Für Mieter könnte die Reform der Grundsteuern in Rheinland-Pfalz zu höhen Mietksoten führen. Die Grundsteuer auf Gewerbeimmobilien sinkt den Plänen nach, die für Wohnimmobilien würde steigen. Diese Kosten gäben Vermieter dann sehr wahrscheinlich an ihre Mieter weiter.

Rheinland-Pfalz Wohl keine Korrekturen an umstrittener Grundsteuerreform in RLP

Stand: 12.09.2024 15:53 Uhr

Die umstrittene Grundsteuerreform tritt in Rheinland-Pfalz offenbar ohne Änderungen Anfang 2025 in Kraft. Das sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums dem SWR. Die CDU befürchtet steigende Wohnkosten und fordert Korrekturen.

Schon im vergangenen März hatte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) erklärt: "Wir setzen das Bundesmodell um." Einsprüche gebe es in allen Ländern, auch in denen, die eigene Modelle entwickelt und sich nicht dem Bundesmodell angeschlossen hätten.

Die rheinland-pfälzische CDU-Fraktion hatte die Landesregierung schon zuvor aufgefordert, Ungerechtigkeiten bei der Grundsteuerreform auszuräumen. Andernfalls würden die Wohnkosten in vielen Orten steigen.

Warum muss die Grundsteuer neu berechnet werden?

Im Jahr 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht das derzeitige System der steuerlichen Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken für verfassungswidrig erklärt, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandele und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoße. Die bisherige Grundsteuer hatte sich auf Jahrzehnte alte Grundstückswerte aus Ost- und Westdeutschland gestützt. Da sich die Werte von Gebäuden und Grundstücken sehr unterschiedlich entwickelt hatten, musste für vergleichbare Immobilien teils sehr unterschiedlich hohe Grundsteuer bezahlt werden. Der Gesetzgeber musste daher das Gesetz bis Ende 2019 neu regeln. Ab dem 1. Januar 2025 muss die Grundsteuer dann auf Grundlage des neuen Rechts erhoben werden. Mit dem neuen Gesetz haben die Kommunen nun auch die Möglichkeit, auf unbebaute oder baureife Grundstücke höhere Steuern zu verlangen. Damit sollen Grundstückseigentümer dazu gebracht werden, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Die Reform soll aufkommensneutral sein. Das heißt, dass unter dem Strich die Einnahmen die gleichen bleiben sollen, die Belastungen einzelner Immobilien dürften sich aber teils deutlich ändern.  Wichtig für die Berechnung der Grundsteuer sind grundsätzlich drei Faktoren: der Wert des jeweiligen Grundbesitzes. Er richtet sich unter anderem nach der Grundstücksfläche und dem Alter des Gebäudes. Außerdem die sogenannte Steuermesszahl, die vom Finanzamt festgelegt wird und der Hebesatz, dessen Höhe wiederum die Kommunen festlegen.

Karina Wächter, die Fraktionssprecherin für Steuern und Abgaben, warf der Landesregierung nun erneut mangelnde Initiative vor, wenn es darum gehe, eine drohende Schieflage zu verhindern. So würde nach dem künftigen Modell die Steuerlast für Gewerbegrundstücke sinken und für Wohnimmobilien steigen, sagte die CDU-Politikerin.

Städtetag: Gescheiterte Reform

Der rheinland-pfälzische Städtetag spricht von einer gescheiterten Reform. Ohne eine Korrektur müssten viele Kommunen höhere Steuern verlangen. Es sei zu erwarten, dass Vermieter die Mehrkosten auf ihre Mieter umlegen. Gespräche darüber mit der Landesregierung hätten jedoch zu keiner Einigung geführt.

Länder können vom Bundesgesetz abweichen

Ländern, die sich nicht dem Bundesmodell anschließen wollen, wurde durch eine Grundgesetzänderung die Möglichkeit gegeben, ein eigenes Modell oder teils abweichende Regelungen einzuführen. Ohne diese "Öffnungsklausel" wäre die Reform gefährdet gewesen.

Mehrere Bundesländer, darunter Baden-Württemberg, weichen mit eigenen Landesgesetzen vom Bund ab, andere in einzelnen Regeln.

So wird in Nordrhein-Westfalen den Kommunen freigestellt, für Wohn- und andere Grundstücke jeweils unterschiedliche Hebesätze anzuwenden. In Rheinland-Pfalz sind diese oder mögliche andere Anpassungen nach Angaben des Finanzministeriums nicht geplant.

Keine Zustimmung in RLP für unterschiedliche Hebesätze

Es sei Wunsch der kommunalen Spitzenverbände gewesen, keine differenzierten Sätze einzuführen, teilte das Finanzministerium mit. Das bestätigten auch einzelne Kommunen. Mainz und Ludwigshafen beispielsweise sind explizit gegen verschiedene Hebesätze.

Der Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, Moritz Petry, sagte: "Das wäre eine bürokratische Mammutaufgabe, die mit Blick auf die laufende Frist so kurzfristig nicht erledigt werden kann." Die handwerklichen Fehler auf Landes- und Bundesebene dürften nicht zulasten der Kommunen gehen, die im Zweifel einer Klageflut ausgesetzt würden, warnte Petry. 

Gemeinde- und Städtebund für Anpassung der Messzahlen

Der Gemeinde- und Städtebund sei für eine Anpassung der sogenannten Messzahlen - die sind neben dem Hebesatz und dem Wert des Grundbesitzes ebenfalls wichtig für die Berechnung der Grundsteuer. Die Messzahlen werden von den Finanzämtern festgelegt. Einen solchen Weg hätten etwa Sachsen und das Saarland gewählt, sagte Petry. Das Modell im Saarland sieht niedrigere Messzahlen für Wohngrundstücke und im Vergleich höhere für Geschäftsgrundstücke vor. Mit dem so modifizierten Bundesmodell solle der Mehrbelastung der zu wohnlichen Zwecken genutzten Grundstücke entgegengewirkt werden, heißt es vom dortigen Finanzministerium. 

Das Finanzministerium in Mainz teilte mit, das Land habe sich für das Bundesmodell entschieden und die ursprünglich bundeseinheitlich festgelegten Messzahlen übernommen. "Eine Änderung der Messzahlen ist überhaupt nicht mehr möglich, da bereits fast alle Grundsteuermessbescheide an die Steuerpflichtigen versandt wurden und eine Änderung die Neufestsetzung dieser Bescheide erfordern würde." 

Rheinland-Pfalz habe den Kommunen das Angebot zur Einführung gesplitteter Hebesätze gemacht, was diese nicht gewollt hätten. Die Messzahlen wolle das Land nicht ändern. "Also passiert derzeit im Ergebnis gar nichts und diesen Stillstand müssten schlimmstenfalls ab 2025 alle Eigentümer und Mieter in Rheinland-Pfalz finanziell ausbaden", sagte Christoph Schöll, Landesvorsitzender von Haus und Grund.

Bundesfinanzhof gab zwei Eigentümern aus RLP Recht

Möglicherweise wird aber alles wieder vor dem Bundesverfassungsgericht enden, das 2018 den Anstoß zur Reform gegeben hatte. Das liegt auch an zwei Wohnungseigentümern aus Rheinland-Pfalz. In zwei Eilverfahren hatte der Bundesfinanzhof ihnen Ende Mai im Streit mit dem Finanzamt Recht gegeben.

Sie hatten gegen den Grundsteuerbescheid vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz geklagt. Weil dieses ebenfalls Zweifel an der Neuregelung hatte, rief es den Münchner Bundesfinanzhof an.

Eigentümer müssten die Möglichkeit haben nachzuweisen, dass der tatsächliche Wert ihres Grundstücks deutlich unter dem vom Finanzamt festgestellten Wert liege, heißt es in dem Beschluss des Bundesfinanzhofs.

Der Eigentümerverband Haus und Grund und der Bund der Steuerzahler hatten nach dem Urteil angekündigt, ihre Musterklagen vor den Finanzgerichten voranzutreiben. "Es wird eine zeitnahe Entscheidung aus Karlsruhe angestrebt", hieß es.

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