Rheinland-Pfalz Warum in der Region Trier kaum Sozialwohnungen gebaut werden

Stand: 28.10.2024 06:19 Uhr

Günstige Wohnungen werden auch auf dem Land gesucht. Im Kreis Birkenfeld sind die Wartelisten lang. Trotzdem wird derzeit keine einzige Sozialwohnung gebaut. Nicht nur dort.

Michael Schunck ist Geschäftsführer der Kreissiedlungsgesellschaft in Birkenfeld. Das kommunale Unternehmen vermietet im Landkreis Birkenfeld mehr als 600 Wohnungen zu günstigen Mieten. Doch es sind zu wenige. Und die Warteliste sei lang, erzählt Schunck. Manche Interessenten warten schon seit Jahren. "Wir würden gerne helfen. Aber wir können nur vermieten, was wir haben. Mehr geht nicht."

Ministerium will Förderstruktur für Sozialwohnungen ändern

Kreis Birkenfeld: Keine Sozialwohnungen in Planung

Was helfen könnte, wäre der Bau weiterer Sozialwohnungen. Wohnungen, die vom Staat gefördert und günstig vermietet werden können. "Aber das Thema sozialer Wohnungsbau findet hier auf dem Land praktisch nicht statt", sagt Schunck.

Was ist sozialer Wohnungsbau?

Unter dem Begriff sozialer Wohnungsbau versteht man den Bau bezahlbarer Wohnungen, den der Staat fördert. Baufirmen können Fördergeld beantragen, wenn sie sich an bestimmte Voraussetzungen halten. Dadurch senken sich ihre Baukosten. Die Wohnungen können dann unter den üblichen Marktpreisen vermietet werden. Die niedrigeren Mieten müssen die Firmen für einen bestimmten Zeitraum einhalten. In der Regel beträgt dieser etwa 20 Jahre. Danach können die Wohnungen zu ortsüblichen Preisen am freien Markt vermietet werden. So will der Staat Haushalte unterstützen, die sich am freien Mietmarkt keine angemessene Wohnung leisten können. Der Mieter muss bei seiner Kommune dafür einen Wohnberechtigungsschein beantragen. Voraussetzung ist, dass das bereinigte Einkommen (Nettoeinkommen minus bestimmter Aufwendungen wie z.B. Altersvorsorge) unter festgelegten Einkommensgrenzen liegt. Sie sind von Bundesland zu Bundesland und auch von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Wer die Voraussetzungen erfüllt, erhält den Wohnberechtigungsschein (WBS). Jeder Fall wird individuell geprüft. So gelten für Familien andere Einkommensgrenzen als für Ein-Personen-Haushalte. In Rheinland-Pfalz liegt die Grenze für eine Familie mit zwei Kindern im Schnitt bei etwa 35.000 Euro. Den WBS gibt es auch für Haushalte mit mittlerem Einkommen. Die Einkommensgrenzen und die Miete sind dann höher.

Im Kreis Birkenfeld werde derzeit keine einzige Sozialwohnung gebaut. Dabei gebe es bei den Wohnungsvermietern wie der Kreissiedlungsgesellschaft oder der Obersteiner Baugenossenschaft viele Anfragen.

Michael Schunck ist Geschäftsführer der kommunalen Kreissiedlungsgesellschaft in Birkenfeld. An den Bau von Sozialwohnungen sei derzeit nicht zu denken, weil die Förderprogramme des Landes nicht ausreichen.

Michael Schunck ist Geschäftsführer der kommunalen Kreissiedlungsgesellschaft in Birkenfeld. An den Bau von Sozialwohnungen sei derzeit nicht zu denken, weil die Förderprogramme des Landes nicht ausreichen.

Das größte Problem im ländlichen Raum sei, dass Vermieter deutlich niedrigere Mieten als in der Stadt nehmen müssten, aber ähnlich hohe Baukosten hätten, sagt Schunck. "Es ist aus Kostengesichtspunkten schlicht und ergreifend nicht möglich, hier sozialen Wohnungsbau zu betreiben und die Wohnungen zu einem sozialen Mietpreis zu vermieten."

Förderprogramme gehen "an Realität vorbei"

Die Förderprogramme für Sozialwohnungen auf dem Land würden bereits jetzt "ein Stück weit an der Realität vorbeigehen", sagt der Geschäftsführer. Dabei dürften sich Förderbedingungen für Bauprojekte weiter verschlechtern. Das Land hat bereits angekündigt, die Zuschüsse für Bauvorhaben zu kürzen.

Auch Sybille Jeschonek kennt das Problem. Sie ist im Vorstand der Trierer Wohnungsbau und Treuhand AG (gbt). Sie sieht im ländlichen Raum auch einen Bedarf, etwa für barrierefreie Seniorenwohnungen. "Die Senioren dort haben oft auch nur kleine Renten und können oder wollen auch nicht immer in ihrem Haus wohnen bleiben", sagt sie.

Pläne für Mehring und Bitburg verworfen

Zuletzt habe die gbt überlegt, barrierefreie Wohnungen in Mehring (Landkreis Trier-Saarburg) und Bitburg (Eifelkreis) zu bauen. "Bei beiden Projekten sind die Kalkulationen negativ. Das heißt, wir können nicht bauen."

Sybille Jeschonek von der gbt wollte barrierefreie Seniorenwohnungen in Mehring und Bitburg bauen. Doch das sei mit der aktuellen Förderung des Landes nicht möglich.

Sybille Jeschonek von der gbt wollte barrierefreie Seniorenwohnungen in Mehring und Bitburg bauen. Doch das sei mit der aktuellen Förderung des Landes nicht möglich.

Der Trierer Juniorprofessor und Experte für Wohnungsbaupolitik, Michael Mießner, beobachtet die Probleme im ländlichen Raum ebenfalls. In vielen Regionen seien die Mieten dort in den letzten Jahren gestiegen, etwa zwischen Tier und Luxemburg.

Auch auf dem Land steigen die Mieten

Grund dafür sei, dass derzeit viele Menschen aus den Städten aufs Land ziehen. Damit würden sie die Wohnungspreise und die Immobilienpreise in die Höhe treiben, sagt er. "Das führt gleichzeitig zu Verdrängungseffekten. Die bisherigen Bewohnerinnen und Bewohnern werden immer weiter ins Ländliche gedrängt. Aber dort finden sie keine passenden und bezahlbaren Wohnungen." Das sei ein Problem, das viele ländliche Regionen derzeit umtreiben würde, erklärt Mießner.

Das Land Rheinland-Pfalz schreibt auf SWR-Anfrage, dass die Mietwohnraumförderung vor allem in den Städten nachgefragt werde. Gleichzeitig seien aber auch Projekte für rund 65 Millionen Euro in ländlicheren Regionen umgesetzt worden. Für den Kreis Birkenfeld gilt das nicht. Dort dürften die Wartelisten für günstige Wohnungen künftig immer länger werden.

Sendung am Mo., 4.11.2024 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz