Tino Chrupalla (l-r), AfD-Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der AfD, Jörg Urban, Vorsitzender der AfD in Sachsen, und Alice Weidel, AfD-Bundesvorsitzende, stehen auf einer Wahlkampfveranstaltung ihrer Partei auf dem Theaterplatz auf der Bühne und singen die deutsche Nationalhymne. Am 1. September 2024 wird in Sachsen ein neuer Landtag gewählt.

Sachsen AfD-Wahlkampfabschluss: Weidel setzt auf "Blaues Wunder" in Sachsen

Stand: 31.08.2024 18:20 Uhr

Die AfD liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU. Zum Wahlkampfabschluss am Donnerstag in Dresden erhält die Partei Unterstützung von ihren Bundessprechern Tino Chrupalla und Alice Weidel. Während Spitzenkandidat Jörg Urban den Willen seiner Partei zur Macht betont, fordert Chrupalla ein Ende der Ukraine-Hilfe. Alice Weidel wünscht sich "ein zweites 1989" und will einen fünfjährigen Aufnahme- und Einbürgerungsstopp durchsetzen.

Von Johann-Christoph Landgraf, MDR SACHSEN

Unter einem strahlend blauen Himmel und bei sommerlichen Temperaturen findet am Donnerstagabend auf dem Dresdner Theaterplatz der Wahlkampf der AfD sein offizielles Ende. Die beiden AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla und Alice Weidel rollen in zwei schwarzen Limousinen an der Hofkirche vorbei und steigen hinter der Bühne aus. Davor haben sich gut 1.000 AfD-Anhänger versammelt. Ihnen gegenüber stehen einige hundert Gegendemonstranten, die mit Blasmusik, Sprechchören und Trillerpfeifen gegen die Veranstaltung protestieren.

Seit Wochen liefert sich die AfD ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU. Je nach Umfrage liegt mal die eine, mal die andere Partei vorne. Das von der AfD zu Beginn des Wahlkampfes proklamierte Ziel, die Christdemokraten abzuhängen und 40 Prozent der Stimmen zu erreichen, wird nach derzeitigem Stand wohl verfehlt. In der jüngsten Umfrage von Infratest-Dimap im Auftrag der ARD liegt die Partei bei 30 Prozent.

Wendt: "Sind auf Machtwechsel vorbereitet"

Der stellvertretende AfD-Landtagspräsident und Direktkandidat André Wendt gibt sich siegessicher: Man habe den Anspruch zu regieren. Deutschland würde immer mehr an die Wand gefahren. Damit sich in Deutschland etwas ändere, müsse man am Sonntag mit beiden Stimmen AfD wählen. Man sei "inhaltlich und personell" auf einen "Machtwechsel" in Sachsen vorbereitet, so Wendt.

AfD-Wahlkampfabschluss und Gegenprotest in Dresden

Urban greift CDU an

Als der sächsische AfD-Vorsitzende und Spitzenkandidat Jörg Urban die Bühne betritt, brandet lautstarker Applaus auf - aber auch die Pfiffe der Gegendemonstranten wird lauter. Urban greift zunächst die im Freistaat regierende Koalition von CDU, SPD und Grünen an: Seit fünf Jahren gebe es in Sachsen keine "solide bürgerliche Politik" mehr. Stattdessen regierten in Sachsen "grüne Ideologie, Planwirtschaft und Freiheitsfeindlichkeit“. Das sei das Gegenteil von dem, was die "fleißigen, gebildeten und doch sehr bodenständigen" Sachsen von der Politik erwarten würden, so Urban.

Aus der Opposition heraus habe man die eigenen Positionen in Form von Anträgen im Landtag zur Abstimmung gestellt: Abschaffung des Rundfunkbeitrags, Beendigung der Sanktionen gegen Russland, Senkung der Steuern, Stärkung der familiären Pflege - alles habe die CDU abgelehnt, so Urban. Und noch etwas hätten die vergangenen fünf Jahre gezeigt: "Die CDU braucht Grüne und SPD, um an der Macht zu bleiben." Sollten sie in den Landtag einziehen, werde die CDU wieder "mit den Grünen ins Koalitionsbett steigen", sagte er. "Schicken wir die CDU dahin, wo sie hingehört: auf die Oppositionsbank", fordert Urban und erntet dafür starken Beifall.

Interview mit Jörg Urban – Spitzenkandidat der AfD in Sachsen

Chrupalla: AfD will Deutschland "umkrempeln"

Bundessprecher Tino Chrupalla erklärt, man wolle von Dresden aus Deutschland "umkrempeln". Deutschland werde durch den "Wirtschaftskrieg" gegen Russland deindustrialisiert. Energieintensive Betriebe stünden vor der Insolvenz oder Schließung. Für diese Unternehmen müsse Politik gemacht werden. Man wolle den Mittelstand, die Unternehmer und Handwerker gegen die "Abrissbirne" der Ampel-Wirtschaftspolitik verteidigen, so Chrupalla.

Die Ansiedlung des taiwanesischen Chipherstellers TSMC in Dresden sei nur gelungen, weil fünf Milliarden Euro Steuergelder investiert worden seien, so Chrupalla. Ohne solche Subventionen würden Unternehmen dem Wirtschaftsstandort Sachsen wegen zu hoher Energiepreise den Rücken kehren. Deshalb fordere die AfD einen breiten Energiemix aus Kohle, Atomkraft und "ja, auch Gas aus Russland".

Mit drastischen Worten kritisiert Chrupalla die Außenpolitik von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die sich "wie eine Elefantin mit Trampolin im Porzellanladen" verhalte. Oppositionsführer Friedrich Merz wirft er vor, er habe "seine Vergangenheit als Black-Rock-Lobbyist" nie abgelegt. Damit spielt er auf die Vergangenheit des CDU-Bundesvorsitzenden als Aufsichtsrat bei der einflussreichen Fondsgesellschaft "Blackrock" an. Deutschland habe durch Sozialabgaben an ukrainische Flüchtlinge und Militärhilfen "mehr als genug" Geld an die Ukraine gezahlt: "Die Ukraine ist nicht das 17. Bundesland der Bundesrepublik Deutschland", so Chrupalla.

Die Ukraine ist nicht das 17. Bundesland der Bundesrepublik Deutschland. Tino Chrupalla | AfD-Bundessprecher

Weidel will "zweites 1989"

Die von den Anhängern laut beklatschte Schlussrednerin Alice Weidel bezeichnet Dresden als "Stadt der klügsten Köpfe". Neben vielen Erfindungen sei Dresden auch für das Blaue Wunder bekannt, sagt Weidel schmunzelnd. Und fügte lauter hinzu: "Und das blaue Wunder wird nicht nur in Dresden passieren, am Sonntag, sondern in ganz Sachsen und Thüringen." In Sachsen und Thüringen entscheide sich die Zukunft ganz Deutschlands, so Weidel. Man brauche "ein zweites 1989", so Weidel in Anspielung auf die Friedliche Revolution.

Teilnehmer einer Wahlkampfveranstaltung der AfD Sachsen stehen auf dem Theaterplatz vor der Semperoper. Am 1. September 2024 wird in Sachsen ein neuer Landtag gewählt.

Rund 1.000 Menschen verfolgten den Wahlkampfabschluss der AfD auf dem Dresdner Theaterplatz.

Und das blaue Wunder wird nicht nur in Dresden passieren, am Sonntag, sondern in ganz Sachsen und Thüringen! Alice Weidel | AfD-Bundessprecherin

Weidel bezeichnet Gegendemonstranten als "Ausfluss"

Als die Gegendemonstranten "Nazis raus" skandieren, greift Alice Weidel das auf und bezeichnet diese als "Ausfluss" und "Schlägertrupps des Politbüros". Die AfD sei gegen jede Form von Extremismus: "Wir sind gegen Rechtsextremismus, wir sind gegen Islamismus, wir sind gegen Linksterrorismus!" Wäre die AfD in der Regierung, würde die "Antifa" verboten, so Weidel.

Weidel fordert Aufnahme- und Einwanderungsstopp

Den Anschlag von Solingen nutzt sie für einen Angriff in Richtung Union: Der Attentäter hätte längst abgeschoben werden müssen, doch die CDU-geführten Behörden in NRW hätten "einfach ein Auge zugedrückt", so Weidel. Das vor wenigen Tagen von der Ampel vorgelegte Asyl- und Migrationspaket bezeichnet Weidel als "die reinste Panik vor den Landtagswahlen". Hätte man den politischen Willen gehabt, hätte man die beschlossenen Maßnahmen schon früher durchsetzen können, so Weidel. Anschließend wiederholt Weidel ihre Forderung nach einem fünfjährigen Aufnahme- und Einbürgerungsstopp bei gleichzeitiger Schließung der Grenzen.

Zwei Männer zeigen Hitlergruß

Nach der Veranstaltung haben zwei Teilnehmer nach Polizeiangaben den Hitlergruß gezeigt. Ein 33- und ein 26-Jähriger müssen sich wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten. Einem 50-Jährigen wird zudem Beleidigung vorgeworfen. Außerdem ermittelt die Polizei gegen einen 19-Jährigen, der während der Kundgebung den sogenannten "Kühnengruß" gezeigt haben soll - eine Anwandlung des Hitlergrußes.

Der sächsischen AfD-Landesverband wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft.