Sachsen Freunde, Fußball, Jugendklub: Was hält die Jugend in Klitten?
Gleich neben dem Bärwalder See liegt Klitten, ein Dorf mit knapp 500 Einwohnerinnen und Einwohnern. 1989 stand es kurz vor der Abbaggerung wegen des Tagebaus Bärwalde. Doch Dank der politischen Wende und Protesten der Klittener wurde sie gestoppt und der Ort gerettet. Genau 35 Jahre später lassen auch die jungen Leute nichts auf ihr Dorf kommen. Viele würden gerne hier bleiben. Aber so einfach ist das nicht.
Tag und Nacht Eis essen? In Klitten ist das kein Problem. Denn Klitten hat einen Softeis-Automaten, gleich vor der Gaststätte "Zum Goldenen Tropfen". Bei den jungen Leuten hier ist er eine echte Institution. Auch bei Clara. Eigentlich bietet der Ort eine ganze Menge, findet die 19-Jährige: Bäcker, Fleischer, Feuerwehr, Tankstelle, Sportplatz, See, einen coolen Jugendklub: "Wir haben alles, was das Herz begehrt. Nur die Öffis sind nicht so supercool." Immerhin hat Klitten einen Bahnhof, allerdings fahren die Züge tagsüber nur alle zwei Stunden.
Dorfleben: "cooles Gemeinschaftsding"
Der Jugendklub ist im Gebäude der ehemaligen Schule untergebracht. An diesem Abend hat er zur Party geladen, zu der Clara mit ihren Freunden gekommen ist. Sie macht gerade am Beruflichen Gymnasium in Görlitz ihr Abitur, lebt aber auch gerne in Klitten: "Ich mag das Dorfleben hier, weil es sehr persönlich ist und jeder jeden kennt. Dass es so ein Gemeinschaftsding ist, finde ich richtig cool." Denn immer, wenn sie Hilfe brauche, könne sie jemanden anrufen. Außerdem sei der Jugendklub ein guter Treffpunkt, um vor allem im Winter mal Billiard oder Tischkicker mit Freunden zu spielen.
Ich mag das Dorfleben hier, weil es sehr persönlich ist und jeder jeden kennt. Dass es so ein Gemeinschaftsding ist, finde ich richtig cool. Clara, 19 Jahre |
"Feuerwehr, Fußball und Kumpels"
Dass das in Klitten immer noch möglich ist, dafür sorgt auch Mirko Funke. Der 30-Jährige ist seit gut zehn Jahren Chef des Jugendklubs. "Zu meiner Jugendzeit hattest du hier nur Feuerwehr, Fußball und Kumpels. Und die Wälder ringsrum. Mehr gabs hier nicht." Mit dem Jugendklub wollten sie aber mehr für die Jugendlichen auf die Beine stellen, erzählt Mirko. Sie hätten zum Beispiel eine eigene Volleyball- und Fußballmannschaft gegründet, die "Bunnys". Außerdem wollen sie, dass sich die Jugendlichen wieder mehr ins Dorfleben einbringen. Beim Heimatfest im Sommer hat das geklappt: 40 junge Leute haben ihmzufolge dort kurzerhand mitgeholfen, nachdem Mirko Funke einen Aufruf gestartet hatte.
Im Jugendklub trifft man sich gerne zum Kickern, Billiard oder Dart spielen. Er ist der einzige Treffpunkt für die jungen Leute im Dorf.
Zu meiner Jugendzeit hattest du hier nur Feuerwehr, Fußball und Kumpels. Und die Wälder ringsrum. Mehr gabs hier nicht. Mirko Funke | Jugendklub Klitten
Gute Erinnerungen ans Dorfleben
Unter denen, die manchmal mithelfen ist auch Angelique. Mit ihren 16 Jahren gehört sie zu den wenigen Jüngeren im Jugendklub. Trotzdem kommt sie mit ihren Geschwistern gerne her. Gerade macht sie eine Ausbildung zur Sozialassistentin, für die sie vielleicht nach Bautzen ziehen wird. Aber grundsätzlich würde sie gerne bleiben: "Ich mag das hier, auch die Ruhe. Hier ist es schön, ich habe Freunde. Hier sind auch viele Erinnerungen." Sie wünscht sich, dass wieder ein paar mehr Menschen nach Klitten und die umliegenden Dörfer ziehen und sich nicht alles am Bärwalder See abspielt.
Der Bärwalder See liegt nicht weit von Klitten entfernt. Im Sommer treffen sich hier gerne auch die Klittener Jugendlichen.
Wunsch: Mehr Unterstützung durch Gemeinde
Das sieht auch Mirko Funke so. Er wünscht sich für die Jugendlichen und den Jugendklub mehr Unterstützung der Gemeinde Boxberg, zu der Klitten gehört. Denn das Gebäude des Jugendklubs hat schon bessere Zeiten gesehen: In der ehemaligen Grundschule gibt es schon längst keine Heizung mehr und die Toilettentür schließt nicht richtig; "Man geht zu zweit aufs Klo und einer hält die Tür zu." Auch die Elektrik ist in die Jahre gekommen. Selbst für Reparaturen oder kleine Anschaffungen fehle das Geld.
Beinahe hätten sie auch noch ihr Domizil verloren, weil die Gemeinde das Haus verkaufen wollte. Am Ende hat der Verkauf nicht geklappt, der Jugendklub kann bleiben – vorerst. Eine Alternative ist nicht in Sicht.
"Ich möchte das Stadtleben ausprobieren"
Trotz aller Schwierigkeiten mag der 30-Jährige sein Dorf, trotz mancher Schwierigkeiten. Er sei hier aufgewachsen, habe hier seine Familie, seine Kumpels und einen Job bei der Straßenmeisterei: "Ich bleibe definitiv hier."
Bei Abiturientin Clara ist das nicht ganz so sicher. Nach dem Schulabschluss will sie erst einmal ins Ausland gehen, später studieren. "Das geht halt von hier aus schwer, man kommt hier echt schlecht weg. Da möchte ich das Stadtleben ausprobieren." Eigentlich würde sie danach gerne wieder zurückkommen. Aber sie weiß auch: "Wenn man einmal weg ist und seine sozialen Kontakte geknüpft hat, ist es halt schwer, in das Leben hier zurückzufinden." Dafür braucht es mehr als einen Softeis-Automaten.