Sachsen Blick ins Innere: Sonderprüfung für 19 sächsische Brücken
Der teilweise Einsturz der Dresdner Carolabrücke im September war wie ein Weckruf. Politisch wird reagiert: Die Kommunen und auch das Land Sachsen wollen genauer hinschauen. Verkehrsminister Martin Dulig hat am Dienstag im Kabinett einen Zwischenbericht zum Zustand sächsischer Brücken vorgestellt.
- Der Anteil der Brücken im schlechten Zustand in Sachsen hat sich seit 2020 erhöht.
- Brücken sollen nun gründlicher untersucht werden.
- Laut Verkehrsminister Dulig sind eventuell weitere Brückensperrungen in Sachsen notwendig.
In Sachsen werden 19 Spannbetonbrücken aus den 1960er bis 1980er Jahren einer Sonderprüfung unterzogen – neun auf Bundesstraßen und zehn auf Staatsstraßen. Diese sind teilweise von ähnlichen Schäden wie bei der teileingestürzten Carolabrücke in Dresden bedroht, wie Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung eines Zwischenberichts mitteilte.
In all diesen Brücken ist laut Dulig "spannungsrisskorrosion-gefährdeter Spannstahl" verbaut, der unter bestimmten Bedingungen plötzlich versagen kann. "Ich will aber auch deutlich machen: Diese 19 Brücken gelten damit nicht automatisch als einsturzgefährdet." Die Untersuchungen werden vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASUV) durchgeführt.
Ich will aber auch deutlich machen: Diese 19 DDR-Brücken gelten damit nicht automatisch als einsturzgefährdet. Martin Dulig (SPD) | Verkehrsminister
Mehr Brücken im schlechten Zustand als noch 2020
Insgesamt verwaltet das Land Sachsen dem Zwischenbericht zufolge rund 2.500 Brücken, inklusive Staats- oder Bundesstraßen, die darüber führen. Laut standardisierter Testverfahren sind etwa 90 Prozent der Brücken im Freistaat in einem sehr guten bis ausreichenden Zustand. Das bedeutet im Umkehrschluss: 10 Prozent sind es nicht. Damit hat sich der Anteil dieser Brücken im schlechten Zustand seit 2020 erhöht.
Ziel ist laut Verkehrsminister, dass man diese rund 250 Brücken bis 2030 saniert: "Denn die Sicherheit unserer Straßeninfrastruktur hat höchste Priorität", so der Verkehrsminister. Dafür werde in den nächsten Jahren mehr Geld für Brückensanierungen benötigt.
Erstmals Blick ins Innere der Brücken geplant
Bei bisherigen standardisierten Brückenprüfungen wurde laut Zwischenbericht bislang nicht in die Bauwerke hineingeschaut. Wie sich im Falle der Carolabrücke zeigte, sind demnach diese Testverfahren nur bedingt aussagekräftig. Inzwischen geht man davon aus, dass es konkret der sogenannte Henningsdorfer Spannstahl war, der versagt hat, so der Verkehrsminister. Der verwendete Stahl sei insgesamt "spannungsrisskorrisionsgefährdet" und wurde damit als wesentlice Schadensursache identifiziert.
Nun werden erstmals Expertinnen und Experten den Zustand des Stahls im Inneren begutachten. Erstes Ergebnis dieser Prüfungen war demnach die Sperrung der Elbbrücke in Bad Schandau. Neun der Brücken auf der Liste werden den Angaben nach mit höherer Priorität behandelt.
Brücken mit hoher Priorität | Agra-Brücke in Leipzig an der B2B172, Bahnbrücke in Bad SchandauB 172, Elbebrücke in Bad SchandauS163, Brücke über den Lachsbach in PorschdorfS169, Brücke nach Krippen über BahnstreckeBrücke an der Bundesstraße 169 über über die K 7510 und den Gärtitzer BachBrücke über die Spree bei Uhyst an der Bundesstraße 156Brücke an der Staatsstraße 46 über die Pleiße bei MarkkleebergBrücke über die Bahngleise bei Zentendorf (Bw 4) an der Staatsstraße 127Brücke an der Bundesstraße 101 bei Großenhain |
Brücken, die ebenfalls geprüft werden | B169, Brücke über die Freiberger Mulde in DöbelnB 169, Brücke Bw 55b über die Bahnstrecke in DöbelnS190, Brücke über die Freiberger Mulde bei HilbersdorfB172, ElbebrückeS171, Brücke in KönigsteinB170, über die Rote Weißeritz/Umgehungsbrücke/Umgehungsbrücke DippoldiswaldeS261, Brücke Bw 8 über die Zschopau in WiesaS 50, Brücke über die Eula in KitzscherS 68, Brücke über die Weiße Elster in PegauS 68, Brücke über den Elstermühlgraben nördlich Pegau |
Dulig: Eventuell weitere Brückensperrungen notwendig
Dem Verkehrsminister zufolge sollen nun alle 19 Brücken intensiv geprüft und mit Monitoringsystemen ausgestattet werden. Eventuell sei es dabei auch wieder nötig, Brücken zu sperren, wie bereits bei der Elbbrücke in Bad Schandau. Die hatte zwar zuletzt eine Bewertung von 2,5 erhalte, wurde jedoch aufgrund der Erkenntnisse aus der Sonderprüfung vorübergehend gesperrt.
Auch könne es zu einer teilweisen Nutzungseinschränkung kommen, die etwa durch Instandsetzungs- oder Verstärkungsmaßnahmen sowie Ersatzneubauten erforderlich werden können. Im 1. Quartal 2025 sollen die Prüfungen abgeschlossen sein. Aufgrund von Personalmangel geht es den Angaben zufolge nicht schneller.
So geht es nun mit der Brücke in Bad Schandau weiter
Laut Verkehrsministerium werden in den kommenden Wochen an der Brücke vertiefende Untersuchungen und statische Nachrechnungen durchgeführt. Die Ergebnisse werden demnach voraussichtlich Ende 2024 vorliegen. Auf deren Grundlage sei über die weitere Nutzung der Brücke zu entscheiden.
MDR (kav/cst), dpa