Auf Krumbiegels Gewinner-Karikatur klopft eine ältere Dame mit dem Besenstiel an ihre Zimmerdecke und ruft fordernd nach oben: "Hallo?!! Was ist los? Heute kein Sex?!!"

Sachsen Heinrich-Zille-Preis für sächsischen Karikaturisten Uwe Krumbiegel

Stand: 12.01.2025 13:04 Uhr

Man kennt seine prägnanten Cartoons unter anderem aus dem Satiremagazin "Eulenspiegel". Für seine Karikatur mit dem Text "Heute kein Sex?" wurde Uwe Krumbiegel nun mit dem Heinrich-Zille-Preis ausgezeichnet. Der Karikaturenpreis wird von Zilles Geburtsstadt Radeburg seit sieben Jahren vergeben und stand in diesem Jahr unter dem Motto: "Mensch, Alter! Je oller, je doller." Krumbiegel nahm den Preis am Sonntag im Ratssaal der Stadt entgegen.

Von MDR Kulturdesk

Der Heinrich-Zille-Karikaturenpreis ist am Sonntag an den sächsischen Cartoonisten Uwe Krumbiegel vergeben worden. Das gab die Stadt Radeburg bekannt, die den Preis auslobt. Demnach fand die Verleihung im Ratssaal des Ortes statt. Die Auszeichnung ist mit 1.000 Euro dotiert und wurde bereits zum siebten Mal ausgelobt.

Mehr als 400 Einreichungen für Zille-Preis 2025

Nach Angaben der Stadt Radeburg reichten knapp 60 Künstlerinnen und Künstler aus ganz Deutschland Karikaturen ein. Eine Jury bestehend aus Künstlern, Journalisten und Lokalpolitikern wählte die Preisträger-Karitatur aus mehr als 400 eingereichten Werken aus. Der diesjährige Wettbewerb stand unter dem Motto "Mensch, Alter! Je oller, je doller" und beschäftigt sich mit den Themen Alter, Überalterung und Generationenkonflikt.

Auf Krumbiegels Gewinner-Karikatur (siehe großes Bild oben) klopft eine ältere Dame mit dem Besenstiel an ihre Zimmerdecke und ruft fordernd: "Hallo?!! Was ist los? Heute kein Sex?!!" Für die Radeburger Bürgermeisterin und Juryvorsitzende Michaela Ritter könnte sich diese überspitzte Szene in vielen Orten in Deutschland so zutragen: "Die ältere Generation schaut verzweifelt auf die Tatsache, dass von den Nachkommen nicht genügend Kinder gezeugt werden."

Cartoon: Ein altes Paar sitzt vor einem Computer mi der Aufschrift: "Chat GPT". Der Mann sagt zu Chat GPT: "He sportsfreund, repariere doch mal unsere verstopfte Toilette." Seine Frau kommentiert: "Das Ding kann nüscht."

Überalterte Gesellschaft: Die daraus entstehenden Konflikte sind ein dankbares Thema für Krumbiegel.

Jury-Mitglied Mario Süßenguth erzänzt: "Das Geräusch, das beim Nachwuchszeugen entstehen kann und so selten zu hören ist – die Seniorin ersehnt es, um zumindest mit den Ohren partizipieren zu können." Mit seiner treffsicheren und entlarvenden Satire gehört Krumbiegel für ihn zu den besten Cartoonisten Deutschlands.

Ich habe gemerkt, dass das bei den Leuten sehr gut ankommt: Cartoons über Probleme, die sie auch selbst berühren. Uwe Krumbiegel | Karikaturist

Gewinner Uwe Krumbiegel aus Flöha in Sachsen

Der Preisträger Uwe Krumbiegel zeigte sich gerührt über die Ehrung. "Zum einen gibt es ja schon sehr namhafte Künstlerkollegen, darunter BECK", sagte er MDR KULTUR, "und da bin ich froh, dass ich jetzt auch dazu gehöre." Den Namensgeber der Auszeichnung Heinrich Zille nennt Karikaturist legendär: "Ein sehr guter Beobachter seiner Zeit!"

Mehr über Heinrich Zille (zum Aufklappen)

Der Karikaturen-Preis der Stadt Radeburg ist nach dem berühmten Grafiker, Maler und Fotograf Heinrich Zille benannt. Er ist 1858 in einem Haus am Radeburger Markt geboren, bevor er mit seiner Familie zunächst nach Dresden und später nach Berlin zog. Dort erlangte Zille als "Pinselheinrich" Ruhm und Anerkennung.

Heute wird der gebürtige Sachse gerne als Berliner Origial ausgewiesen. Bekannt ist er durch seine spöttische Sozialkritik und seine im "Milljöh" – inbesondere im Arbeiterviertel – angesiedelten Karikaturen.

Der Zille-Preis wurde 2018 von der Gemeinde und der Galerie Komische Meister Dresden initiert.

Ein schwarz-weiß-Bild von Heinrich Zille: in einem weißem Hemd, mit Weste, die Arme veschränkt, grauer Vollbart und entschlossener Blick durch eine runde Brille.

Heinrich Zille, scharfer Beobachter des Zeitgeschehens, ist für den Preisträger ein wichtiges Vorbild.

Als Zeichner und Karikaturist ist Krumbiegel Autodidakt. Geboren 1962 wuchs er im sächsischen Flöha auf und studierte Energietechnik an der Bergakademie Freiberg. Bis zum Renteneintritt arbeitete er als Ingenieur. Die Leidenschaft für Karikaturen hatte er schon immer. Als Schüler habe er mit "einfachen Humorzeichnungen" begonnen, in der Studienzeit dann zu aktuellen Zeitgeist-Themen gefunden: "Ich habe gemerkt, dass das bei den Leuten sehr gut ankommt: Cartoons über Probleme, die sie auch selbst berühren."

Cartoons in Büchern und Magazinen veröffentlicht

Seine Cartoons veröffentlichte Krumbiegel bereits in den 60er-Jahren, unter anderem in der Leipziger Volkszeitung, damals allerdings noch in schwarz-weiß und ohne Schattierungen, wie er sagt. Später kamen die sehr klaren Farben als Stilmittel hinzu. Seine Cartoons sind unter anderem im Satire-Magazin "Eulenspiegel" zu sehen, wurden aber auch in diversen Büchern veröffentlicht.

Portraitfoto von Uwe Krumbiegel, freundlicher Blick durch Brillengläser mit unauffälligem Gestellt.

Preisträger Uwe Krumbiegel, Ingenieur und Karikaturist.

Die Karitatur bezeichnet Krumbiegel als sein Ausdrucksmittel, um anderen seine Gedanken mitzuteilen. Dabei arbeite er besonders gerne mit Tuschefüller. Wenn es gut genug sei, scanne er das Motiv und bringe am Computer die Farbe ein. Bestimmte Stereotype greife er bei seinen Figuren immer wieder gerne auf, bekennt der Zeichner: die verärgerte Ehefrau, den etwas trotteligen Ehemann oder den vorlauten Teenager etwa.

Cartoon: Zwei Personen an der Bar. Die mittelalte blonde Frau sagt: "Ich war früher einmal ein Mann". Der alte Mann neben ihr antwortet verbissen: "Ich auch..."

Krumbiegel bearbeitet gerne Zeitthemen wie Genderfragen.

Politische Köpfe wie Scholz, Habeck, Trump oder Putin wird das Publikum bei Krumbiegel nicht finden. Politische und zeitgeistige Themen wie Ernährung, Gesundheit, Gendersprache, Handwerk oder Energiegewinnung mag er allerdings besonders.

Ausstellung im Heimatmuseum Radeburg

In den vergangenen zwei Jahrzehnten gewann Uwe Krumbiegel bereits mehrere nationale und internationale Preise, darunter den Deutschen Karikaturenpreis in Silber. Auch Publikumspreise waren dabei, etwa beim Österreichischen Cartoonpreis und beim Cartoonpreis "Sächsisch vergoldet".

Einen Publikumspreis in Höhe von 500 Euro wird es auch beim Heinrich-Zille-Preis in Radeburg geben. Zeitgleich mit der Preisverleihung wird dort die Sonderausstellung "Je oller, je doller" im Heimatmuseum eröffnet. Dort werden die besten der eingereichten Arbeiten des Heinrich-Zille-Karikaturenpreises ausgestellt. Nach dem Besuch kann das Publikum über ihre die Favoriten abstimmen.

Informationen zur Ausstellung

"Je oller, je doller"
12. Januar bis 10. April 2025
im Heimatmuseum Radeburg


Öffnungszeiten: 
Dienstag: 10-12 Uhr und 13-18 Uhr
Donnerstag 10- 12 Uhr und 13-16 Uhr
jeden 1. und 3. Samstag im Monat 14-16 Uhr

Adresse:
Heinrich-Zille-Straße 9
01471 Radeburg

Transparenzhinweis
Mario Süßenguth ist neben seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Jurymitglied beim Heinrich-Zille-Preis auch freier Mitarbeiter und Autor bei MDR KULTUR.

Quelle: MDR KULTUR (Mario Süßenguth), Stadt Radeburg, redaktionelle Bearbeitung: lm, vp