Sachsen Darum wird der Advent für die DVB in Dresden sportlich
Wie wichtig eine Brücke als Lebensader für eine Großstadt ist, spürt Dresden, seitdem die Carolabrücke zum Teil einstürzte und gesperrt wurde. Autos, Busse und Straßenbahnen werden seither umgeleitet. Die DVB wollen den Zehn-Minuten-Takt einhalten, auch wenn wegen der vielen Umleitungen und Nadelöhre noch mehr Staus und Hektik drohen. In der Leitstelle hat ein halbes Dutzend Mitarbeiter die Verkehrslage immer Blick.
- Die gesperrte Carolabrücke bringt auch den Dresdner Verkehrsbetrieben Umstände und Stress.
- Mitarbeiter der Leitzentrale müssen Strecken und Fahrpläne im Kopf haben und jahrelang selbst Fahrer gewesen sein.
- DVB appelliert an Besucher und Einheimische im Advent: Bitte Auto stehen lassen und ÖPNV nutzen.
606.000 Menschen fahren an Werktagen mit Bussen und Straßenbahnen durch Dresden. Dafür stellen die kommunalen Verkehrsbetriebe (DVB) rund 150 Straßenbahnen und 150 Busse bereit. Und an einer Stelle in der Stadt sind die alle auf einer Videowand als Pünktchen zu sehen. Diese Wand in der Leitzentrale der DVB in Dresden-Trachau nennen Ingenieure rechnergestütztes Betriebsleitsystem. Für Laien gleicht die Übersicht einem digitalen Spinnennetz, in dem sich Leuchtpunkte - Käfern gleich - langsam hin und herbewegen. Fünf Augenpaare in der Verkehrsleitzentrale wissen dadurch immer, was los ist - in den Tag- und Nachtschichten.
Farben zeigen Pünktlichkeit an
Der Gruppenleiter Betriebslenkung, Jörg Pinter, steht vor dieser Videowand und sieht viele grüne Punkte. Die Busse und Bahnen sind pünktlich. Die gelb leuchtenden sind eine Minute verspätet unterwegs, erklärt der 55-Jährige. Braun leuchtende Punkte bedeuten mehr als zehn Minuten Verspätung.
Doch beim Blick auf die roten Punkte auf Unfälle oder Totalausfall zu schließen, ist falsch. "Nein, das sind Fahrzeuge, die verfrüht unterwegs sind. Eine zu frühe Abfahrt ist ein No Go", erklärt der Sprecher der DVB, Falk Lösch. Vor der Zeit laut Fahrplan abzufahren, könne man Passagieren nur schwer erklären. "Wir achten darauf, dass die Fahrer gemäß Zeit im Plan fahren. Sie bekommen die Ansage, zu warten."
Eine zu frühe Abfahrt ist ein No Go. Das kann man den Passagieren nur schwer erklären. Falk Lösch | Sprecher der DVB
Der Teileinsturz der Carolabrücke sei auch für das Verkehrsunternehmen ein großes Problem. Über den Brückeneinsturz war der DVB-Betriebslenker Jörg Pinter nach eigenen Worten "fassungslos gewesen". "Als ich die ersten Fotos der Brücke gesehen habe, dachte ich: 'Das ist bestimmt mit einer KI erstellt worden.'" Und dann: "Wir mussten Straßenbahnlinien umverteilen und Strecken ändern. Jetzt fahren viel mehr Bahnen über die Augustusbrücke." Zudem gebe es mehr Verspätungen auf den Linien, vor allem bei denen, die über die Marienbrücke führen.
Seit dem Einsturz der Carolabrücke fahren die Linien 3 und 7 auch mit über die Augustusbrücke in Dresden. Die ist seit der Sanierung für den sonstigen Straßenverkehr gesperrt.
Die jeweils fünf Mitarbeiter pro Schicht in der Schaltzentrale arbeiten nicht mit KI, sondern mit den Streckenplänen und jahrelanger Berufserfahrung als Bus- und/oder Straßenbahnfahrer. "Die Kollegen haben die Fahrpläne im Kopf und kennen alle Strecken. Ohne dieses Wissen geht es nicht", so Pinter. Auch er steigt noch selbst als Fahrer in Bus oder Bahn, "wenn es die Zeit zulässt. Aber rauszukommen ist schwieriger geworden."
Wenn der Disponent Max Zieschang an seinem Schreibtisch in der Leitstelle wenig zu tun hat, können sich die Fahrgäste freuen, denn dann rollt der Verkehr. Doch in den kommenden Wochen wird es auf den Linien der DVB in Dresden voll und stressig werden.
Zahl der Tram-Unfälle erst am Jahresende beurteilen
Dass es wegen der neuen Streckenführungen und fehlenden Carolabrücke als Querung zu mehr Straßenbahnunfällen in Dresden gekommen sein soll, kann Jörg Pinter nicht bestätigen. "Wetterbedingt gibt es im Oktober und November immer mehr Unfälle als im Sommer. Wir werden erst am Jahresende sehen, ob es in diesem Herbst massiv mehr Probleme gab als in anderen Jahren."
Es ist schon schwieriger geworden, weil Dresden jetzt eine Elbebrücke weniger hat. Jörg Pinter | Straßenbahnfahrer und Betriebslenker der DVB
Doch sollten noch mehr Brücken in Dresden gesperrt werden müssen, "wird es richtig spannend für uns", sagt Pinter und hofft, dass es so weit nicht kommt. Denn auch Autobahnsperrungen rings um Dresden oder die kommende Adventszeit würden den DVB-Fahrern genug Stress bringen. Im Advent fahren nach Unternehmensangaben neben den mehr als 600.000 Fahrgästen werktags noch rund 150.000 zusätzliche Gäste mit, die zum Einkaufen oder auf die Weihnachtsmärkte wollen.
Gegen Adventsstress: Auswärtige sollen P+R-Parkplätze nutzen
"Auch ohne eingestürzte Brücken war im Advent in Dresden schon immer viel los. Aber in diesem Jahr rechnen wir mit einer noch höhere Nachfrage", erklärt der DVB-Sprecher Lösch. Das liege auch am Deutschland-Ticket. Er bittet alle Auswärtigen, sich vorab über Park-and-Ride-Parkplätze zu informieren "und nicht mit dem Auto in die Innenstadt zu kommen". Es werde extra eine Straßenbahnlinie (Linie 20) die Messe anfahren und Besucher direkt zu den Weihnachtsmärkten bringen.
Einheimische sollten gleich ÖPNV nutzen
Dem Appell schließt sich auch der Leitzentralen-Chef Jörg Pinter im Namen seiner DVB-Fahrerinnen und Fahrer an. "Jedes Auto, das in diesem Advent in die Stadt fährt, wird zum Problem, weil schon so viel Verkehr auf den verbliebenen Straßen ist." Und seien Kreuzungen und Straßen dicht, gebe es auch für Busse und Bahnen ohne eigene Fahrspuren kein Vorwärtskommen mehr.
Der Advent wird sportlich für uns. Wir appellieren an die Dresdner, im Advent unbedingt den ÖPNV zu nutzen. Jörg Pinter | Gruppenleiter Betriebslenkung bei der DVB