In der Collage ist auf der linken Seite Olaf Richter abgebildet. Er trägt einen Anzug und hat die Arme vor der Brust verschränkt. Auf der rechten Seite ist der abgesperrte Tatort im Nebel zu sehen. Im Hintergrund sind Polizisten und ein Polizeiauto zu sehen.
Das Wort "Interview" befindet sich in der Mitte der Collage.

Sachsen Dresdner Soko-Chef bleibt bei Insider-Theorie: "Irgendwoher müssen die Informationen gekommen sein"

Stand: 18.11.2024 12:00 Uhr

Am 25. November 2019 waren aus dem Grünen Gewölbe Schmuckstücke mit 4.300 Diamanten und Brillanten im Wert von geschätzt 116,8 Millionen Euro gestohlen worden. Die Täter hinterließen hohe Sachschäden. Kriminaloberrat Olaf Richter leitete die Soko "Epaulette". Jetzt spricht er erstmals ausführlich über Details der aufwändigen Ermittlungen in Dresden und Berlin, über das Gefühl, Diamanten im Wert von 50 Millionen wegzutragen und von Zweifeln. Er vermutet weiter Hintermänner, die den Coup planten.

Von Heike Römer-Menschel, MDR SACHSEN

Wie erfuhren Sie vor genau fünf Jahren von dem Einbruch?

Olaf Richter: Ich bin auf Arbeit gelaufen, damals ja noch über die Carolabrücke. Und es roch leicht brenzlig aufgrund des Brandes im Pegelhaus. Mehr war für mich aufgrund der Dunkelheit - November, diesig - nicht zu erkennen. Ich habe dann im Lagefilm recherchiert, was passiert ist. Und da ist dieser Einbruch ins Schloss erschienen. Und dann klingelte auch schon das Telefon und es ging mit allem, was aus dem Bereich Einbruch schon im Dienst war, früh kurz nach sechs zum Tatort.

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Also, Sie waren auch am Tatort?

Ich bin unmittelbar zu Fuß zum Grünen Gewölbe.

Was haben Sie da gesehen?

Gesehen nicht viel, außer, dass das Gitter fehlt und eine Polizeiabsperrung da ist. Der eigentliche Tatort ist natürlich auch für Ermittler erstmal tabu. Auch der Blick um die Ecke war dort noch nicht gegeben, zumindest in den ersten Stunden.

Wann durften Sie endlich rein? Und was bot sich für ein Bild?

Also, ich sage mal um die Ecke schauen von Weitem dann am Mittag dieses Tages. Man sah zerschlagene Scheibensplitter, Vitrinen-Überreste, Holzleisten und auch Glas, auch Teile von zerstörtem Schmuck. Auf dem Boden lag und Schaum oder Pulver von einem Feuerlöscher, der dort zur Spurenvernichtung eingesetzt wurde von den Tätern.

Welche Dinge macht die Spurensicherung?

Aus Sicht der Kriminaltechniker: sich einen Überblick verschaffen, wo die Täter irgendetwas angefasst haben könnten oder wo sie gewirkt haben. Man hat diesen großen Raum, dieses Juwelenzimmer. Und dann muss man sich in den Täter hineinversetzen. Was hat der berührt? Egal, ob mit Handschuhen oder nicht? Was hat er gemacht? Diese Bereiche gilt es herauszufinden. Und die werden dann von außen nach innen bearbeitet, also hauptsächlich abgeklebt. Und dann auch nach daktyloskopischen Spuren (Sichtbarmachung von Finger- oder Fußspuren, Anmerk. der Red.) gesucht und diese Abklebungen dann auf Fasern, DNA und weiteres Material untersucht.

Diebesgut Grünes Gewölbe: Bruststern und Achselband

Der Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens (links) gehörte zu den Gegenständen, die die Polizei Ende 2022 in Berlin sichergestellt hat. Die Epaulette mit dem "Sächsischen Weißen" (re.) fehlt nach wie vor. (Archivbild)

Sie haben den Tatablauf auch nachgestellt. Warum machen Sie so etwas?

Ja, um zu schauen, welche Abläufe notwendig sind. Ist das wirklich so, wenn jetzt unterhalb des Gitters jemand langläuft, dass das wirklich keinen Alarm auslöst? Oder ob das Alarm auslöst? Auch das Verhalten der Wachleute und die Abläufe dort, auch die technischen. Wann geht welcher Melder los? Wie lange braucht man? Und wie kommt man überhaupt durch das Gitter durch? Kommt man dort ohne Weiteres ohne Hilfsmittel hoch? Um all das nachzuvollziehen.

Was haben Sie zu diesem toten Winkel am Gitterfenster am Residenzschloss ermittelt?

Ja, dass der tote Winkel eben vorhanden ist aufgrund der baulichen Gegebenheiten. Wo der Scanner angebracht ist, ist eben diese Ecke nicht ausgeleuchtet gewesen. Die ist nicht überwacht gewesen mit dem Scanner. Auch das bestärkt jetzt wieder in Richtung Insider. Das muss man wissen, das sieht man ja nicht. Es ist nicht so, dass dieser Laserscanner, ich sage jetzt mal, wie im Film diese roten Punkte im Museum oder diese roten Linien zeigt. Das muss man wissen. In den Einlassungen vor Gericht haben die Angeklagten gesagt, dass man das eben probiert habe, dass man davor rumgeturnt sei, um zu sehen, was passiert denn nun? Und weil nichts passiert ist, ist man davon ausgegangen, dass es eben nicht überwacht ist. Aber...

Aber? Sie denken, dass es Insider gab?

Ja, irgendwoher müssen Informationen gekommen sein. Es ist einfach für mich und auch für die Kollegen schwer vorstellbar, dass eine Familie Remmo vor der Landkarte steht und sagt: 'Morgen ist Dresden dran.' Irgendwie muss es aus meiner Sicht da einen Hinweis oder irgendetwas gegeben haben. Bei den Verhandlungen haben sie sich ja dann dahingehend eingelassen, dass sie gesagt haben ja, es war ein Bekannter auf Klassenfahrt in Dresden. Dann hat er hier einen großen grünen Stein gesehen. Den wollte man unbedingt haben. Das sei der ausschlaggebende Punkt gewesen. Kann man glauben, muss man nicht.

Ich wunderte mich, dass man sich so frei und unbemerkt dort bewegen konnte und das nicht bemerkt wurde. R. Remo | Zitat aus Gerichtsverhandlung vom 17. Januar 2023

Wie war die Stimmung, die Atmosphäre in Ihrem Ermittler-Team?

Die Stimmung war zu Beginn natürlich sehr stressbelastet. Es war von Vornherein ja nicht klar, in welche Richtung das geht. Und seitens der Politik und Vorgesetzten, also es war schon die Maßgabe, es möchten hier Ergebnisse kommen. Wobei der Druck jetzt nicht massiv aufgebaut wurde. Dennoch war die Erwartungshaltung an die Arbeit für uns sehr, sehr hoch.

  • Mehr Details gibt es seit Montag, 18. November 2024, in der Exakt-Story "Die Beute der Remmos" in der ARD-Mediathek zu sehen.

Was waren am Anfang Ihre wichtigsten Spuren?

Die wichtigsten Spuren waren in der Tat die Videoaufzeichnung, die ja nicht nur im und am Residenzschloss gesichert wurden, sondern dann auch in Richtung des anderen Tatortes, also der Tiefgarage Kötzchenbrodaer Straße. Da sind uns von einer Gaststätte Videoaufnahmen zur Verfügung gestellt wurden, wo Autos gesehen wurden, die für uns durchaus als Tatfahrzeuge in Frage kamen und die dann die Ermittlungen auch in Richtung Kötzschenbroder Straße, Autobahn und auch zu diesen zwei Fahrzeugen, zum Audi und zum Mercedes brachten.

Und es gab in der Tat eine Zeugenaussage oder einen Hinweis, dass eben ein Mercedes-Taxi, das auch auf diesem Video zu sehen ist, was wir bekommen haben, zügig Richtung Berlin durch einen Baustellenbereich gefahren ist. Da hat sich das immer mehr verdichtet. Berlin kam sehr schnell in den Blick. Anrufe gab es schon am ersten Tag, wo es hieß: 'Also hier sind Parallelen eindeutig zu erkennen. Das sind unsere Remmos'. Die Berliner Kollegen waren in der ersten Woche auch schon hier. Da gab es einen Gedankenaustausch, der das Ganze noch einmal bestätigt hat, dass wir durchaus auf der richtigen Fährte sind.

Die Beute der Remmos

Kannten Sie den Namen vorher?

Nein, ich nicht. Es kann sein, dass es in der sächsischen Polizei irgendjemanden gibt, der sich mit Remmo schon vorher befasst hat. Aber für uns in der Polizeidirektion Dresden war das Neuland.

Dann war ja in der Tiefgarage der Audi gefunden worden, den hatten Sie nun. Welche Bedeutung hatte der?

Der hatte eine wahnsinnig hohe Bedeutung. Was wir damals nicht wussten, dass Familie Remmo die Fluchtautos generell oder meist anzündet, wenn sie Kapitaldelikte begeht, ob das ein Juwelier-Überfall ist, ob das ein Überfall auf einen Geldtransporter ist oder ein Einbruch. Die Autos werden auch im Sinne der Spurenvernichtung sehr oft angezündet. Hier mit der Tiefgarage - da glaube ich auch durchaus dem, was da von den Angeklagten übermittelt wurde, dass man das Auto im Freien anzünden wollte. Weil sich das Tor öffnete und jemand rausfuhr, und das dauert eine Weile, bis so ein Garagentor wieder zugeht, hat man gesagt, na gut, dann zünden wir das drinnen an und ist halt reingefahren. Man hätte dort auch durchaus in die Katastrophe schliddern können, wenn das nicht so schnell bemerkt worden wäre oder noch irgendetwas explodiert wäre oder so. Das ist zum Glück nicht eingetreten.

Das hat uns dann aber dahingehend geholfen, dass so eine besonders schwere Brandstiftung auch eine sogenannte Katalog-Tat ist und in der Folge für strafprozessuale Maßnahmen ein anderes Kapitel eröffnet als ein normaler, sage ich jetzt mal, Einbruch. Im Auto wurde ein Revolver gefunden mit Munition, auch Munition zu einer noch anderen Waffenart. Das hat das als Diebstahl mit Waffen noch einmal untermauert. Der Audi war für uns trotz des schlechten Zustandes - weil er total ausgebrannt war - dennoch ein Goldstück.

Das zweite Fahrzeug ist durch einen großen Zufall in Berlin dem Ordnungsamt aufgefallen. Das ist im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt worden. Die Scheibe auf der linken Seite im Fond stand offen. Das hat ein Bürger dem Ordnungsamt mitgeteilt. Und die haben im Rahmen der Eigentumssicherung eine Halter-Abfrage gemacht. Am Auto war ein Kennzeichen dran, eine sogenannte Doublette, die zu einem artgleichen Auto in Berlin gehört. Man hat beim Halter angerufen. Der hat aus dem Fenster geschaut und gesagt: 'Nein, mein Auto steht da.' Dann stimmt also irgendetwas nicht.

Man hat das Auto auf einen Verwahrplatz abgeschleppt. Die Tatverdächtigen oder deren Umgebung haben das mitbekommen, haben sicherlich Böses geahnt und versucht, das auf dem Verwahrplatz in Brand zu setzen. Zum Glück konnte das Feuer schnell gelöscht werden. Wahrscheinlich haben sie das Navigationsgerät dort erst rausgerissen. Das war dann für uns ein Fahrzeug, was wir zuordnen konnten und was auch spurentechnisch noch einmal eine große Hilfe war.

Wann und wodurch war die Gewissheit da, die Täter sitzen in Berlin?

Die absolute Gewissheit war vor dem Einsatzgeschehen da wegen der DNA-Spuren, die an der Innenseite des Mauerstückes in der Nähe des Einstiegsfensters am Residenzschloss ja Grundlage waren, unter anderem für den Haftbefehl und für die folgenden Einsatzmaßnahmen. Vorher haben wir schon immer gehofft, auf der richtigen Fährte zu sein und haben intensiv auch in Berlin ermittelt, was Familienstrukturen und andere Zusammenhänge betrifft. Der ausschlaggebende Punkt waren dann die Spuren im Bereich dieser Mauer, die zum Einsatz führten.

Bevor die Verhaftungen 2020 in Berlin stattfinden konnten, was musste da alles passieren?

Die Objekte waren im Vorfeld aufzuklären. Also wer wohnt dort? Wer hält sich dort auf? Gibt es Kinder, die eine Rolle spielen? Gibt es Hunde? Können wir zumindest einen Schlüssel schon mal von der Hauseingangstür beim Hausmeister besorgen? Das ist sehr, sehr aufwändig. Zumal das alles unter dem Deckmantel der Geheimhaltung erfolgte. Es sollte nichts nach außen dringen, dass im Rahmen dieses Einbruches in Berlin durchsucht wird. Das hätte sicherlich in Berlin im Vorfeld das eine oder andere schon hinfällig gemacht.

Wir haben wirklich 1.600 Einsatzkräfte zunächst nach Potsdam gebeten unter dem Vorwand eines Einsatzes zum Kriegswaffenkontrollgesetz. In der Nacht, in den frühen Morgenstunden des eigentlichen Einsatztages wurde gesagt, wo es hingeht. Wir als Dresdner, die ja auch die Durchsuchungsteams gestellt haben, wir wussten schon, worum es geht, aber die uns zugeordneten Kräfte, die haben das bis kurz vorher nicht gewusst. Das machte es dann noch mal kompliziert.

Wie ging der Tag los?

Der ging sehr, sehr früh los mit der Einweisung der Kräfte. Das war, glaube ich, kurz nach 2 und so gegen 4 Uhr hat man dann verlegt von Potsdam aus nach Berlin. Um 6 Uhr war der Start des zeitgleichen Durchsuchens. Das sind am Ende 20 Objekte gewesen, die zeitgleich durchsucht wurden. Ein Objekt ist nicht zwingend eine Wohnung. Das kann ein Bankschließfach sein. Das kann im Hinblick auf die Folierung eines Autos eine Werkstatt, eine Garage sein oder ähnliches.

Aber die Verhaftungen waren schon auch ein wichtiges Ziel?

Die Verhaftungen waren sehr, sehr wichtig. Und von den fünf, für die es Haftbefehle gab, sind auch drei verhaftet worden. Zwei sind nicht angetroffen worden.

Ist man dann da sauer, wenn so etwas passiert?

Man ist sauer, zumal auch der Druck wieder wächst. 'Ja, drei habt ihr, wo sind die anderen beiden? Was unternehmt ihr, um diese ebenfalls zu verhaften?' Das hat durchaus bis Mai gedauert. Aber es ist dank des Bundeskriminalamtes dann erfolgreich gewesen. Die Tatverdächtigen haben schon erst einmal gestaunt, dass sie überhaupt in U-Haft gegangen sind. Die dachten: 'Bei der ersten Haftprüfung, sind wir hier wieder draußen, weil ihr könnt uns ja nichts.' So nach dem Motto. Also, dieses durchaus ein bisschen arrogante Auftreten.

Irgendwann ging der Prozess in Dresden los. Haben Sie den auch verfolgt?

Natürlich. Der Prozess war zum einen für die Polizei auch wieder ein größerer Einsatz und für die Soko auch wichtig. Wir sind schon mit einer großen Überzeugung da reingegangen, dass es am Ende für eine Verurteilung reicht. Wie hoch die ausfällt, ja, das war nicht vorherzusehen. Wir haben auch nicht gewettet.

Wie zufrieden sind Sie darüber, wie es abgelaufen ist?

Ja, die Soko an sich und ich, wir sind zufrieden. Gerade durch die Rückführung der Schmuckstücke ist es zumindest versöhnlich. Wenn jetzt, ich sage mal, nur eine Verurteilung gewesen wäre ohne, dass etwas zurückgekommen wäre. Das hätte einen faden Beigeschmack gehabt. Aber dadurch, dass wenigstens etwas wieder da ist, ist schon Zufriedenheit da, ja.

Sie sprechen die Rückführung einiger Diamanten an, die zum Prozess-Deal gehörte.

Man hat in der Untersuchungshaft gemerkt, dass es darauf hinausläuft, dass eben auch diese schwere Brandstiftung in der Kötzschenbroder Straße im Urteil Berücksichtigung findet. Es gab Besuchsmöglichkeiten in Untersuchungshaft. Und die Besucher, das ist kein Geheimnis, die werden ja überwacht. Das ist auch für die Betroffenen ersichtlich. Und dort hat man in Gesprächen gemerkt, da ist schon ein bisschen Druck in Richtung Familie aufgebaut worden: 'Leute, lasst euch etwas einfallen'. Also, wir wollen hier keinesfalls, ich sage jetzt mal, ewig hinter Gitter verschwinden. Das war nach meinem Dafürhalten vielleicht der ausschlaggebende Punkt, dass man gesagt hat okay, geringere Haftstrafen für Geständnisse und Rückführung von dem, worauf wir Einfluss haben.

Ich habe alles dafür getan, dass die Schmuckstücke zurückgekehrt sind, auf welche ich noch Einfluss hatte. M. Remmo | Zitat aus Verhandlung vom 17. Januar 2023

Und dann haben Sie die Sachen auf dem Tisch gesehen…

Wir sind mit Staatsanwaltschaft und Begleitkräften relativ zügig nach Berlin gefahren und sind in diesem dunklen Treppenaufgang nach oben gegangen in die doch gut beleuchtete Kanzlei. Dort sagt der Herr Rechtsanwalt: 'Also, das liegt jetzt hier in diesem Beratungsraum'. Und dann guckst du um die Ecke. Weil im Vorfeld schon so ein bisschen durchgesickert war, der Degen könnte dabei sein. Da fragte ich, weil ich es so nicht sah: Na, wo ist denn hier der Degen? Dann wurde auf neun Einzelteile, die zusammenlagen, hingewiesen. Das waren die Stücken des Degens, der am Ende zerstört war. Die Klinge fehlt nach wie vor.

War für Sie offensichtlich, dass das die gesuchten Schmuckstücke sind?

Es gab Zweifler nach dem Motto,: 'Lasst euch jetzt hier nicht irgendetwas andrehen, was von Swarovski ist'. Aber die Stücke sind so einzigartig und ich habe da nie daran gezweifelt als ich die dann gesehen habe und auch die Beschädigungen. Die Tatortgruppe hat das spurenschonend verpackt. Und ja, am nächsten Tag ist es dann bestätigt worden durch die Restauratoren. Ich habe nie daran gezweifelt. Wir hatten auch extra ein Katalog mit, damit wir wussten, wie die Stücke bezeichnet werden von der SKD.

Und dann ist das in einem ganz normalen, üblichen Übergabeprotokoll notiert und fotografisch dokumentiert worden und so verpackt, dass es spurentechnisch untersucht werden kann. Die Stücke wurden ja in Tüten gepackt. Und diese Tüten kamen dann in einen Umzugskarton, den die Tatortgruppe zum Glück mit hatte. Ja, dann habe ich damit das Haus verlassen und bin so im Schnitt - also geschätzt, man kriegt nie so viel - aber angegeben wird es mit 50 Millionen Euro. Das ist schon ergreifend. Das hat man nicht jeden Tag so leicht auch in der Hand.

Degen (Diamantrosengarnitur)

Der Degen mit Diamantrosengarnitur wurde aus dem Grünen Gewölbe gestohlen. Teile davovn gaben die Diebe im zuge eines Deals zurück. Die Klinge ist weiterhin verschwunden. (Archivbild)

Sie haben die Degen-Klinge erwähnt. Nach der wurde ja später auch noch einmal in einem Berliner Kanal gesucht. wie kamen Sie darauf?

Das war ja meine Frage: Wo ist der Degen? Also in diesen wenigen Gesprächen habe ich gesagt, die Klinge fehlt. Da hat der Anwalt geantwortet: 'Das werden Sie schon noch erfahren, wo die Klinge ist – zeitnah.' Das war dann auch so. Um Weihnachten – die Übergabe des Schmucks war ja der 16./17. Dezember. Eine Woche später hieß es: in dem Kanal, an der und der Brücke, 50 Meter in die Richtung, 100 Meter in die Richtung. Dort wurde das reingeworfen. Und so kam es zum Einsatz, nach dieser Klinge zu tauchen in der Weihnachtszeit. Aber das nimmt man gerne in Kauf.

Wir haben die Klinge nicht gefunden. Ich habe auch nicht wirklich daran geglaubt, dass die da liegt. Dennoch muss man so etwas ernst nehmen. Da ist wirklich alles umgedreht worden mit Taucherstaffeln - vielen Dank nochmal - aus vielen Bundesländern, die dort Weihnachten quasi geopfert haben, um dieses Stück Metall zu finden.

Wie haben Sie am Tag der Verurteilungen reagiert?

Ich denke wir haben rechtsstaatlich alles ausgereizt, um den Schmuck wieder zu bekommen. Irgendwann sind die Mittel erschöpft und nur aufgrund des Deals, also ohne den Deal, denke ich, hätten wir diese 80, 85 Prozent nicht wiedererlangt. Und in 100 Jahren ist es egal, ob jetzt der eine vier Jahre und... oder acht Jahre gesessen hat. Hauptsache, es ist irgendetwas wieder vorhanden. Das ist, denke ich, die Prämisse.

Es gab auch einen Freispruch. Ist das für Sie eine bittere Pille?

Bitter nicht. Wir leben nun mal in einem Rechtsstaat mit Gewaltenteilung und im Zweifel für den Angeklagten. Wenn das am Ende das Ergebnis in der Verhandlung ist, dann müssen wir damit leben.

Von den Hintermännern ist nun keiner ins Netz gegangen. Wie kommen Sie damit klar?

Wir hätten schon gern jemandem gehabt. Die, die auf der Anklagebank saßen, sind die, die das umgesetzt haben. In meinen Augen also die Einbrecher im klassischen Sinn. Das können sie. Aber ich bin der Meinung, dass die ganze Vorbereitung auch einer gewissen Logistik, eines gewissen Nachdenkens bedarf. Naja, was ich denen jetzt nicht so umfassend zutraue. Da wird es schon noch eine Planungsebene geben, die weiter höher angesiedelt ist, auch in der Familienstruktur und von außen mit befüttert wird. Das ließ sich so leider nicht erhellen. Aber ich bin davon überzeugt, dass irgendjemand gesagt hat, was die wie, wo zu machen haben.

Es fehlen nun noch drei Stücke. Geht Ihnen das dann auch durch den Kopf, wenn Sie da vor der Vitrine stehen?

Es haben auch Leute vorher schon gesagt, egal, ob jetzt Polizei oder auch aus der Dresdener Bevölkerung, das wird nie wiederkommen. Die Hoffnung war schon bei Teilen sehr weit nach unten geschraubt. Es ist was wiedergekommen, und genauso gehe ich jetzt auch ran. Vielleicht ergibt sich irgendwie noch einmal so etwas in der Art.

Was könnte mit den Stücken, die jetzt noch fehlen, passiert sein?

Es kann durchaus sein, dass große Teile, große Steine - der Sächsische Weißer oder Ähnliches - einzeln umgearbeitet wurden. Es kann sein, dass es irgendwo bei einem Sammler für viel Geld liegt. Aber das Wahrscheinlichste ist, so aus meinem Gefühl heraus, das ist noch irgendwo deponiert. Also, ich hoffe zumindest, dass es noch nicht weiter zerlegt ist.

MDR (kk)