Sachsen Fahrraddemo "Weg der Erinnerung" führt in die dunkle Geschichte Dresdens
Seit 33 Jahren wird mit dem "Weg der Erinnerung" an das Schicksal der Dresdner Juden im Umfeld der Reichspogromnacht im Jahr 1938 erinnert. In diesem Jahr hieß das zentrale Thema "Die Gleichschaltung der Künste". Die rund 150 Teilnehmer steuerten auf ihrer Fahrraddemo unter anderem den Wettiner Platz, die Semperoper und die Hochschule für Bildende Künste an.
Sonntagmittag an der Kreuzkirche am Dresdner Altmarkt: Rund 160 Menschen versammeln sich mit ihren Rädern an einer Inschrifttafel, die einen siebenarmigen Kerzenleuchter zeigt. Neben der Menora berichtet ein Text von der Zerstörung der jüdischen Gesellschaft in Dresden zu Zeiten des Dritten Reiches. Die Tafel ist der Startpunkt für ein Gedenken der besonderen Art. Mit dem Fahrrad legen die Teilnehmer den "Weg der Erinnerung" zurück, der an die Schicksale der jüdischen Bevölkerung in Dresden erinnert.
Am Sonntag gedachten mehrere Menschen auf Fahrrädern der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in NS-Deutschland.
"Ermordung von jüdischen Menschen fand nicht irgendwo statt"
Seit 25 Jahren wird die Demonstration von Franziska Mellentin mitorganisiert. Sie ist katholische Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und erklärt, dass es ihr wichtig sei, die Schicksale an konkreten Biografien zu vermitteln.
Franziska Mellentin organisiert die Demonstration bereits seit 25 Jahren.
Dafür fahren sie und die anderen Teilnehmer mit dem Fahrrad zu verschiedenen Orten, die thematisch eingebunden werden. "Der besondere Akzent liegt darauf zu zeigen, dass die Verfolgung und Ermordung von jüdischen Menschen nicht irgendwo stattfand", betont Mellentin. "Also nicht nur in Auschwitz, in Dachau, in Sachsenhausen, sondern dass das hier konkret in Dresden passiert ist."
Jugendliche sprechen auf Etappen
An den einzelnen Etappen treten ein paar Jugendliche vor die gesammelte Menge. Zwei von ihnen spielen ein jüdisches Lied und alle beginnen zu singen. Der hebräische Text ruft zu Gemeinschaft, Liebe und Frieden auf. Es werden erschütternde Erfahrungen vorgetragen.
Viele der Teilnehmenden sind aus der zehnten Klasse des katholischen St. Benno-Gymnasiums in Dresden. Organisatorin Mellentin ist Religionslehrerin und möchte so die geschichtliche Bildung ihrer Schüler anschaulicher gestalten.
Jedes Jahr suchen die Demonstrationsteilnehmer neue Orte auf. In diesem Jahr war es unter anderem das Dresdner Staatsschauspiel.
Die Verantwortung von Kulturinstitutionen
Auch das Dresdner Schauspielhaus ist ein Stopp auf dem "Weg der Erinnerung". Im Foyer wird berichtet, wie das Theater 1933 von der SA besetzt und 1934 für die Reichstheaterwoche genutzt wurde.
Vertreterin des Hauses Charlotte Orti von Havranek erklärt, es sei wichtig, als Theater Teil der Gesellschaft zu sein. "Man macht das gerne, weil man feststellt, dass die gesellschaftlichen und öffentlichen Räume, in denen wirklich diskutiert und sich auseinandergesetzt wird, schrumpfen." Diese Öffnung und der Kampf um den öffentlichen Diskurs sei gerade jetzt sehr notwendig.
Die Veranstaltung wird vom Jugendamt der Landeshauptstadt Dresden und aus dem Landesprogramm "Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz" gefördert.
Unter den Teilnehmern war auch Gotthard Christoph. Für ihn ist es vor allem wichtig, dass Alt und Jung gemeinsam unterwegs sind. "Dass diese Jugendlichen diese Veranstaltung mitmachen, das ist für mich immer wieder so ein Hoffnungszeichen." Die Demonstration findet bereits seit 1991 statt.
Gotthard Christoph setzt seine Hoffnung in die jungen Menschen, die den "Weg der Erinnerung" mitgestalten.