Sachsen Frieden und Wärme: Große Wünsche in kleinen Kartons für Kinder in der Ukraine
Im Aufruf nach Sachspenden des Vereins Communitas aus Hainichen zeigen sich auch die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Denn es werden dringend Feuerlöscher benötigt, Feldbetten, Klinikbetten, Medikamente, aber auch Baumaterial wie Fenster. Kinder und Familien erleben das dritte Weihnachten im Krieg. Auch an sie denkt der Verein und sammelt Weihnachtsgeschenke für die Kleinsten. Die sollen am Montag auf Reisen gehen.
Sorgsam streicht Oksana Kaminska mit der linken Hand einen weinroten Strickpulli glatt. Eine mütterliche Geste der Sorge. Der Pulli bedeckt Süßigkeiten und einen Schoko-Nikolaus im Schuhkarton und ist für ein Kind aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine gedacht. "Ich hoffe, dass jemand lächelt und sich freut, wenn er das auspackt", sagt die 45 Jahre alte Ukrainerin. Mit ihrer Tochter Olga hilft sie zwei Mal in der Woche im Spendenlager des Vereins Communitas in Hainichen. Auch vor dem 2. Advent packen und sortieren sie Weihnachtspäckchen für Kinder.
Ich hoffe, dass jemand lächelt und sich freut, wenn er das auspackt. Oksana Kaminska | ehrenamtliche Helferin aus der Ukraine
Feldbetten, Winterkleidung und Feuerlöscher
Am 9. Dezember wollen Helfer einen Sattelschlepper mit Spendengütern beladen, der nach Luzk in den Nordwesten der Ukraine fährt. Auf 90 Kubikmetern Ladefläche sollen Pflegebetten und mehr als 100 Feldbetten, rund 400 gespendete Feuerlöscher und Winterbekleidung verstaut werden, zudem Trockennahrung, Kinderfahrräder, Rollstühle, Rollatoren, Matratzen und Verbandsmaterial.
Diese gespendeten Feuerlöscher kommen auf Paletten und dann auf den Lkw, der am Montag Richtung Ukraine fährt.
Weihnachtsgrüße und Wünsche für Kinder aus Kriegsgebieten
Und die Geschenke für ukrainische Kinder kommen dazu. "Sie sind für Kinder, die aus Kriegsgebieten im Osten des Landes fliehen mussten oder sozial bedürftig sind", erzählt Uwe Anke, der sich ehrenamtlich für den Verein Communitas einsetzt. Die Spenden verteile in Luzk eine christliche Hilfsorganisation. Die kenne die Lage und verteile die Spenden direkt an Betroffene.
Da huscht Kerstin Gentsch durchs Bild und legt drei Rollen Geschenkpapier auf den Tisch, an dem Mutter und Tochter Kaminska gerade packen. Die Seniorin hatte ihre drei Päckchen und eine warme Daunendecke für ein Kind schon abgeben und gesehen, dass andere Spender Kartons ohne Verpackung gebracht hatten. Da ist sie nochmal losgefahren, um Geschenkpapier zu kaufen. In ihren Päckchen liegen neben Bastelsachen und Süßigkeiten auch Wollsocken. "Die Kindersocken hat meine 96 Jahre alte Tante gestrickt. Sie hatte so große Freude dabei", sagt die Frau aus Waldheim.
Weihnachtspäckchen mit und ohne Geschenkpapier haben hilfsbereite Menschen aus Mittelsachsen ins Spendenlager gebracht. Viele haben auf Deutsch oder Ukrainisch auch gute Wünsche draufgeschrieben.
Es sei ihr ein Herzensanliegen gewesen, die Geschenkeaktion zu unterstützen: "Meine Familie ist auch geprägt von Fluchterfahrungen und Not im Winter am Ende des Zweiten Weltkriegs." Kerstin Gentsch habe auch Enkel und sehe, wie sie aufwachsen und sich viele Wünsche erfüllen könnten. "Beim Packen habe ich an die Kinder in der Ukraine gedacht und ihnen gewünscht, dass sie in Ruhe lernen, in Frieden draußen spielen können, wie die Kinder bei uns auch."
Beim Packen habe ich an die Kinder in der Ukraine gedacht und ihnen gewünscht, dass sie in Ruhe lernen, in Frieden draußen spielen können. Kerstin Gentsch | Spenderin
Wunsch nach Frieden oder wenigstens Waffenruhe
Frieden, den wünschen sich an dem Vormittag im Spendenlager alle, die mit anpacken. Oder wenigstens eine Waffenruhe über Weihnachten, meint Alexander Rudenko aus Kyjiw. Der Außenhandelskaufmann kannte die Holzhandelsfirma in Hainichen, die das Spendenlager ermöglicht, schon Jahre vor Russlands Angriff auf die Ukraine. Seit zwei Jahren lebt Rudenko mit seiner Familie in Hartmannsdorf. Zum Anpacken und Beladen fährt er regelmäßig 60 Kilometer bis nach Hainichen: "Hier mitzuhelfen ist nur ein kleiner Schritt. Wenn viele im Kleinen helfen, ist es eine große Hilfe".
Das sieht Thomas Kretschmann, Vorstand des Verein Communitas, genauso. Ihm gehören die Lagerhallen, in denen er rund 500 Quadratmeter Platz dem Verein fürs Spendenlager bereitstellt. Am Montag startet der Transport zum 28. Mal. Das ist wieder ein Lkw, der Holzstreu für Pferde angeliefert hat und auf dem Rückweg sonst leer fahren würde. Die rund 1.700 Euro Kosten für Diesel bezahle der Verein aus Spenden, die gezielt dafür überweisen wurden. Spätestens am Donnerstag sollen die Spenden dann an Kriegsfüchtlinge verteilt werden.
Wenn man den Leuten ein bisschen Weihnachtsfrieden geben könnte, ein paar Tage ohne Bombenhagel, ohne Stromausfall, mit ordentlicher Wärmeversorgung. Das würde den Leuten schon als Verschnaufpause helfen. |
Kritiker sollten objektiver fragen: Wem geht's wirklich schlecht?
Zu gerne würde es Kretschmann bei Fuhre Nummer 28 belassen. Aber der Geschäftsführer und Vereinsvorsitzende weiß, dass Hilfe weiter nötig sein wird, solange Krieg herrscht. Nicht zu helfen, das könne er auch nicht. "Was nützt mir meine Freizeit, wenn ich das Gefühl habe, in der Ukraine geht es den Leuten richtig schlecht? Mit dem, was wir hier tun, können wir Menschen ganz effektiv und nah helfen."
Kretschmann weiß, dass es hierzulande auch viele schwer hätten und Geld knapp sei. Kritik gegen die Hilfe für die Ukraine kenne es aus Online-Foren zu Genüge. "Aber wenn wir objektiv betrachten, wie wir hier leben und wie Menschen in der Ukraine leben, die in ihrem Wohnzimmer sitzen und jederzeit damit rechnen müssen, dass ihr Leben mit einem Schnipp vorbei ist. Das können wir uns gar nicht vorstellen."
Darum soll Anfang Januar der nächste Lkw starten, für den wieder Spenden im Lager angenommen werden. Und zwar immer wochentags (9-17 Uhr) und sonnabends (9-11 Uhr) bei der Firma Naturbrennstoffe, Friedrich-Gottlob-Keller-Siedlung 27a, 09661 Hainichen.