". Der Prediger selbst bestätigte gegenüber dem SWR das Einreiseverbot, das für sechs Monate gelte. Er habe der Kantons-Polizei eine "ausführliche Gegendarstellung" übersandt.

Islamischer Kulturverein Wittlich schweigt

Inwieweit wusste der "Islamische Kulturverein Wittlich" von dem zweifelhaften Ruf des Predigers und warum hat man ihn eingeladen? Wollte man damit gezielt Jugendliche ansprechen? Eine Anfrage dazu ließ der Verein unbeantwortet.

Der radikal-islamistische Tik-Tok Prediger Abu Alia ist nach SWR-Informatonen kürzlich in einer Wittlicher Moschee aufgetreten

In diesem Gebäude des "Isalmischen Kulturvereins Wittlich" trat Abu Alia nach SWR-Informationen zweimal auf.

Verfassungsschutz hält sich bedeckt

Der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz hält sich zu dem Prediger und zu der Wittlicher Moschee bedeckt. Man nehme zu Personen und Vereinen "aus rechtlichen Gründen" öffentlich grundsätzlich nicht Stellung. Allgemein beobachte man, dass salafistische Influencer "intensiv diverse soziale Medien nutzen, um die Reichweite ihrer Botschaften zu erhöhen." Dies auch um "beiläufig und unauffällig extremistische Positionen zu vermitteln."

TikTok und islamistische Prediger

Der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen zählt "Abu Alia" zwar nicht zu den Akteuren mit der größten Reichweite. Doch auch dieser nutze die sozialen Medien "in besonderer Weise", um seine Botschaften zu verbreiten. Allgemein sehe man die Gefahr, dass junge Menschen "bei der alltäglichen Nutzung von TikTok mit extremistisch-salafistischer Ideologie in Berührung kommen und daran Gefallen finden."

Sendung am Di., 16.7.2024 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz