Sachsen Häuser, Wald und Schulden: Das hat Sachsen 2024 geerbt
Das letzte Hemd hat keine Taschen. Mit dieser Weisheit trösten sich oft die Erben eines Angehörigen. Doch was ist, wenn es keine Angehörigen mehr gibt? Dann fällt das Erbe laut Gesetz an das Bundesland. In knapp 1.300 Fällen musste Sachsen 2024 als Erbe einspringen. Unter den Nachlässen waren auch Musiknoten, eine Arztpraxis, mehrere Straßen und alte Tiergerippe.
- Auch ungewöhnliche Nachlässe wie eine Arztpraxis und Musiknoten erbte Sachsen 2024.
- Die von Sachsen geerbten Immobilien sind häufig marode und mit Schulden belastet.
- Die Fiskalberbschaften bringen häufig wenig oder gar kein Geld für Sachsen ein.
Grundstücke, Häuser, Autos oder private Sammlungen erbt das Land Sachsen jedes Jahr unfreiwillig. Wie der Sächsische Staatsimmobilienbetrieb (SIB) MDR SACHSEN mitteilte, hat 2024 der Freistaat rund 1.300 Fiskalerbschaften von verstorbenen Sachsen angetreten. Ähnlich hoch war die Summe im Jahr davor. Zum Vergleich: Das Land Thüringen hat in diesem Jahr 1.029 Mal geerbt.
Viele der Nachlässe müssen über einen längeren Zeitraum abgewickelt werden und werfen kaum etwas für die Staatskasse ab.
Noten und Tierasyl geerbt
So fanden die Experten in einer geerbten Arztpraxis sensible Patientenakten, die datenschutzgerecht womöglich durch Dienstleister verwahrt werden müssen. Zudem sprang der Freistaat Sachsen 2024 als Erbe eines Musikers ein. Wie Martin Oberacher vom Zentralen Flächenmanagement beim SIB berichtet, fanden sich im Nachlass des Musikers Tantiemen-Belege der GEMA. Dort waren 24 vertonte Werke registriert, hauptsächlich aus Live-Auftritten. Was der Mann genau komponierte, sei derzeit noch unbekannt.
Im Jahr 2024 hat der Freistaat Sachsen auch die selbst komponierten Musikstücke eines Alleinunterhalters geerbt. Darauf fallen Tantiemen an. (Symbolbild)
Nachlässe häufig überschuldet
Allgemein fallen dem Freistaat jährlich Erbschaften in Millionenhöhe zu, erklärte der Leiter Zentrales Flächenmanagement (ZFM) Sachsen, Martin Oberacher, MDR SACHSEN. Außergewöhnliche Nachlässe seien eher selten. Die etwa 1.300 Nachlässe von 2024, darunter 170 Immobilien, seien völlig unterschiedlich. Im Regelfall seien sie von Verstorbenen, die keine Angehörigen haben oder bei denen Angehörige das Erbe ausschlugen. "Die Nachlässe sind sehr häufig überschuldet."
Böse Überraschung bei Besichtigung
Manchmal sei auch Erbmasse vorhanden. "Wir erben häufig Mobilien wie Einrichtungsgegenstände, Pkw, Briefmarkensammlungen. Wir erben alles mögliche", so Oberacher. Auch mit ererbten Immobilien sei das ZFM betraut, die gesichtet oder gesichert werden müssten. "Bei den Besichtigungen haben wir im Regelfall Überraschungen zu erwarten." In einer Scheune in der Oberlausitz seien die Beamten des SIB auf Tiergerippe gestoßen. Nachbarn zufolge hatte der Verstorbene ein Tierasyl für Zirkustiere betrieben, angeblich auch für Affen und Löwen.
Wir erben häufig Mobilien wie Einrichtungsgegenstände, Pkw, Briefmarkensammlungen. Wir erben alles mögliche. Martin Oberacher | Leiter Zentrales Flächenmanagement Sachsen
Häufig seien die Immobilien heruntergekommen und vorgefundene Gegenstände müssten von Entsorgungsunternehmen beräumt werden. "In diesem Jahr mussten wir Schornsteine zurückbauen". Aus einer anderen Immobilie sei wieder eine grüne Wiese gemacht worden. Seien die Häuser oder Grundstücke für den Staat entbehrlich, könnten sie verkauft werden.
Der Freistaat Sachsen erhält über die gesetzliche Erbfolge überwiegend Nachlässe die keiner haben möchte. Manchmal erbringt der Verkauf einer Immobilie Geld für die Staatskasse. (Symbolbild)
Freistaat haftet nicht für hohe Schulden
Spülen die Erbschaften auch Geld in die Landeskasse? "Im Rahmen der Abwicklung dieser Nachlässe ist der Freistaat Sachsen bemüht, die schwarze Null zu halten", sagte Oberacher. Auch wenn ein positiver Betrag übrig bleibt, werde er nicht als Gewinn verbucht.
So müssten aus den Einnahmen häufig über längere Zeit die Unterhaltspflichten oder Verkehrssicherungen an Häusern bezahlt werden. Sind die Immobilien überschuldet, kann das ZFM selber Insolvenz anmelden, sagte Oberacher. "Dann haften wir nur mit dem vorhandenen Nachlass und müssen als Freistaat nicht in die Bresche springen."
Sachsens Finanzministerium verwaltet über seine Immobilientochter die Erbschaften, für die das Land einspringen muss. (Symbolbild)
Millionen-Plus in Kasse 2023
Das vorhandene Vermögen müsse man natürlich für den Freistaat sichern. "Abzüglich unserer Kosten bleibt im Regelfall am Jahresende etwas übrig." Im Vorjahr 2023 hatte das ZFM demzufolge Einnahmen von 8,1 Millionen Euro - bei Ausgaben von rund fünf Millionen Euro.
Das sei allerdings nicht völlig sicher. Denn der Freistaat müsse noch 30 Jahre lang warten, ob sich nicht doch noch ein Erbe meldet, der sein Erbe heraus verlangen könnte. Solange bleibt das Land der Treuhänder über die Erbmasse.
MDR (wim)